Eltern sind verzweifelt
Deutsche Volksschule lässt 44 Erstklässler durchfallen
In Ludwigshafen-Hemshof haben 98 Prozent der Volksschulkinder Migrationshintergrund. Mangelnde Deutschkenntnisse werden ihnen früh zum Verhängnis.
Die Eltern sind empört: 44 von 149 Taferlklasslern der Grundschule Gräfenau in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) droht die Wiederholung der ersten Klasse. Ihre Deutschkenntnisse sind so schlecht, dass sie dem Unterricht kaum folgen können. Ihre Eltern sprechen zum Großteil zu Hause kein oder kein besonders gutes Deutsch – sie können ihren Kindern bei den Herausforderungen des Schulalltags nur wenig helfen. Ihre Kinder sollen es eines Tages leichter haben in Deutschland als sie. Dass nun so viele bereits die erste Klasse wiederholen müssen, lässt sie verzweifeln.
Bildungsministerium überrascht
Das Bildungsministerium von Rheinland-Pfalz versteht die Aufregung nicht ganz. Nach den schlechten Ergebnissen des Vorjahres haben man bereits "zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Situation dort zu verbessern". Lehramts-Studierende hätten in individuellen Förderprogrammen Kindern mit Sprachproblemen geholfen. Die zusätzliche Sprachförderung an der Schule entspreche zwölf zusätzlichen Vollzeitstellen, argumentierte das Ministerium laut einem Bericht des Südwestdeutschen Rundfunks (SWR).
Ohne Kindergarten lernen die Kinder nicht deutsch
Für die Eltern liegt die Wurzel des Problems in der fehlenden Frühförderung. In Ludwigshafen gibt es rund 8.000 Kindergartenplätze – das sind 2.000 weniger, als benötigt würden. Und das ist an der Gräfenau-Schule besonders stark spürbar: Viele der Kinder hier waren nie in einer "Kita". Das Problem ist seit Jahren bekannt, erst im vergangenen September gab es eine Demonstration dafür, mehr Plätze zu schaffen. Denn Kindergärten wären für Kinder, deren Eltern nicht deutsch sprechen, der einfachste und schnellste Weg, die Sprache zu lernen.
"Zum Glück bekam meine Tochter einen Kita-Platz und kann mittlerweile besser Deutsch als ich", bestätigt ein erleichterter Vater bei einem Lokalaugenschein der "Bild"-Zeitung diese Vermutung. Eine Mutter sieht das ähnlich: "Die Politiker tun zu wenig, um ausländische Mitbürger zu integrieren". Sie fordert auch mehr kostenlose Sprachkurse für Zuwanderer.
Dauerhaft mehr Personal für Sprachförderung nötig
Schuldirektorin Barbara Mächtle versucht, etwas Ruhe in die Debatte zu bringen: In der Grundschule könne man im eigentlichen Sinn gar nicht sitzenbleiben. Es sei lediglich eine Empfehlung an die Eltern. Und die Sprachförderung benötige nun einmal Zeit - und Personal. Sie plädiert für einen "vorgeschalteten" Sprachkurs vor der Einschulung. Die Aushilfe durch Lehramtsstudierende sei zwar ganz gut gewesen – war aber nur auf die ersten sechs Wochen des Schuljahres beschränkt. Mächtle fordert daher eine dauerhafte Aufstockung des Personals. Ohne verstärkte Sprachförderung drohen die Zahlen auch im nächsten Jahr wieder so schlecht auszusehen.