Österreich

Bodycam-Material wird öfter zu Beweismaterial

2018 wurden 5 Bodycam-Auswertungen von der Polizei herangezogen. 2019 sind bereits 12 Auswertungen angefordert worden, zwei sind zur Anzeige gekommen.

Heute Redaktion
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Seit rund einem Jahr tragen die Wiener-Linien Sicherheitsdienstmitarbeiter sogenannte Body-Cams. Die kleinen Kamera-Computer, hergestellt von der deutschen Firma NetCo, werden auf der linken Seite der roten Stichschutz-sicheren Weste getragen. Gut sichtbar, erinnert das handgroße Gerät an eine Art Riesen-Pager.

Die Wiener-Linien-Security selbst gibt es seit zwei Jahren. Ihre Aufgabe ist es dafür zu sorgen, dass Fahrgäste die Hausordnung befolgen. Dazu gehört zum Beispiel das Essverbot in der U-Bahn. Die Top drei Probleme, um die sich die rund 104 Frauen und Männer kümmern, sind laut Security-Teamleiter, Richard G. (27): "Hunde ohne Beißkörbe, Rauchen und vor allem das Roller fahren im Öffi-Bereich".

Entweder Spiegelfunktion oder "Achtung Aufnahme!"

Für den Umgang mit den Bodycams erhalten die Mitarbeiter eine eigene Einschulung. Sie ist Teil der Ausbildung zum Wiener Linien Sicherheitsmitarbeiter. "Es ist gar nicht so einfach in einer Stressreaktion schnell zu reagieren, einen kühlen Kopf zu bewahren und den richtigen Knopf zu drücken, ohne hinzusehen", betont Security-Kollege A. Diel (34). Die zwei Knöpfe am Gerät unterscheiden zwischen der Spiegelfunktion und der richtigen Aufnahme. Während die Spiegelfunktion lediglich das Gegenüber auf dem Display zeigt und so vor weiteren Taten abschrecken soll, ist die Aufnahme der Schritt zu einer "Beweissicherung". "Heute" wurde bestätigt, dass erst nach dem Drücken der Aufnahme und des Aufleuchten des roten Knopfes wirklich das Bildmaterial aufgezeichnet werde. Die Aufzeichnungen werden verschlüsselt gespeichert und nach Schichtende auf einen gesicherten Server der Wiener Linien (Erdberg) übertragen. Auf gespeicherte Bilder kann nur die Polizei im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen zugreifen. Und die Bilder werden aufgrund Datenschutzrechte nach 48 Stunden wieder gelöscht.

Sicherheitsmitarbeiter nützen Cam zwei- bis dreimal pro Woche

„Zwei bis dreimal pro Woche nützen wir die Cams präventiv oder zu Dokumentationszwecken", erklärt Security-Teamleiter, Richard G. (27) . „Wir können den Fahrgast zur Abschreckung spiegeln und in Gefahren-Situationen eben aufnehmen", erläutert er. "Und wir informieren den Fahrgast laut und deutlich darüber, dass wir das Gerät einschalten und, dass wir sie aufnehmen", erklärt Richard G. Die Bodycams ergänzen die bereits bestehende Videotechnik im U-Bahn Bereich. Bei einem ersten Resümee aus persönlicher Sicht ist der Sicherheitsdienstleiter sehr positiv gestimmt: "Die Bodycam funktioniert präventiv sehr gut, wenn Menschen in Rage sind und sie sehen, dass sie aufgezeichnet werden, beruhigen sie sich meistens, da sie Angst vor Konsequenzen haben." Sein Kollege A. Diel hat auch positive wertschätzende Kommentare anderer Fahrgäste erlebt: "Viele finden die Kamera cool und sagen uns das auch!"

Wiener-Linien Security: "Das Material lügt halt nicht"

"Wir haben die Kamera sofort eingeschalten, als sich ein Mann direkt auf dem Gleis befand", erklärt A. Diel. Bei einer Gefahrensituation sollen sie die Kamera ohne zu zögern einschalten, erklärt der Mitarbeiter. "Der Mann war direkt auf der Schiene, wir haben ihn geholt und beruhigt, bis die Einsatzkräfte hier waren", erinnert sich der Security an die brenzliche Situation. Teamleiter Richard G. erinnert sich hingegen an eine Schlägerei im Bahnbereich. Ein Fahrgast ließ sich nicht beruhigen. Die Sicherheitsmitarbeiter mussten ihn fixieren. Das Bildmaterial wurde dann herangezogen, auch weil "der Ton essentiell war". "Auf der Aufnahme waren seine Drohungen gegen die Sicherheitsmitarbeiter zu hören, das Material lügt halt nicht", erklärt der Teamchef der Wiener Linien Securities.

Bodycam-Bildmaterial wird immer öfter als Beweismittel herangezogen

2018 wurden fünf Bodycam-Auswertungen der Öffis von der Polizei herangezogen. 2019 sind hingegen bereits zwölf Auswertungen der Wiener Linien angefordert worden, zwei Fälle davon sind zur Anzeige gekommen.

Video als Beweismaterial? Wer hat den Datenüberblick?

Seitens der Polizei Wien gibt es jährlich im Durchschnitt etwa 3.000 Anforderungen für Videomaterial. Die Frage ist jedoch - wie wird dann mit dem Material umgegangen, wie wird es gespeichert? Klar ist, dass es jährlich mehr Videos werden, die zur Beweissicherung herangezogen werden. Aber hier gibt es noch keine einheitliche Art der Speicherung.

"Die Videos werden asserviert und mit allen anderen Beweismitteln und Akten dem Gericht übermittelt, so wie es die Strafprozessordnung vorsieht", erklärt die Wiener Polizei. Wie die Daten gespeichert werden, sei aber nicht klar. "Jeder Polizist könne das selbst entscheiden", erklärt die Pressestelle der Polizei. Oft ein USB-Stick, manchmal auch Ausdruck. Selbst beim Gericht gibt es dafür keine klare Regelung: Leitende Staatsanwältin, Maria-Luise Nittel, erklärte „Heute", dass es leider noch nichts ähnliches, wie eine digitale Akte geben würde. Auch die Handhabung, wie das Beweismaterial, also Videos, schließlich zum Gericht gebracht werden, sei noch nicht geregelt. „Meistens gibt es einen USB-Stick mit den Daten darauf. Dieser USB Stick komme dann in den Akt" – den tragen die Anwälte bei sich. „Meistens gibt es aber auch die Ausdrucke der Videos", erläutert sie. (no)