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Darum löst Iran jetzt die Sittenpolizei auf

Der iranische Generalstaatsanwalt gab bekannt, dass die Sittenpolizei aufgelöst wurde. Doch was bedeutet das tatsächlich?

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Im Iran gehen die Menschen seit dem Tod von Mahsa Amini auf die Straße.
Im Iran gehen die Menschen seit dem Tod von Mahsa Amini auf die Straße.
Thomas Krych / Zuma / picturedesk.com

Die iranische Sittenpolizei wurde nach Aussagen des Generalstaatsanwalts aufgelöst. Ihr Auftrag war die Durchsetzung der Kleidervorschriften des islamischen Regimes. Dabei fiel sie wiederholt mit Gewalttaten und Schikanierungen auf. Iran-Experte, Politik- und Islamwissenschaftler Mahdi Rezaei-Tazik von der Uni-Bern schätzt ein.

Was bedeutet diese Auflösung?

Das Regime steht vor dem Zusammenbruch. Es will Zeit schinden. Mit dieser Auflösung will das Regime so erscheinen, als ob es den Protestierenden, von denen ohnehin viele kein Kopftuch mehr tragen, entgegenkommen würde. Die Sittenpolizei aufzulösen, aber weiter Protestierende zu foltern, ist außerdem scheinheilig.

Zudem wird die Protestbewegung durch diesen Schritt nur auf den Kampf um die Kopftuch-Tragepflicht reduziert. Den Protestierenden ging es von Anfang an um die Auflösung des islamischen Regimes und die Errichtung eines demokratischen Systems, in dem Staat und Religion getrennt sind.

Ist es dennoch ein gewisser Teilerfolg?

Historisch gesehen ist es keine Errungenschaft. Bevor das islamische Regime die Führung im Iran übernommen hat, konnten sich Frauen so kleiden, wie sie wollten. Mit Aufhebung der Sittenpolizei hat man nur wieder theoretisch hergestellt, was früher ganz normal war. Ob diese Freiheiten tatsächlich gewährt werden, scheint jedoch unwahrscheinlich.

Warum gab es die Sittenpolizei?

Die Sittenpolizei überprüft das Einhalten der Kleidervorschriften des islamischen Regimes. Dieses betrachtet die Vorschriften als einen zentralen politischen Grundpfeiler. So soll auch nach außen visuell gezeigt werden, dass es sich beim Iran um einen islamischen Staat handelt. Wird das Kopftuch nicht mehr getragen, untergräbt das die religiösen Werte, auf die sich das Regime stützt.

Allein das Bestehen einer Sittenpolizei zeigt aber, dass die Bevölkerung die Werte des Regimes seit Jahrzehnten nicht unterstützt. Würden die Iranerinnen und Iraner hinter diesen Vorschriften stehen, bräuchte es keine Überwachung.

Wieso ist das Regime dennoch bereit, ihre Sittenpolizei aufzugeben?

Das islamische Regime steckt aktuell in der größten Existenzkrise seit ihrem Bestehen. Die Bevölkerung will das Regime absetzen. Das Regime selbst will dies mit allen Mitteln verhindern. Wenn es dafür die Sittenpolizei opfern muss, um die Bevölkerung zu besänftigen, macht es das.

Hat sich diese Entwicklung historisch abgezeichnet?

Seit Jahrzehnten kleiden sich die Iranerinnen immer weniger streng. Die schwarzen Ganzkörperbedeckungen, genannt Tschador, wurden zunehmend von einem Mantel abgesetzt und das Kopftuch wird immer lockerer getragen. Um keine Konflikte zu provozieren, nahm das Regime dies stillschweigend hin. Nun haben sich die Wert- und Lebensvorstellungen der Bevölkerung aber so weit von denen des Regimes entfernt, dass Proteste unvermeidbar wurden.

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