Spiele-Test

"Bloomtown" ist so kindlich absurd wie fantastisch

"Bloomtown: A Different Story" liefert uns endlich wieder richtig tollen JRPG-Stoff. Es spielt sich wie ein "Persona"-Game, aber mit eigenem Charme.

Rene Findenig
"Bloomtown" ist so kindlich absurd wie fantastisch
"Bloomtown: A Different Story" liefert uns endlich wieder richtig tollen JRPG-Stoff.
Lazy Bear Games

Richtig niedliche Grafik, bunte Comic-Optik, komprimierte Erzählung – und dennoch spielt sich "Bloomtown: A Different Story" wie eines der düsteren "Persona"-Games. Übrigens auch ebenso gut. Der neue Titel der Entwickler Lazy Bear Games und Different Sense Games sowie des Publishers Twin Sails Interactive bezeichnet sich selbst als "Dämonen-Americana-JRPG", erleben darf man das auf PC, Nintendo Switch, PlayStation 4 und 5 sowie Xbox One oder Xbox Series X|S. Hunderte Stunden wie in ein "Persona"-Game kann man in "Bloomtown" zwar nicht stecken, dafür bekommt man eine spannende Erzählung ohne Handlungs-Durchhänger serviert.

Das titelgebende "Bloomtown" ist hier ein eigentlich ruhiger, amerikanischer Vorort, der ganz nach Stephen-King-Manier ein düsteres Geheimnis hütet. Erst verschwinden nach und nach Kinder aus dem Ort, dann kommt es zu dämonischen Vorfällen, die auf etwas Böses unterhalb des Ortes hindeuten. Keine Sorge, es handelt sich bei "Bloomtown" nicht um eine billige Kopie des Meisterwerks "Es", zeigt aber einige Parallelen, ebenso wie zur Kult-Serie "Stranger Things". Und wie in den Film- und Serien-Fällen sind es auch hier junge Protagonisten, die eingreifen.

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    Richtig niedliche Grafik, bunte Comic-Optik, komprimierte Erzählung – und dennoch spielt sich "Bloomtown: A Different Story" wie eines der düsteren "Persona"-Games.
    Richtig niedliche Grafik, bunte Comic-Optik, komprimierte Erzählung – und dennoch spielt sich "Bloomtown: A Different Story" wie eines der düsteren "Persona"-Games.
    Lazy Bear Games

    Ein Deal mit dem Teufel, dann sind die Dämonen los

    Spieler steuern fortan das Mädchen Emiliy, das mit ihrem Bruder Chester in den Sommerferien nach "Bloomtown" reist, weil im weit entfernten Chicago eine Trennung der Eltern läuft. Doch auch in der neuen Umgebung haben viele Figuren keine Lust auf das Geschwister-Paar, allen voran der Großvater, der die Heranwachsenden eigentlich im Auge haben sollte. Ganz im "Persona"-Stil gibt es deshalb ein zweigeteiltes Gameplay: Einerseits soll man tagsüber den Haushalt in Schuss halten, nachts sollte man dagegen eigentlich daheim im Bettchen bleiben. Eigentlich, denn natürlich halten sich Emily und ihr Bruder nicht daran und stolpern ins Unglück.

    Einen teuflischen Deal später wurde unserer Protagonistin die Fähigkeit verliehen, Dämonen zu bändigen und zu kombinieren, um sich eine Kampf-Gruppe gegen die Unterwelt auf die Beine zu stellen. Erinnert ziemlich stark an "Persona" oder eine bizarre "Pokémon"-Version und hat sich auch einige Details sehr, sehr wiedererkennbar kopiert, verfügt aber dennoch über einen eigenen Charme und eine einzigartige Identität. So täuscht die bunte, herzerwärmende Pixel-Optik gewaltig, denn es geht nicht nur um das dämonische, sondern auch menschliche Böse in Form von Mord, Entführung und Vernachlässigung. Harter Stoff, trotz kindlicher Protagonisten.

    Es bietet alles, was sich ein Kind ausdenken könnte

    Der Kontrast könnte aber auch bei den Dialogen nicht größer sein: Auf der einen Seite sollen Dämonen bekämpft werden, auf der anderen fallen immer wieder absurd witzige Sätze, etwa wenn die Kinder einen blutrünstigen Feind fragen, warum er nicht lieber mit ihnen spielen als sie bekämpfen will. Und geht es zur Erkundung der Stadt und in den Kampf in der Unterwelt, wird es dann endgültig absurd, denn mit einem sprechenden Hund als Begleiter und Waffen vom rasiermesserscharfen Salatblatt bis zum Mecha-Dinosaurier oder adrett gekleideten Werwolf gibt es in "Bloomtown: A Different Story" alles, das sich ein Kind so ausdenken könnte.

    Was alles nicht heißt, dass das Gameplay nicht anspruchsvoll sein kann. Anfangs wird man gemächlich in die wichtigsten Mechaniken und System des Titels eingeführt, doch dann geht es schnell darum, Synergien bei der Zusammensetzung der eigenen Dämonen-Truppe zu finden und zu nutzen sowie in überraschend herausfordernden, aber immer fairen Dungeons zu überleben. Ganz klassisch Rollenspiel zeigen sich die Kämpfe, die rundenbasiert ablaufen und in denen man nacheinander die Attacken und Fähigkeiten der Gruppenmitglieder aktivieren darf. Angreifen, verteidigen, heilen, all das kennt man von so gut wie jedem anderen Rollenspiel

    Unzählige Möglichkeiten, aber auch einige Frustmomente

    Komplexer als viele Kollegen nutzt "Bloomtown" aber ein Kombo-System, das man anfangs so gar nicht im Blick hat, sobald es aber auffällt, vollkommen logisch ist. So richtet Wasser und Eis etwa mehr Schaden an, wenn man direkt davor oder danach einen Feuer-Angriff folgen lässt oder verwirrte und gelähmte Feinde haben natürlich keine Chance, dem nächsten Angriff zu entkommen. Dadurch, dass geschwächte Kreaturen nicht nur besiegt, sondern auch eingefangen und gezähmt werden können, kann man sich stetigen Nachschub an Kämpfern besorgen. Und: Durch Verschmelzungen lassen sich ihre Statuswerte immens aufwerten.

    So beeindruckend das Zusammenstellen eines Dämonenrudels auch ist und so viele Möglichkeiten das Verschmelzungssystem bietet, ist aber "Bloomtown" nicht vor einigen Frustmomenten gefeit. Die größten ergeben sich wohl aus dem nicht optimalen Speicher-System. Dieses kann dafür sorgen, dass man immer wieder in einem knallharten Kampf landet, den man zuvor abbrechen wollte, weil man nicht gut genug dafür gerüstet war. Statt vor dem Kampf weiterspielen zu können, landet man aber oft wieder direkt im Kampf uns muss sich irgendwie durchbeißen. Außerdem können Kämpfe zu minutenlangen Marathons ausarten.

    Bunter Alltag als willkommene Abwechslung zu Kämpfen

    Letzterer Punkt gilt vor allem für Bosskämpfe, die einerseits an sich schon sehr lange dauern, andererseits unnötig in die Länge gezogen werden, wenn der Feind Verwirrungs-Fähigkeiten im Dauerfeuer aktiviert. Da setzt man dann ungewollt gleich mehrere Runden aus – und will man endlich loslegen, sind plötzlich wieder alle Gruppenmitglieder gelähmt. Kurioserweise spielen sich auch die Bosskämpfe oft weit unspektakulärer als die Begegnungen mit normalen Feinden, denn die Obermacker sind nicht selten gegen alle Effekte und Elemente immun und müssen rein dadurch besiegt werden, genug Schaden auszuteilen und nicht selbst in die Knie zu gehen.

    Etwas mehr Balance hätte auch das Wertesystem verdient, denn selbst wenn bestimmte Fähigkeiten und Attacken so verstärkt wurden, dass sie mit Sicherheit treffen müssten, gehen sie auffällig oft am Ziel vorbei. Neben dem Kampf erinnert aber auch die zweite Gameplay-Hälfte sehr an die "Persona"-Spiele: Tagsüber soll man das Zuhause in Schuss halten und den Bewohnern der Stadt bei ganz alltäglichen Aufgaben wie dem Fegen eines Ladens, dem Zustellen von Paketen an die Bürger oder der Ernte auf dem Feld helfen. Wiederum herrlich kindlich gelöst: Emily träumt sich bei den Aufgaben die wildesten Räubermärchen zusammen.

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    "Bloomtown" ist so kindlich absurd wie fantastisch

    Was richtig, richtig schade ist: Die Musik ist herrlich atmosphärisch, aber Sprachausgabe gibt es keine, die Dialoge müssen als Text gelesen werden. Auch auf Video-Zwischensequenzen verzichtet man komplett, alle Geschehnisse spielen sich fließend in der Pixeloptik mitten im Gameplay ab. Dazu kommt eine überraschend detaillierte Spielwelt, in der das Dorf von Dutzenden Figuren bevölkert und mit ebenso vielen Gebäuden und Grundstücken versehen ist. Da gibt es dann auch an jeder Ecke etwas zu entdecken oder zu erledigen. Die Aufgaben sind witzig und abwechslungsreich, Langeweile kommt im 20 bis 25 Stunden langen Spiel nicht auf.

    "Bloomtown: A Different Story" ist eine Rollenspiel-Perle mit einem ganz eigenen Charme. Zwar erinnern Kampf, Ablauf, Dämonenverschmelzungen und Aufgaben deutlich an die "Persona"-Reihe, dennoch hat der Titel einen ganz eigenen, im positivsten Sinne kindlich-bizarren Charme. Das Spiel kommt mit ein paar Ärgernissen, aber ohne große Fehler daher, Updates könnten da noch für Feinschliff sorgen. "Bloomtown" ist so kindlich absurd wie fantastisch: Wer JRPGs und vor allem die "Persona"-Games mag oder schon mal einen "Es"/"Stranger Things"-Mix in Spieleform erleben wollte, sollte "Bloomtown: A Different Story" unbedingt eine Chance geben.

    Auf den Punkt gebracht

    • "Bloomtown: A Different Story" ist ein charmantes JRPG, das sich wie ein "Persona"-Spiel anfühlt, jedoch mit einer einzigartigen, kindlich-bizarren Note und einer düsteren Erzählung à la Stephen King
    • Trotz einiger Frustmomente und fehlender Sprachausgabe bietet das Spiel eine atmosphärische, abwechslungsreiche Erfahrung mit rundenbasierten Kämpfen und einem interessanten Dämonen-Kombo-System
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