Deutschland
Crash mit 4 Toten – schwere Vorwürfe gegen Flixbus
Nach dem tödlichen Flixbus-Unfall bei Leipzig gerät der Billig-Anbieter in die Kritik: Die Fahrer hielten sich generell nicht an die Verkehrsregeln.
Vier Tote und über 30 Verletzte: Am Mittwochmorgen verunfallte ein Flixbus in der Nähe von Leipzig (Deutschland) schwer. Er war von Berlin nach Zürich unterwegs. Nach ersten Erkenntnissen ist der Bus aus noch unbekannten Gründen von der Fahrbahn abgekommen und dann noch knapp 100 Meter über den Grünstreifen gefahren, bis er schließlich auf die Seite kippte. Die Verkehrspolizeiinspektion ermittelt wegen des Verdachts einer fahrlässigen Tötung.
Nach dem Unfall wird auf Social Media Kritik am Reisebus-Unternehmen laut. Dutzende Personen schreiben von schlechten Erfahrungen mit dem Service. Die Fahrer seien zu schnell unterwegs, hielten sich nicht an die Verkehrsregeln und nutzten das Handy am Steuer. Auch auf der Bewertungsplattform "Trustpilot" schneidet das Unternehmen mit 2,8 von fünf Sternen nicht besonders gut ab. 20 Minuten hat schon mehrfach über Vorfälle mit Flixbus-Chauffeuren berichtet.
Flix hat Sicherheitsmaßnahmen eingeführt
Laut Flix haben sich 2023 bei über 81 Millionen Passagierinnen und Passagieren im globalen Netz insgesamt neun tödliche Unfälle ereignet. "Jeder Unfall, der sich ereignet hat, und jeder einzelne Verletzte, ist einer zu viel", sagt eine Sprecherin gegenüber 20 Minuten. Trotz strenger Sicherheitsmaßnahmen könne man Unfälle aber nicht verhindern.
„Jeder Unfall, der sich ereignet hat, und jeder einzelne Verletzte ist einer zu viel.“
Die Sicherheit der Fahrgäste und Fahrer habe für Flix allerhöchste Priorität. "Dafür arbeiten wir Tag und Nacht, investieren in Personal, Prozesse, neueste technische Ausstattungen und Trainings." Die Firma habe viele verschiedene Sicherheitsmaßnahmen eingeführt: "Zum Beispiel Sicherheitstrainings für Mitarbeiter und Fahrer, zwei Fahrer auf jeder Nachtfahrt in Europa und eine moderne Busflotte mit Fahrassistenten wie Spurhalte- und Bremsassistenten." Hiermit gehe man über die gesetzlichen Vorgaben hinaus.
Kritik an Geschäftsmodell und Arbeitsbedingungen
Doch: Neben den Unfällen machte das Unternehmen in der Vergangenheit auch Schlagzeilen wegen schlechter Arbeitsbedingungen. Gegenüber der "WOZ" sagte ein Flixbus-Fahrer in Bern letztes Jahr: "Sie bezahlen uns schlecht." Auch der "Spiegel" hat 2019 mit mehreren Fahrern gesprochen. Einer erzählte, dass er in Deutschland deutlich länger am Steuer saß als zulässig. Ein anderer, dass er in der Pause und nach Feierabend unter anderem noch den Bus putzen müsse.
Die Schweizer Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) hat 2018 in einem Artikel Gründe für die schlechten Arbeitsbedingungen beleuchtet:
- Das Geschäftsmodell: Die Firma Flix, 2013 in München gegründet, habe nichts mit einem klassischen Busunternehmen zu tun. Das Geschäftsmodell gleiche eher demjenigen von Uber oder Airbnb. So besitze Flixbus kaum eigene Busse und beschäftige auch keine Fahrer. Dafür arbeitete die Firma – Stand 2018 – mit 250 Subunternehmen zusammen. Diese beschäftige die Chauffeure und lege deren Löhne fest. Einheitliche Kontrollen gebe es nicht.
- Lohndumping: Flixbus hat nach Markteintritt schnell diverse Konkurrenten übernommen und vom Markt verdrängt. Schon 2016 streikten in Deutschland erstmals Chauffeure gegen Dumpinglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Auch die Gewerkschaften haben Flixbus in der Folge immer wieder kritisiert.
- Die Investoren: Im Gegensatz zu einem staatlichen Transportunternehmen wie der SBB steckten hinter Flixbus knallharte Investment-Überlegungen: Die aggressive Expansion habe Flixbus 2016 nur mit einem dreistelligen Millionenbetrag eines amerikanischen Investmentfonds finanzieren können, dem seither 30 Prozent des Unternehmens gehören – und der zuvor schon im großen Stil in Airbnb und Uber investiert hatte.
Zu den Vorwürfen bezüglich der Arbeitsbedingungen äußerte sich Flix gegenüber 20 Minuten nicht weiter.