Oberösterreich

Dieses Justiz-Schlupfloch nutzte der Linzer Amokläufer

Es war ein Schlupfloch im Fremdenrecht, das den Linzer Amokläufer (41) in letzter Sekunde vor der Abschiebung rettete. Das sind die Hintergründe.

Bei der Verhaftung des Mannes feuerte dieser einen Schuss ab, der die Scheibe des Kremstalerhofes bei der Meixnerkreuzung traf.
Bei der Verhaftung des Mannes feuerte dieser einen Schuss ab, der die Scheibe des Kremstalerhofes bei der Meixnerkreuzung traf.
fotokerschi.at

Der Linzer Amokläufer hätte eigentlich schon im Jahr 2017 abgeschoben werden sollen. Nur durch eine Regelung im Fremdenrecht, die seine Rückkehr in den Irak im letzten Moment verhinderte, konnte der 41-Jährige in Österreich bleiben. Die Chronologie des Falles zeigt, welche Besonderheit der Iraker im letzten Moment vor seiner Abschiebung noch nutzen konnte:

Das Jahr 2011: Der Iraker kommt nach Österreich. Hier stellt er auch einen Asylantrag. Im Sommer 2011 wird ihm zwar kein Asyl aber subsidiärer Schutz gewährt. Subsidiären Schutz erhalten Personen, deren Asylantrag zwar mangels Verfolgung abgewiesen wurde, aber deren Leben oder Unversehrtheit im Herkunftsstaat bedroht wird. Sie sind daher keine Asylberechtigten, erhalten aber einen befristeten Schutz vor Abschiebung. Eine mögliche Aberkennung erfolgt, wenn Straftaten begangen werden.

2016: Der Mann wird straffällig. Aktenkundig ist laut Staatsanwaltschaft gefährliche Drohung, Nötigung und Körperverletzung seiner ersten Frau gegenüber. Noch im selben Jahr wandert er teilbedingt sogar hinter Gitter.

Herbst 2017: Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erkennt dem Iraker wegen der Straftaten aus dem Jahr 2016 den subsidiären Schutz ab. Der 41-Jährige steht kurz vor der Abschiebung.

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    Fotos der Amokfahrt des 41-Jährigen. Hier bei der Meixnerkreuzung wurde er schließlich aufgehalten.
    Fotos der Amokfahrt des 41-Jährigen. Hier bei der Meixnerkreuzung wurde er schließlich aufgehalten.
    Team fotokerschi.at

    2018: Der Mann lernt eine 42-jährige Rumänin kennen. Er heiratet die Frau. Folge: Als Ehemann einer EU/EWR (Europäischer Wirtschaftsraum)-Bürgerin kann er nun einen Antrag auf eine Aufenthaltskarte stellen. Diesem wird stattgegeben. Seither hält er sich legal in Österreich auf. Die beiden ziehen in die Wiener Straße im Linzer Stadtteil Kleinmünchen. Laut Nachbarn dürfte die Ehe alles andere als harmonisch verlaufen, es sind immer wieder lautstarke Streitereien und Schreie zu hören.

    2022: Der Mann muss eine Anti-Gewalt-Beratung besuchen. Diese wurde ihm von den Behörden angeordnet. 

    9. Jänner 2023: Die Streitereien erreichen am Montag ihren traurigen Höhepunkt. Obwohl der Mann Betretungsverbot hat ist er bei seiner Frau in der Wiener Straße. Er sticht seiner Frau mit einem Küchenmesser in den Rücken und Bauch. Die Rumänin wird schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht, ist mittlerweile aber außer Lebensgefahr. Eine Nachbarin erzählt der "Kronen Zeitung":

    "Ich bin aus dem Nachtdienst heimgekommen. Um 6.30 Uhr hab’ ich von oben Schreie gehört. Das war nichts Neues. Bei denen war jede Woche Krieg. Wir sind ihnen alle aus dem Weg gegangen, keiner wollte Kontakt mit ihnen haben."

    Grund für die Tat dürfte Eifersucht gewesen sein. Der Mann unterstellte seiner Frau eine Affäre mit einem Arbeitskollegen. Der Arbeitsplatz der Rumänin war dann auch der erste Stopp auf seiner Amokfahrt. Er bedrohte dort den mutmaßlichen Lover der Frau mit zwei Messern.

    Bei der Verhaftung auf Hotel gefeuert

    Danach flüchtete er. Auf seiner Flucht überfuhr er zwei Polizisten. Die Beamten wurden schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert. Mittlerweile sind sie außer Lebensgefahr. Später wurde er dann in Leonding (Bezirk Linz-Land) verhaftet. Bei der Verhaftung feuerte er einen Schuss ab, der die Scheibe eines nahen Hotel-Restaurants traf. Seit Dienstagabend befindet sich der Mann in der Justizanstalt Linz in U-Haft. Die Ermittlungen laufen auf Hochtouren. 

    Fraglich ist, wie es nun weitergeht und ob der Mann nach dem Amoklauf weiter in Österreich bleibt. Die Aberkennung der Aufenthaltskarte liegt beim Magistrat Linz. Eine Abschiebung ist aber dennoch unwahrscheinlich, da der mutmaßliche Täter noch immer mit der Rumänin verheiratet ist. Hier greift das Recht auf Familienleben.

    Bleibt er in Österreich, droht dem Mann eine Doppel-Anklage wegen versuchten Mordes. Von einer tatsächlichen Anklage sei man aber noch weit entfernt, erläuterte Ulrike Breiteneder von der Staatsanwaltschaft Linz gegenüber "Heute".

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      In diesem Wohnhaus in der Wiener Straße in Wien soll der Iraker seine rumänische Lebensgefährtin niedergestochen haben. Sie erlitt einen Rücken- und Bauchstich.
      In diesem Wohnhaus in der Wiener Straße in Wien soll der Iraker seine rumänische Lebensgefährtin niedergestochen haben. Sie erlitt einen Rücken- und Bauchstich.
      Matthias Lauber

      Mordanklage steht im Raum

      Die Polizei steckt gerade mitten in den Ermittlungen. Erst wenn diese abgeschlossen sind, könne Anklage erhoben werden. Der Mann wurde mittlerweile in die Justizanstalt Linz eingeliefert.

      Den Tatverdacht des zweifachen Mordversuches gebe es aber bereits. Begründung: Der Iraker soll bewusst in Kauf genommen haben, dass die beiden Polizisten sterben könnten, wenn er sie niederfährt, erklärte die Juristin. Außerdem werde wegen Nötigung, Drohung und Körperverletzung ermittelt.

      Abschiebung auch jetzt unwahrscheinlich

      Mord in Wien

      Erst am Sonntag war eine 31-jährige Frau in Wien mit Kopf- und Stichverletzung im Bauchbereich tot in einem Einfamilienhaus im Bezirk Floridsdorf aufgefunden worden. Es wäre bereits der dritte mutmaßliche Mord im Jahr 2023, das erst eine Woche alt ist. "Heute" berichtete.

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