Politik

Kurz sagt, was jetzt auf Geimpfte & Ungeimpfte zukommt

"Für Geimpfte ist die Pandemie vorbei", sagt Sebastian Kurz. Aber wann ist Schluss mit den Masken? Und was droht Ungeimpften jetzt? Der "Heute"-Talk.

Clemens Oistric
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Interview in New York: Kanzler Kurz mit <em>Heute.at</em>-Chef Oistric
Interview in New York: Kanzler Kurz mit Heute.at-Chef Oistric
BKA/Dragan Tatic

In New York muss auch der Kanzler seine Impfung nachweisen. Und nicht nur das: Der Grüne Pass alleine reicht nicht. Beim "Heute"-Interview an der Madison Avenue in Manhattan gibt's bei einem Italiener erst Grünes Licht, als der Kanzler dem Kellner auch noch seinen Ausweis zeigt. Doch welche Regeln kommen im Corona-Herbst auf Österreich zu? Ist das New Yorker Modell (nur Geimpfte in Gastro und bei Events) auch bei uns denkbar? Und was sagt Kurz zu den Verschärfungen in Wien – hier das große Interview:

"Heute": Sie haben sich im "Land of the free" nun einige Tage lang die große Freiheit für Geimpfte angesehen. Das klappt in New York mit einer strengen 1G-Regel – ein Modell auch für Österreich?
Sebastian Kurz: Gott sei Dank ist auch in den USA, wie bei uns, die Zeit der Lockdowns vorbei. Das Leben findet wieder normal statt – dank der Impfung. Wenn es uns in Österreich gelingt, die Impfquote noch etwas zu steigern, ist das Leben ohne erneute Einschränkungen auch für die Zukunft garantiert.

Jetzt sind Sie mir ausgewichen: Die 1G-Regel, also Zutritt nur für Geimpfte, kommt für Sie in Frage?
Was ich fix sagen kann: Es wird sicher keinen Lockdown und keine Einschränkungen mehr für Geimpfte geben. Die, die noch noch nicht geimpft sind, bitte ich, nochmals in sich zu gehen, sich einen Ruck zu geben und sich impfen zu lassen.

Bundeskanzler Kurz: "Aus meiner Sicht ist die Pandemie für Geimpfte vorbei."

Derzeit gibt es aber noch immer Einschränkungen – auch für Geimpfte. Wann bekommen die alle Freiheiten zurück und müssen etwa keine Maske mehr tragen?
Aus meiner Sicht ist die Pandemie für Geimpfte vorbei. Wenn man sich in Österreich umschaut, sieht man, dass die Wirtschaft wächst. Wir haben eine niedrigere Arbeitslosigkeit als vor der Krise. Das soziale Leben findet statt – es werden Geburtstage gefeiert, Hochzeiten werden nachgeholt. Das ist gut so.

Es ist bekannt, dass all das wieder stattfinden kann. Meine Frage war: Wann können wir die letzten Schutzmaßnahmen für Geimpfte aufheben?
Dänemark hat es schon vorgemacht: Wenn die Impfquote noch ein Stück weit gesteigert wird, dann ist endlich Schluss mit allen Einschränkungen und Maßnahmen.

Von welchem Zeithorizont reden wir da?
Derzeit sind 70 Prozent der Erwachsenen geimpft. Damit liegen wir um etwa fünf Prozent besser als die USA…

Herr Bundeskanzler, in der westlichen EU sind wir beinahe Schlusslicht.
Daher haben wir auch das Ziel, noch einige Hunderttausend zur Impfung zu bringen.

Bis es so weit ist, sagen viele Experten, dass 3G am Arbeitsplatz helfen würde. Warum geht da nix weiter, warum verordnen Sie das als Regierung nicht einfach?
Das ist eine Entscheidung der Sozialpartner, die hier seit einigen Wochen gute Gespräche führen und diese auch bald abschließen werden.

"Sobald ich an der Reihe bin, werde ich eine dritte Impfung in Anspruch nehmen."

Sie begrüßen das System?
Ich begrüße alles, was zu mehr Sicherheit führt und einen Beitrag dazu leistet, dass sich Österreich weiter gut entwickeln kann. Unsere Strategie ist klar: Wir wollen unsere Freiheit zurück. Wir wollen zur Normalität zurück. Und wir wollen alle uneingeschränkt leben können. Das gelingt nur durch eine hohe Zahl an Menschen, die geimpft sind.

Florian Krammer vom renommierten Mount Sinai Hospital sagt, langfristig wird Corona zu einer saisonalen Erkrankung. Teilen Sie diese Einschätzung?
Fakt ist: Wir werden mit dem Virus leben müssen. Es wird nicht verschwinden, sondern auch in zehn Jahren noch da sein.

Das ist eine ziemliche Horror-Prognose …
Überhaupt nicht. Die Impfung ist der Gamechanger. Mit ihr werden wir in Freiheit leben können. Es muss aber allen klar sein: Wer nicht geimpft ist, wird sich früher oder später anstecken. Das wollen wir vermeiden.

Und Ungeimpfte – von denen haben wir noch eine viel zu große Zahl – werden im Umkehrschluss große Entbehrungen in Kauf nehmen müssen?
Das größte Problem für sie wird sein, dass sie sich irgendwann anstecken werden. Vielleicht nicht heute und nicht morgen. Aber in ein paar Monaten. Die Krankheit löst nicht bei allen, aber bei zu vielen, schwere Verläufe aus. Manche landen auf der Intensivstation oder sterben sogar. Das gilt es zu verhindern.

"Die Prognosen der letzten Wochen waren alle komplett falsch."

Sie sind mit AstraZeneca geimpft. Werden Sie im Herbst einen dritten Stich in Anspruch nehmen?
Selbstverständlich, sobald ich die Möglichkeit dazu habe, werde ich das tun. Der Impfschutz reißt nach einiger Zeit ab. Ältere Menschen und Risikogruppen sind zuerst an der Reihe. Ich werde mich nicht vordrängen, aber sobald ich an der Reihe bin, werde ich eine Booster-Impfung in Anspruch nehmen.

Wien hat diese Woche die Verschärfung der Corona-Maßnahmen verkündet. Bürgermeister Ludwig verfügt in Eigenregie strengere Regeln. Warum gibt es kein einheitliches Vorgehen mehr im ganzen Land?
Das stimmt nicht. Es gibt Mindeststandards, die wir als Bundesregierung festgelegt haben. Diese gelten in acht Bundesländern.

Österreich hat aber neun …
Ja, Wien hat die schlechteste Inzidenz Österreichs, die höchsten Ansteckungszahlen, die höchste Auslastung in den Intensivstationen. Dazu kommt eine sehr niedrige Impfquote – etwa im Vergleich zum Burgenland. Daher hat Wien die Maßnahmen verschärft.

Aber Herr Bundeskanzler, Hand aufs Herz: Kennen Sie sich noch aus? Wissen Sie noch, was in Österreich jetzt wo gilt? Ich nicht.
Ja, ich weiß vor allem eines: Ich bin geimpft und daher kann ich uneingeschränkt mein Leben leben. Ich kann meiner Arbeit ganz normal nachgehen. Ich kann Mittagessen gehen, mich mit Freunden am Abend auf ein Bier treffen und auf Urlaub fahren. Ich bin froh, dass wir nach eineinhalb Jahren des Lockdowns, der Entbehrungen, des Verzichts diese Freiheiten zurückhaben.

Der NY-Trip in Bildern

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    Kurz trifft Ronald Lauder (President World Jewish Comite)
    Kurz trifft Ronald Lauder (President World Jewish Comite)
    Dragan Tatic

    Vielleicht nicht mehr lange. Laut Prognosen der Corona-Kommission werden nächste Woche bis zu 320 Intensiv-Betten in Österreich belegt sein. Das würde Eskalationsstufe 2 auf dem Stufenplan der Regierung in Kraft setzen. Kommen schon nächste Woche bundesweit strengere Corona-Regeln?
    Die Prognosen der letzten Wochen waren alle komplett falsch. Daher sollte man sich nicht von Vorhersagen, die dann ohnedies nicht eintreten, verunsichern lassen.

    Verunsicherung schafft aber eher, dass nächste Woche schon wieder völlig neue Spielregeln gelten könnten …
    Genau deshalb möchte ich Ihnen sagen: Besinnen wir uns auf das, was wir gesichert wissen. Erstens: Die Pandemie findet in Wellen statt. Zweitens: Die kalte Jahreszeit ist tendenziell härter als die warme. Drittens: Nur wer geimpft ist, ist geschützt. Das sind drei Fakten, die mittlerweile klar sind. Niemand zweifelt sie an. Wenn jemand etwas darüber hinaus behauptet, muss man sehr vorsichtig sein – vieles davon hat sich innerhalb kürzester Zeit als falsch herausgestellt.

    Wer geimpft ist, leistet einen Beitrag, dass wir alle in Freiheit leben können."

    Was heißt das jetzt für kommende Woche?
    Ich bin niemand, der Ansteckungszahlen vorhersagen kann. Derzeit sinken sie – ganz anders als es von den Prognostikern vorhergesagt worden ist. Im Sommer sind sie gestiegen. Ganz anders als es von den Prognostikern vorhergesagt worden ist. Ich verlasse mich auf gesichertes Wissen.

    Wie sieht dieses aus?
    Die einzige Lösung ist die Impfung – so lange es kein Medikament gibt. Wer nicht geimpft ist, wird sich anstecken. Mein Appell ist daher klar: Wer geimpft ist, schützt sie sich selbst, schützt andere und leistet einen Beitrag, dass wir alle in Freiheit leben können. So ist garantiert, dass unser Land gute Jahre vor sich hat.

    Für Bundeskanzler Sebastian Kurz geht es in der Nacht zum Samstag zurück nach Wien. Völlig atypisch: Kurz und Bundespräsident nehmen in ein und dem selben Flugzeug platzt. Die Boeing 767 wird zur "AUAforce one" …