Politik

"Deppen"-Demo-Sager holt die FPÖ bei Corona-Protest ein

Treibende politische Kraft hinter den Großdemos gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung ist die FPÖ. Sie holt jetzt aber eine alte Forderung ein.

Rene Findenig
Teilen
Da war die FPÖ noch gegen Demos: Toni Mahdalik machte gegen "Deppen-Demos" mobil.
Da war die FPÖ noch gegen Demos: Toni Mahdalik machte gegen "Deppen-Demos" mobil.
Facebook/Toni Mahdalik

Auch am Samstag gingen Corona-Demonstranten in Wien wieder auf die Straße – der Zulauf zeigte sich beim Start zu Mittag aber gedämpfter als bei den Demos der jüngeren Vergangenheit. Zum Mitmachen hat dieses Mal auch die FPÖ aufgerufen, Partei-Chef Herbert Kickl stand auch als Redner am Programm. Organisiert wurde die Demo von "diversen Bürgerbewegungen" sowie der FPÖ – kurios, finden viele Beobachter, schließlich wird die FPÖ nun von einer alten Forderung eingeholt.

1/25
Gehe zur Galerie
    Zusammenstöße am Ring: Wieder provozierten gewaltbereite Demo-Teilnehmer die Einsatzkräfte und griffen Beobachter an.
    Zusammenstöße am Ring: Wieder provozierten gewaltbereite Demo-Teilnehmer die Einsatzkräfte und griffen Beobachter an.
    FLORIAN WIESER / APA / picturedesk.com

    Weil sich viele Wiener seit Jahren genervt von Großdemos fühlten, preschte die FPÖ ab dem Jahr 2009 vor und forderte ein Demo-Verbot für die Innenstadt und Hauptverkehrsadern sowie Einkaufsstraßen. Der damalige Wiener FPÖ-Gemeinderat Toni Mahdalik, heute ebenfalls Mitglied des Wiener Gemeinderats und Abgeordneter des Landtags, "fordert Demonstrationsverbot für Mariahilfer Straße", hieß es zum Auftakt der Demo-Kampagne am 15.07.2009.

    "Absage der dumpflinken Veranstaltung sowie ein Demo-Verbot für den 1. Bezirk, Hauptverkehrsadern und Einkaufsstraßen"

    Eine "Ringsperre für eine dubiose Splittergruppe ist eine Provokation für die Autofahrer in Wien", hieß es ebenfalls von Mahdalik am 23.04.2010, seine Vorschläge für Demo-Orte damals waren noch "Parlamentsvor-, Ballhaus- und Rathausplatz". Parteikollege Wolfgang Jung, damals Landtagsabgeordneter, jubelte am 27.01.2011 über ein Verbot einer Demo, nämlich der Anti-WKR-Demo, die Protestveranstaltung sei "eindeutig auf Konfrontation angelegt" gewesen, so seine Begründung.

    "Skandalös" empfand wiederum Mahdalik eine "Ring-Sperre für die Profi-Demonstranten aus der linken Szene" am 15.01.2015, es ging um eine Demo gegen Homophobie und für "Kuss-Freiheit". Oder, wie es Mahdalik ausdrückte, würden "Gutmenschen in ihrer abstoßenden Selbstgerechtigkeit vor brutalem Druck auf anständige Bürger vor nichts zurückschrecken". Mahdalik forderte eine "Absage der dumpflinken Veranstaltung sowie ein Demo-Verbot für den 1. Bezirk, Hauptverkehrsadern und Einkaufsstraßen".

    FPÖ hatte selbst Impfpflicht gefordert
    Nicht nur in Sachen Demo-Verbot hat die FPÖ in der Corona-Pandemie übeigens eine 180-Grad-Wende eingelegt. Auch per der Impfpflicht gab es einen beachtlichen Kurswechsel. Aktuell fordert FPÖ-Chef Herbert Kickl "Wahlfreiheit statt Zwang" bei der Impfung – "Nein zur Impfpflicht, nein zur Diskriminierung Ungeimpfter" und "ob sich jemand impfen lasse oder nicht, müsse eine freiwillige persönliche Entscheidung sein", heißt es von FPÖ-Klubobmann-Stellvertreterin Dagmar Belakowitsch.
    Das klang 2008 anders, wie der "Standard" aufdeckte. Damals brachte Belakowitsch mit FPÖ-Kollegen den Entschließungsantrag ein, dass der Nationalrat eine Impfaktion (gegen Hepatitis) beschließen solle und diese verpflichtend in das Kinderimpfprogramm aufgenommen werden solle. Die FPÖ wollte damals Kinder aus Kindergärten aussperren, wenn diese nicht eine Hepatitis-A- und B-Impfung nachweisen könnten. Der Antrag wurde im Nationalrat von den anderen Parteien abgelehnt.

    "Die meist sinnbefreiten Dauerdemos"

    Nur 12 Tage später, am 27.01.2015, erneuerte Mahdalik per Aussendung seinen Ruf nach einem "Demonstrationsverbot auf Hauptverkehrsadern und Einkaufsstraßen". Ebenso am 20.10.2016, "die Demonstrationsinflation vor allem auf der Mariahilfer Straße und am Ring, Stephansplatz und Graben sind seit Jahren ein Ärgernis", so die FPÖ-Aussendung. Gegen den "Demo-Irrsinn" müsse aufgetreten werden, "die Behörden der Stadt Wien, insbesondere der Bürgermeister und das Innenministerium sind daher aufgefordert, dem sich ausbreitenden Unfug ein Ende zu bereiten".

    Weiters wetterte Mahdalik gegen "die meist sinnbefreiten Dauerdemos", "die Behörden dürfen nicht länger die Anliegen obskurster Kleingruppen über jene hunderttausender Menschen in der Bundeshauptstadt stellen, welche den provozierten Belästigungen und Umsatzeinbußen ausgeliefert sind". FPÖ-Kollege Georg Fürnkranz brachte damals auch einen neuen Antrag für Demoverbots-Zonen im Landtag ein, "aus ideologisch motivierter Rücksicht auf ein paar Dutzend linke Schwammerln" sei dieser aber "niedergestimmt" worden, so Mahdalik. 

    "Solcher und ähnlicher Schwachsinn muss sofort unterbunden werden"

    "Die Wiener FPÖ steht für ein Demo-Verbot auf Hauptverkehrsadern und Einkaufsstraßen", heißt es schließlich am 19.11.2017 in einer Aussendung vom Wiener FPÖ-Parteitag im Namen des damaligen Klubobmanns der FPÖ-Wien, Dominik Nepp.

    Am 08.11.2017 hatte jedoch bereits Kollege Mahdalik vorgelegt: Auf Facebook postete er ein Bild, auf dem er ein Schild mit der Aufschrift "Stopp für Deppen-Demos" auf Wiener Hauptverkehrsadern und Einkaufsstraßen in die Höhe hielt. Sie müssten "von dümmlichen Demos streng riechender Langzeitstudenten und gelangweilter AMS-Stammkunden verschont bleiben", hieß es. Und: Die Millionen-Kosten für Polizeieinsätze machen "rasches Handeln unabdingbar", "solcher und ähnlicher Schwachsinn muss sofort unterbunden werden". Da ist es nicht verwunderlich, dass sich nun viele Teilnehmer und Mitveranstalter quer stellen, wenn nun zu Corona-Demos seitens der FPÖ aufgerufen wird.

    1/51
    Gehe zur Galerie
      <strong>22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen.</strong> Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – <a data-li-document-ref="120073911" href="https://www.heute.at/s/so-will-neos-chefin-die-mindestsicherung-neu-aufsetzen-120073911">und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.</a>
      22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen. Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.
      Helmut Graf