Gesundheit
Blutwäsche gegen Long Covid – Experten klären jetzt auf
Könnte eine ganz bestimmte Behandlung namens "Apherese" tatsächlich Long-Covid Patienten helfen? Wir fragten bei den Experten im AKH Wien nach.
Wenn man im World Wide Web nach Behandlungen zu Long-Covid sucht, stoßt man immer wieder einmal auf ein geflügeltes Wort namens „Blutwäsche“. Auch einige Artikel aus Deutschland lassen hier Hoffnung bei den Betroffenen aufkommen, obwohl es bislang keine Beweise der „Heilung“ gibt. Doch worum geht es wirklich? „Heute“ hat bei Professor Gregor Bond, Facharzt der Abteilung für Nephrologie und Dialyse unter der Leitung von Professor Rainer Oberbauer des AKHs in Wien nachgefragt.
Zunächst muss man einmal die Terminologie klarstellen: „Blutwäsche“ ist die bekannte Dialyse und reinigt das Blut von Menschen, wenn die Nieren nicht mehr dazu imstande sind. Bei Long-Covid Patienten käme ein anderes Verfahren zum Einsatz namens „Apherese“. Diese komplexe Behandlung kann sehr vielseitig eingesetzt werden und filtert krankheitsverursachende Stoffe des Blutes.
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Wo liegt der Unterschied?
Bei der Dialyse (oder Blutwäsche) wird das gesamte Blut mit all seinen Inhaltsstoffen in eine Maschine geleitet und - von diversen Giftstoffen befreit - zurück in den Körper gepumpt. Bei der „Apherese“ kann „nur“ das Blutwasser gefiltert werden. Soll heißen, das Blut wird vorher von allen Feststoffen wie den roten Blutkörperchen getrennt und erst das Plasma nochmal individuell gereinigt. Es handelt sich hierbei um eine äußerst aufwendige Prozedur, die – egal in welchem Bereich – nur durch Fachärzte im Hinblick auf einen Erfolg verordnet werden kann.
Gibt es Studien?
Offizielle Studien zur „Apherese“ und Long-Covid gibt es bislang leider nicht, obgleich sie manchmal durchaus zur Anwendung kommen kann, sofern alle anderen Maßnahmen fehlschlugen und sie durch ein medizinisches Fachgremium beschlossen wurde. Bei Einzelpersonen zeigten sich durchaus Erfolge, wenn das Corona-Spike-Protein durch die Behandlung aus dem Blut gefiltert, oder auch jene Antikörper, die sich negativ auf Gehirn und Gefäße auswirken, entfernt wurden. Die höhere Infektionsgefahr, da man natürlich auch die positiven Antikörper vernichtet, nimmt man in Kauf, wenn es dem Patienten besser geht.
Warum es hierzu bislang zu keiner Studie kam, ist einfach erklärt: Die Ressourcen sind kaum gegeben, da das Verfahren – wie bereits oben erwähnt – irrsinnig aufwendig ist und den Etat an jahrelang geschultem Pflegepersonal sprengen würde. Auch der Faktor Zeit (drei bis vier Stunden pro Behandlung) wenn große Krankenhäuser mit den notwendigen Maschinen aus dem letzten Loch pfeifen, spielt eine maßgebliche Rolle.
"Selbst wenn man 'nur' mit einer kleinen Gruppe von 50 Personen begänne, würden durch die maschinelle Abhängigkeit auch die „Placebo“-Probanden unfassbar hohe Kosten verschlingen und nicht zu vergessen, hochwertigstes Pflegepersonal beanspruchen, das wir de facto einfach nicht haben", erklärt Bond, der allerdings sofort bereit wäre, bei einer Studie unterstützend mitzuwirken.
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Ein einzelner Erfolg zählt nicht
Falls die Behandlung der „Apherese“ bei einem Long-Covid Patienten eine positive Wirkung gezeigt hat, heißt das leider in der Medizin gar nichts. Man sollte auch davon absehen, dubiose Angebote anzunehmen und die Behandlung privat zu „erkaufen“. Medizin darf und soll kein Luxusgut sein und wenn Fachärzte aus dem Bereich der Neurologie, Hämatologie etc. zu dem Entschluss kommen, dass eine Therapie mit „Apherese“ Wirkung zeigen könnte, so wird sie dieser Patient auch erhalten.