Genuss
Profi-Barista verrät, woran du guten Kaffee erkennst
Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, dennoch gibt es auch oder vor allem bei Kaffee Unterschiede. Welche, das weiß Profi-Barista Barbara Bauer.
Kleiner Schwarzer, großer Brauner, Verlängerter, Kapuziner und natürlich die Wiener Melange: Österreich ist ein Land der Kaffeetrinkerinnen und Kaffeetrinker. Der Genuss des Heißgetränks hat bei uns eine lange Tradition, wird schon morgens gekippt, vormittags getrunken und vor nachmittags zelebriert. Doch worauf kommt es bei einer wirklich guten Tasse Kaffee an? Schließlich hat das komplexe Naturprodukt ganze 800 Aromen. Die geschmackliche Bandbreite reicht von dunkler Schokolade über Karamell- und Nussnoten bis hin zu fruchtigen Komponenten wie Himbeere oder Banane.
Klingt irgendwie kompliziert und verwirrend, deshalb haben wir zum "Tag des Kaffee" bei Profi-Barista und Geschäftsführerin in der J. Hornig Kaffeebar Barbara Bauer nachgefragt:
Woran erkenne ich guten Kaffee?
Wie sonst auch, hängt es natürlich immer vom persönlichen Geschmack ab, was einen "guten Kaffee" ausmacht: Die einen bevorzugen lieblich-fruchtige Komponenten, die anderen suchen nach kräftig-komplexen Nuancen. Wer allerdings das Allerbeste aus jeder Bohne herausholen möchte, sollte auf ein paar Merkmale achten: Kriterien wie Qualität, Herkunft, Zubereitung und Röstung sind alle entscheidend, um ein einzigartiges Kaffee-Erlebnis zu schaffen.
Wonach sollte man also im Supermarkt Ausschau halten?
Die meisten Mischungen im Supermarktregal bestehen aus Mischungen aus Arabica-und Robustabohnen. Arabica-Kaffee enthält eine große Anzahl feiner Fruchtsäuren und schmeckt dadurch komplexer als Robusta. Wer kräftige, italienische Geschmackskomponenten bevorzugt, sollte hingegen zu Robusta-Kaffee greifen. Bei der Extraktion entsteht eine reiche und dichtere Crema, weswegen er ein geschätzter Bestandteil von Espresso-Mischungen ist.
Und dann gibt es noch die Röstung, worauf muss man hier achten?
Neben der Mischung macht ebenso die Röstung einen entscheidenden Geschmacksunterschied, die man meist zwischen Filter-und Espressoröstungen differenziert. Filterröstungen werden kürzer und heller geröstet als Espressoröstungen und setzen dadurch fruchtige Geschmacksnoten frei, die bei dunklen Röstungen eher in den Hintergrund treten. Wer außerdem auf der Verpackung nach Wörtern wie "schonende Langzeitröstung" oder "Trommelröstung" sucht, erhält Bohnen, für die sich besonders viel Zeitgenommen wurde. Das Ergebnis: Das geschmackliche Potenzial der Bohnen wird voll und ganz ausgeschöpft, "verbrannte" Geschmackskomponenten vermieden. So werden zum Beispiel die Bohnenbei J. Hornig bis zu 20 Minuten bei maximal 200 Grad geröstet –wodurch sich unerwünschte Bitterstoffe nicht ausbreiten können und stattdessen ein feines Aroma entsteht.
Wo der Kaffee am teuersten ist
Oft wird auch ein Herkunftsland angeben. Welche Unterschiede gibt es hier?
Grundsätzlich gilt: Je höher das Anbaugebiet liegt, desto langsamer reift die Pflanze und hat mehr Zeit besonders feine Aromen und ihr volles Geschmackspotential zu entwickeln. Zudem schadet es nicht, sich an diversen Zertifizierungen und Gütesiegeln zu orientieren, die den Kundinnen und Kunden höchste Qualität garantieren. Das Bio-Siegel auf der Packung garantiert zum Beispiel einen biologisch kontrollierten Anbau, das Fairtrade-Logo steht für faire Preise für die Kaffeefarmer.
Kann ich jeden Kaffee für jede Kaffeemaschine nehmen?
Nein, nicht jede Sorte eignet sich für jede Zubereitungsweise. Bei einem Kaffeevollautomaten zum Beispiel greifen Experten vermehrt auf dunklere Röstungen zurück, denn hellere Röstungen neigen eher dazu, in Vollautomaten saure Geschmackselemente zu entwickeln. Für die French Press eignen sich hingegen eher helle bis mittlere Röstungen mit hohem Arabica-Anteil; so wie auch beim Kaffee-Kocher, der allerdings einen feineren Mahlgrad verlangt. Bei der Siebträgermaschine ist die Röstung reine Geschmackssache. Wer zum Beispiel einen vollmundigen Kaffee bevorzugt, wählt eher eine dunkle Röstung.
Dann fehlt jetzt eigentlich nur noch die Lagerung. Was kann ich hier richtig oder falsch machen?
Röstkaffee hat zwei natürliche Feinde: Luft und Wärme. Kaffee wird also am besten luftdicht verpackt, kühl und trocken gelagert – Profitipp: Nicht im Kühlschrank. Im Idealfall befindet sich der Kaffee in einer licht- und luftdichten Verpackung mit einem Aromaventil. Ein anderer, oft unterschätzter, Rat lautet außerdem: Mahle den Kaffee unbedingt selbst! Kaffee verliert im gemahlenen Zustand schnell sein besonderes Aroma –und das wäre nach der harten Suche nach der perfekten Bohne sehr schade. Daher sollte frisch gerösteter und gemahlener Kaffee sofort verbraucht werden. Und auch die Wasserhärte ist entscheidend –diese liegt im Idealfall bei 4-6° dH.
Gibt es eigentlich auch schlechten Kaffee?
Wer beim Kaffeegenuss auf die eben genannten Kriterien Qualität, Herkunft, Zubereitung und Röstung achtet, ist auf einem guten Weg, schlechten Kaffee zu vermeiden. Was den Geschmack betrifft, haben alle Kaffeefans eine andere Auffassung davon, was guter und was schlechter Kaffee ist. Kaffee hat mit 800 verschiedenen Aromen doppelt so viele wie Wein es hat. Die Auswahl ist also groß. Dass jeder etwas anderes bevorzugt, ist dabei selbstverständlich. Während die einen Robusta-Mischungen wählen, greifen andere lieber zu Arabica-Kaffee. Bereiten die einen ihr Heißgetränk mit dem Vollautomaten zu, verwenden andere die French Press.
Kaffee mit Milch, Zucker, Zimt oder Vanille. Gibt es einen aktuellen Trend?
Auf Zusätze wie Zucker, Milch oder Sirup, wird außerdem vermehrt verzichtet. Die Rückkehr zum schwarzen Kaffee – ob Filterkaffee oder Espresso – erlebt in letzter Zeit einen neuen Aufschwung. Qualitativ hochwertige Bohnen kommen auch ganz gut ohne Milch und Co. aus. Hellere Röstprofile ermöglichen außerdem vielfältig ausgeprägte Geschmacksprofile. Single Origin Kaffee, wie die direkt gehandelte Spezialitätenlinie, ist besonders für den Kaffeegenuss in Schwarz geeignet. Aber auch Individualität und Experimentierfreude wird am Kaffeemarkt immer größer geschrieben. Der Trend, Kaffee in all seinen Facetten und Kombinationsmöglichkeiten zu genießen, setzt sich weiter fort. Viele Kaffeefans legen sich nicht mehr auf lediglich eine Zubereitungsart fest, sondern schöpfen aus dessen gesamter Vielfalt, um genau das aus der Kaffeebohne herauszuholen, auf das man gerade Lust hat. Man beschränkt sich zum Beispiel nicht mehr auf einen einfachen Vollautomaten zuhause. Stattdessen stehen auch French Press, Kaffeekocher oder Ready-To-Drink Cold Brew immer griffbereit.
(von TheHallstand.com)