Bedingte Haft, Geldstrafe

Das Schlussplädoyer der Staatsanwälte im Kurz-Prozess

Finale im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz am Freitag: "Heute" war am Landl mit dabei. Das war das Schlussplädoyer der Staatsanwaltschaft.

Newsdesk Heute
Die Staatsanwälte Roland Koch und Gregor Adamovic im Kurz-Prozess am 23. Februar 2024.
Die Staatsanwälte Roland Koch und Gregor Adamovic im Kurz-Prozess am 23. Februar 2024.
HEUTE / Sabine Hertel

"Selten war ein Falschaussage-Fall so klar", begann der Staatsanwalt Gregor Adamovic sein Schlussplädoyer. Es bestehe kein Zweifel, dass die Angeklagten abweichend von den Tatsachen ausgesagt hätten. Der wahre Sachverhalt rund um die Postenbesetzungen in der ÖBAG sei allen bewusst, so der Staatsanwalt.

Er ging besonders auf Sebastian Kurz ein: Dieser habe explizit auf Mitsprache bei Postenbesetzungen gepocht. Loyale Personen an den Schlüsselstellen seien ihm wichtig gewesen. Er habe in der ÖVP und bei Regierungsposten großen Wert auf eigene Nominierungskompetenz beim Personal gelegt. Das habe er sich zugesichert. Personalentscheidungen hatten für Kurz höchste Priorität, hielt der Staatsanwalt fest.

Dass ein erst kurz in der Politik tätiger Minister wie seinerzeit Quereinsteiger Hartwig Löger im Finanzressort die alleinige Entscheidungskompetenz über wichtige Posten hatte, hält der Staatsanwalt angesichts der Person des Sebastian Kurz für unmöglich.

"Das letzte Wort hatte immer Kurz"

Kurz hatte gesagt, er sei in die Postenbesetzung bei der ÖBAG einbezogen im Sinne von informiert – aber eben nicht involviert gewesen. "Welche Beweise gibt es dazu?", fragte der Staatsanwalt. Er war überzeugt: "Das letzte Wort hatte immer Kurz. Die Rolle eines bloßen Informationsempfängers hatte Kurz nie und nimmer".

Zur Besetzung der Aufsichtsratsposten in der ÖBAG: Das von Thomas Schmid in seiner Aussage bei Gericht genannte "Vetorecht" von Kurz bei allen Entscheidungen, sei ein Faktum, so die Schlussfolgerung der Anklage. Kurz habe alle Postenbesetzungen genehmigt. Staatsanwalt Adamovic zitierte dazu etliche Formulierungen aus Chats – etwa mit Gernot Blümel. Im konkreten Fall habe Kurz alle Kandidaten vorher abgesegnet.

Wie reagierte Kurz auf dieses Plädoyer? Er saß still da, hörte zu, blickte immer in Richtung des Staatsanwalts.

Die Staatsanwaltschaft argumentierte weiter: In der Verhandlung seien weitere belastende Momente für Kurz hinzugekommen. Belastungszeuge Schmid habe klar und nachvollziehbar ausgesagt.

Bildstrecke: Tag der Entscheidung im Kurz-Prozess

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    Sebastian Kurz, hier am Freitag 23. Februar 2024 bei seinem letzten Prozesstag in Wien.
    Sebastian Kurz, hier am Freitag 23. Februar 2024 bei seinem letzten Prozesstag in Wien.
    JOE KLAMAR / AFP / picturedesk.com

    Mangel an Entlastungszeugen?

    Kurz habe zugestanden, dass es einen formellen und einen informellen Entscheidungsprozess gab. Zu jenem habe er im U-Ausschuss aber gar nichts gesagt. Faktisch sei es wohl so gewesen, dass Kurz Namen für Postenbesetzungen genannt habe und der zuständige Finanzminister Löger mit einer Nachricht "Alles klar" geantwortet habe – führte der Staatsanwalt aus.

    Und wo seien die von Kurz in Aussicht gestellten 30 Entlastungszeugen? Nur Blümel und Löger? Letzterer habe sogar ein "Erinnerungs-Dilemma" bemühen müssen...

    Eine Frage des Vorsatzes

    Danach ging es um die Frage des Vorsatzes: War Kurz bewusst, dass er die Unwahrheit sagte?

    Kurz habe wiederholt gesagt, er könne sich nicht mehr erinnern – das sei ja alles so lange her. Aber nicht der U-Ausschuss – es sei unmöglich, sich nicht soweit zurück zu erinnern. Die Erinnerungslücken seien eine reine Schutzbehauptung von Kurz, donnerte Staatsanwalt Adamovic.

    Er ging folgend darauf ein, ob bei Kurz ein sogenannter "Aussagenotstand" vorliegen könne. Das bedeutet, dass ein Angeklagter falsch aussagen kann, wenn er befürchten muss, durch wahrheitsgemäße Aussage eine Strafverfolgung auf sich zu ziehen – sprich: eine Straftat eingestehen würde. Der Staatsanwalt konstatierte: Diese konkrete Gefahr gab es nicht für Kurz.

    Warum habe Kurz nicht einfach gesagt: Ja, ich habe Einfluss genommen auf die Postenbesetzungen in der ÖBAG, ich war der Bundeskanzler, das gehörte zu meinen Aufgaben. Viele hätten sich das gefragt. Das hätte keinerlei Straftat bedeutet.

    Adamovic beantragt zum Abschluss einen Schuldspruch für beide Angeklagten – Kurz und Bonelli!

    In Folge ergriff Staatsanwalt Roland Koch zum Strafrahmen das Wort. Dieser beträgt bis zu drei Jahre. Grundlage für die Strafzumessung sei die Schwere der Tat, sagt er. Es gehe um Bundeskanzler und Parlament, das sei gewichtig.

    Nur bedingte Haft gefordert

    Zu Kurz: Als Bundeskanzler war er oberstes Organ. Der Schaden für die Demokratie sei umso höher, je höher die Position des Delinquenten. Der Bundeskanzler habe Vorbildfunktion und sei dem Parlament verantwortlich. Kurz sei dieser Vorbildfunktion nicht nachgekommen. Er habe aus parteipolitischen Motiven im U-Ausschuss die Unwahrheit gesagt.

    Milderungsgrund: bisher ordentlicher Lebenswandel von Kurz.

    Strafe, die das Gericht fordert: Drittel bis Hälfte des vorgesehenen Rahmens. Gänzlich bedingte Strafe wäre aber nicht angemessen. Die Strafe sollte spürbar sein. Also plädiert der Staatsanwalt für eine Kombination aus bedingter Freiheitsstrafe und unbedingter Geldstrafe.

    Die Strafe für Bernhard Bonelli solle ähnlich werden – spürbar – sagt der Staatsanwalt.

    Folgende Strafe wurde beantragt: Mehr als drei Monate bedingte Haft und mehr als 180 Tagsätze Geldstrafe soll es für beide sein – bei Bonelli etwas "moderater". Die Höhe der Geldstrafe bemisst sich an den Einkommensverhältnissen. Ein Berufsverbot für beide soll nicht ausgesprochen werden.

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