"Brain Rot"

Das macht obssessives Scrollen mit unserem Gehirn

"Brain Rot" – Gehirnfäule: Das ist das Oxford-Wort des Jahres 2024. Er beschreibt die Folgen übermäßiger Nutzung trivialer Online-Inhalte.

Das macht obssessives Scrollen mit unserem Gehirn
Studien zeigen, dass exzessive Smartphone- und Social-Media-Nutzung die geistige Gesundheit und Hirnstruktur negativ beeinflussen kann.
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Seit Anfang Dezember ist klar: "Brain Rot" löst "Rizz" als Wort des Jahres ab. Das gab die Wörterbuch-Redaktion von Oxford University Press bekannt. 2024 wurde es um 230 Prozent häufiger verwendet als im Jahr zuvor. Mehr als 37.000 Menschen hätten über das Wort des Jahres abgestimmt. Zur Wahl standen sechs Wörter. "Brain Rot" bedeutet so viel wie "Gehirnfäule".

Gehirnfäule? Was bedeutet "Brain Rot"?

"Brain Rot" beschreibt "die angebliche Verschlechterung des geistigen oder intellektuellen Zustands einer Person", erklärt die Oxford-Redaktion. Dies insbesondere dann, "wenn sie als Folge des übermäßigen Konsums von Materialien (heute vor allem Online-Inhalten) betrachtet wird, die als trivial oder nicht besonders anspruchsvoll angesehen werden". Der Ausdruck werde verwendet, um Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen des übermäßigen Konsums minderwertiger Online-Inhalte, vornehmlich in sozialen Medien, auszudrücken.

"Brain Rot": Warum wird ausgerechnet so ein Wort zum Wort des Jahres gekürt?

"Der Begriff hat im digitalen Zeitalter, insbesondere in den letzten zwölf Monaten, eine neue Bedeutung erlangt", begründet die Redaktion den Entscheid. Zunächst auf TikTok, mittlerweile auch im Mainstream-Journalismus, der zunehmend über die gesellschaftlichen Bedenken hinsichtlich der negativen Auswirkungen des übermäßigen Konsums von Online-Inhalten berichte.

"Brain Rot" ist kein neuer Begriff

So aktuell das Thema, so alt der Begriff: Erstmals dokumentiert ist er in Henry David Thoreaus Buch "Walden – oder Hüttenleben im Walde", das 1854 erschien. Darin kritisiert Thoreau die Tendenz der Gesellschaft, komplexe Ideen zugunsten einfacher Ideen abzuwerten. Der Autor sah schon damals eine Gefahr. Konkret formulierte er: "Während England sich bemüht, die Kartoffelfäule zu heilen, wird sich dann nicht irgendjemand darum bemühen, die Hirnfäule zu heilen, die so viel weiter verbreitet und verheerender ist?"

Ist "Brain Rot" wirklich ein Ding?

Verschiedene Studien belegen, dass die übermäßige Nutzung von Medien und Online-Netzwerken krank machen kann. Dies vor allem dann, wenn man "Doomscrolling" betreibt. Der Begriff setzt sich zusammen aus den englischen Worten "doom" (Untergang) und "scrolling" (scrollen). Wer dies betreibt, wischt von einer negativen Nachricht zur nächsten. Das kann Angstgefühle und Depressionen fördern (siehe Box).

Das ist die Gefahr beim Doomscrolling
Wenn wir längere Zeit gestresst oder traurig sind, kann der Serotoninspiegel sinken. Serotonin hat unter anderem Einfluss auf die Stimmung, Schmerzwahrnehmung oder den Schlaf-Wach-Rhythmus. Auch die Empathiefähigkeit spielt eine Rolle: Nehmen uns die schlechten Nachrichten mit, kann das Auswirkungen auf unsere geistige Gesundheit und unser Wohlbefinden haben. Auf Dauer führt das zu kognitiven Beeinträchtigungen wie verminderter Aufmerksamkeit oder Problemen mit dem Gedächtnis und dem Denkvermögen. Das Gehirn der Userinnen und User sei dann benebelt, "sie können sich weniger konzentrieren", zitiert die "New York Post" die Verhaltensneurowissenschaftlerin Kyra Bobinet.

Laut Forschenden aus Heidelberg lässt exzessive Smartphone-Nutzung die graue Substanz (Substantia grisea) im Gehirn schrumpfen. In der Studie war auch die Hirnaktivität reduziert. Alles Folgen, die man auch von Drogenkonsumenten kennt.

Einer US-Studie zufolge kann Social Media sogar die Gehirnentwicklung von Jugendlichen beeinflussen. Da sich ihr Gehirn noch nicht komplett entwickelt hat und sie gleichzeitig viel mehr Zeit auf den sozialen Medien verbringen als ältere Menschen, sind Kinder und Jugendliche demnach besonders gefährdet.

Auch positive News können Folgen haben: Etwa wenn der Klick auf die nächste Insta-Story oder das nächste TikTok-Video uns Glücksgefühle beschert. Dann wird im Gehirn Dopamin ausgeschüttet, was wie Glücksspiel zu einer Abhängigkeit führen kann. Laut einer Comparis-Umfrage von 2024 legen 40 Prozent der Menschen in der Schweiz eine problematische Handynutzung an den Tag. Sich davon zu lösen, könne sehr schmerzhaft sein, so Bobinet. Dasselbe gelte für eine Social-Media-Sucht.

Wie kann man "Brain Rot" entgegenwirken?

Eine Universallösung gibt es nicht. Die folgenden Tipps können dir aber helfen:

  • Begrenze deine Screentime. Setze dir bewusste Grenzen.
  • Konsumiere News bewusst. Schaue gezielt nach Good News oder Storys, die "Good Vibes" verbreiten.
  • Nimm dir Offline-Tätigkeiten vor: Verabrede dich mit Kolleginnen und Kollegen.
  • Schon kurze Digital-Detox-Phasen von 15 Minuten wirken Wunder.
  • Wenn es dir zu viel wird, schaue Tier-Videos: Laut Studien kann das dein Stresslevel deutlich senken.
  • Auch dich mit Hunden zu beschäftigen, tut dir nachweislich gut.

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    • Der Begriff "Brain Rot" wurde zum Oxford-Wort des Jahres 2024 gewählt und beschreibt die Verschlechterung des geistigen Zustands durch übermäßigen Konsum trivialer Online-Inhalte.
    • Studien belegen, dass exzessive Nutzung von sozialen Medien und Smartphones negative Auswirkungen auf das Gehirn haben kann, insbesondere bei Jugendlichen, und zu Angstgefühlen, Depressionen und Abhängigkeit führen kann.
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