Ukraine

"Bürgerkrieg unvermeidlich" – Putin-Agent rechnet mit P

Steht Russland kurz vor dem Chaos? Ein Whistleblower des russischen Inlands-Nachrichtendienstes (FSB) warnt vor einem drohenden Bürgerkrieg.

<strong>Wladimir Putin</strong>&nbsp;bekommt auch im eigenen Land mehr und mehr Gegenwind zu spüren.
Wladimir Putin bekommt auch im eigenen Land mehr und mehr Gegenwind zu spüren.
Sputnik/Sergei Savostyanov via REUTERS

Ein als "Wind of Change" bezeichneter Agent schreibt regelmäßig Nachrichten an den russischen Exil-Dissidenten Wladimir Osechkin und enthüllt die Wut und Unzufriedenheit innerhalb des russischen Nachrichtendienstes (FSB) über den Krieg, der mit dem russischen Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar begann. Osechkin ist ein russischer Menschenrechtsaktivist, der die Anti-Korruptions-Website Gulagu.net betreibt.

Die E-Mails seien "Newsweek" von Igor Sushko, dem Geschäftsführer der "Wind of Change Research Group", einer in Washington ansässigen gemeinnützigen Organisation, zur Verfügung gestellt worden. Sushko habe die Korrespondenz aus dem Russischen ins Englische übersetzt.

Russland werde in "Terror" versinken

Frühere FSB-Briefe, die vom selben Whistleblower verfasst und von Osechkin veröffentlicht worden seien, seien von Christo Grozev, einem Experten für den FSB, analysiert worden. Er sagte, er habe die E-Mails zwei FSB-Offizieren gezeigt, die "keinen Zweifel daran hatten, dass sie von einem Kollegen geschrieben worden waren".

In den jüngsten E-Mails des Agenten vom November werden innere Unruhen und Konflikte innerhalb des Kremls geschildert. Ein "unvermeidlicher" Bürgerkrieg wird vorausgesagt – Russland werde bald "in den Abgrund des Terrors hinabsteigen", da die Menschen des Krieges zunehmend müde werden.

Prigoschin und Kadyrow als Gefahr für Putin

Der Whistleblower konzentriert sich auf Jewgeni Prigoschin, einen Verbündeten Putins und Gründer der Söldnertruppe Wagner, und den tschetschenischen Führer Ramsan Kadyrow. Sowohl Prigoschin als auch Kadyrow haben die Art und Weise, wie Putins Krieg gegen die Ukraine geführt wird, immer wieder kritisiert und scheinen sich teils auch gegenseitig zu unterstützen, was darauf hindeutet, dass sich innerhalb des Kremls Risse bilden könnten. Auch die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) kam Ende Oktober zu der Einschätzung, dass Prigoschin und seine militärische Gruppe «eine Bedrohung für Putins Herrschaft darstellen" könnten. Der FSB-Agent sagte jedoch, dass es in Russland "kein Modell des 'einfachen Machtwechsels'" gebe.

"Es gibt keine Möglichkeit, in Russland alles zu ändern, so dass das Land als Ganzes funktioniert und nicht in den Abgrund des Terrors stürzt", heißt es im E-Mail, in dem beschrieben wird, wie sich ein Bürgerkrieg im Land abspielen würde.

Prigoschin könne nicht einfach unterdrückt werden

"Am Anfang könnte es zu einem wahllosen Aufruhr kommen, bei dem es nur zu Plünderungen und chaotischen Scharmützeln zwischen allen Beteiligten kommt. Lassen Sie mich versuchen, das zu erklären: Der Kampf der Sicherheitsbehörden gegen die Strukturen von Prigoschin, ein echter Krieg gegeneinander, ist schlimm, aber im Allgemeinen unvermeidlich", schreibt der Agent. "Oder es wird zu Kämpfen zwischen den Regionen um die Aufteilung der Ressourcen kommen. Oder zu einem Gerangel verschiedener Kräfte um die Kontrolle über Regionen oder Teile des Landes."

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    Die russische Armee hat eine mit Nuklearsprengköpfen bestückbare Interkontinentalrakete getestet.
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    via REUTERS

    Aber das Land könnte auch im totalen Chaos versinken: Der Whistleblower deutete an, dass es für den Kreml nicht einfach sein werde, Prigoschin zu unterdrücken, falls er eine Bedrohung für Putins Herrschaft darstellen sollte. "Und wenn die besonders ‹schlauen› Führungskräfte im FSB Prigoschin als systemfremd beschönigen und sagen, wir hätten eine Struktur, die ihn neutralisieren könne, wenn es nötig würde, ist das Unsinn."

    "Wir könnten die Kontrolle über das Land verlieren"

    In einem noch dringlicheren E-Mail vom 8. November warnte der FSB-Whistleblower Osechkin, dass Prigoschin Brigaden für den "innerrussischen Terror" vorbereite, und zwar inmitten einer Welle von Protesten und Unruhen in mehreren Regionen Russlands aufgrund von Berichten, wonach bei heftigen Kämpfen in der Ukraine innerhalb von drei Tagen mehr als 1000 Russen getötet worden seien.

    "Wenn alles nach Prigoschins Szenario abläuft, werden wir sowohl die Kontrolle als auch das Land verlieren", so ihre Schlussfolgerung.

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