Niederösterreich

Bub in Hundebox – "Lass ihn frieren, iss Kuchen daneben

Der Fall rund um einen Waldviertler (12) in einer Hundebox erschütterte NÖ. Gegenüber ihrer Anwältin zeigte sich die Mutter harmlos bis naiv.

Beide Frauen sind in Krems in Haft; der Prozess findet im Herbst am Landesgericht Krems statt.
Beide Frauen sind in Krems in Haft; der Prozess findet im Herbst am Landesgericht Krems statt.
Bild: picturedesk.com

Das eiskalte und schmerzhafte Schicksal eines 12-jährigen Sonderschülers aus dem Waldviertel ließ kaum jemanden kalt. Nach dem Tod ihrer wichtigsten Bezugsperson, der Mutter, soll die 33-jährige Mutter ihre Trauer, ihre Wut und ihre Ohnmacht gegenüber dem Leben völlig unreflektiert an ihrem schutzbefohlenen Nachwuchs ausgelassen haben. Eine führende Rolle soll dabei auch ihre neue, beste Freundin (40) eingenommen haben (für beide Frauen gilt die Unschuldsvermutung). 

Allianz der 2 Frauen

2019 war laut "Krone" die Mutter der 33-jährigen Waldviertlerin verstorben, die junge Mutter lernte dann in einem Geschäft eine Verkäuferin (40) kennen, die selbst gerade von ihrem Mann, einem Polizisten mit dem sie zwei Kinder hat, verlassen worden war. Die beiden Frauen gingen in der Folge eine Allianz ein, fühlten sich auf der Welt verloren und verraten und sollen ihre Verzweiflung, Unfähigkeit und sadistischen Neigungen am Bub der Jüngeren ausgelassen haben. 

Die Intensität der Misshandlungen sollen sich sukzessive gesteigert haben. Zum Schluss, im November 2022, hatte der Bursche ein Folter-Martyrium ertragen müssen: Nahrungsentzug, Schläge, Haare ausreißen, "Kältebehandlungen" mit Wasser und am Balkon im Frühwinter sowie Schlafen und Strafaufenthalte in einer Hundebox (57 mal 83 mal 50 Zentimeter). Dabei soll die Mutter das Kind gefesselt und geknebelt, den Zwinger beschwert und gegen die Wand gestellt haben, um ein Entkommen zu verhindern.

Erst am 23. November 2022 schlug eine Sozialarbeiterin Alarm, der Bub kam ins Spital - schwer ausgezehrt, abgemagert, mit blauen Flecken übersät, mit schlecht durchbluteten Beinen und nicht mal 27 Grad Körpertemperatur sowie im komatösen Zustand

Keiner unternahm etwas

Eine Lehrerin sowie ein Spital hatten bereits wegen Vernachlässigungs- und Misshandlungsverdachtes Anzeige bei der Jugendwohlfahrt erstattet - ohne Erfolg - mehr dazu hier. Nach einer Anzeige wegen einer angeblichen Misshandlung wurde sogar dem redlichen Kindsvater die Obsorge für den 12-Jährigen entzogen - alle glaubten der armen, überforderten Alleinerzieherin, ihm glaubten anfangs wenige.

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    Die Staatsanwaltschaft Krems leitet das Ermittlungsverfahren.
    Die Staatsanwaltschaft Krems leitet das Ermittlungsverfahren.
    Bild: picturedesk.com

    Nicht mal einige Tage vor dem 23. November, als die 33-Jährige den Zwölfjährigen mit Schnittwunden an den Händen zu einer niedergelassenen Ärztin gebracht hatte, soll die Medizinerin laut "Krone" den schlechten Allgemeinzustand des Schülers erkannt haben. Der Bub galt einfach als schwierig, die "bedauernswerte Mutter" musste alleine ein "schwieriges Kind" aufziehen.

    Lammfrommer Musterhäftling

    Gegenüber ihrer Anwältin Astrid Wagner gibt sich die 33-Jährige - womöglich aus Strategiegründen – lammfromm und naiv, in der Haftanstalt Krems gilt sie als Musterhäftling, der artig "Bitte" und "Danke" sagt: Und sie habe am 22. November 2022 noch echt gedacht, dass der Bub O.K. sei. Die Abhängigkeit von der älteren Frau dürfte indes schwer zu bestreiten sein: Die 33-Jährige hatte ihr alles anvertraut, sogar eine größere Barschaft nach einem Erbe, sie dürfte alle Lügen der 40-Jährigen geglaubt haben.

    "Lass ihn hungern, iss Kuchen neben ihm"

    Die 40-Jährige ging übrigens so weit, dass sie von einem fiktiven Beamten (Anm.: sie war ja angeblich tatsächlich mit einem Polizisten liiert und "kannte" dann noch einen weiteren Beamten namens Harald) Überwachungskameras in der Wohnung der 33-Jährigen aufstellen hatte lassen. Die 33-Jährige musste dazu samt Sohn (12) die Wohnung verlassen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit installierte die 40-Jährige die Kameras selbst - und berichtete dann von den "bösen Taten" des 12-Jährigen. während die 33-Jährige geschlafen hatte: "Er macht schreckliche Sachen, während du schläfst. Er vergeht sich an den beiden Hunden. Wehre Dich, bestrafe ihn!"

    Die Vorschläge der 40-Jährigen wurden immer schlimmer: "Lass ihn hungern, iss Kuchen neben ihm." oder "Pick ihm den Mund zu, wenn er schreit" oder "Zieh ihm das Leiberl aus, überschütte ihn mit Wasser, mach das Fenster auf, lass ihn frieren".

    Auffällig: Immer wenn es der 40-Jährigen besonders schlecht gegangen sein soll, weil sie ihren Ex mit der neuen Liebe gesehen hatte, musste der Bursche besonders hart "büßen". Fakt ist: Bereits kurz nach Bekanntwerden der zweiten Festnahme hatte ein Polizist bezüglich der 40-Jährigen gemeint: "Sie ist zumindest Beitragstäterin" - und betonte dabei das Wort "zumindest".

    Polizist half bei Löschen der Chats

    Wie berichtet war der 12-Jährige am 23. November 2022 im Koma ins Spital eingeliefert worden, überlebte nur dank der Kunst der Ärzte, wenige Tage später wurde die Mutter festgenommen. Trotz gelöschter WhatsApp- und anderer vernichteter Chat-Nachrichten konnte die Kripo den Chatverlauf zwischen 40-Jähriger und 33-Jähriger wiederherstellen. Der Ex-Partner der 40-Jährigen, der Polizist, soll laut "Krone" die Frau bei der Verschleierung ihrer Taten unterstützt und ihr erklärt haben, wie Chats und Aufnahmen gelöscht werden können.

    Im März wurde auch die 40-Jährige festgenommen. Die Ermittlungen laufen wegen Quälens und Vernachlässigens Minderjähriger, versuchten Mordes und anderer Delikte. Mit einem Prozess ist vor Herbst nicht zu rechnen.

    Der Vater der 33-Jährigen besucht trotz der mutmaßlichen Gräueltaten seine Tochter in U-Haft, diese will sich sogar beim Sohn entschuldigen, kann womöglich die Tragweite ihres Handelns gar nicht richtig einschätzen. Oder: Es ist nur eine kluge Verteidigungsstrategie - sie als "Untergebene" hätte nur die Befehle via Chats von der älteren Anführerin ausgeführt.

    Gesellschafts- oder Behördenversagen?

    Der Zwölfjährige lebt mittlerweile beim Vater, es geht ihm nach außen hin gut, wie es innerlich aussieht, ist eine andere Frage. Auch der Vater konnte oder musste, um für seinen Sohn stark zu sein, die miesen Anschuldigungen hinter sich lassen.

    Eine offene Frage bleibt indes: Die Rolle der Behörden. Liegt in diesem Fall behördliches Versagen oder gesellschaftliches Versagen vor? Die zuständige Bezirkshauptmannschaft hatte Mitte Juni auf eine "Heute"-Anfrage zwar reagiert, konnte aber aus Daten- und Opferschutzgründen wenige Fragen beantworten. Zuletzt stand eine mögliche Pressekonferenz zu den Anschuldigungen gegenüber der Behörde im Raum.

    Mantel des Schweigens

    Denn: Erst als die damals 32-Jährige gegen die U-Haft eine Grundrechtsbeschwerde eingelegt hatte, diese aber vom Obersten Gerichtshof Ende Mai abgelehnt worden war, berichtete am 12. Juni überhaupt erstmals der „Kurier“ über den Fall. Sprich: Über ein halbes Jahr lang wurde über den schrecklichen Fall ein Mantel des Schweigens ausgebreitet - von der BH, von der LGA, von den Schulen, von der Justiz.

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