Brief von "Zupf di"
Blinder Wiener (28) soll 399 Euro Parkstrafe zahlen
Armend S. war zwar nicht der Fahrer, doch der blinde Wiener erhielt von "Zupf di" eine Strafe, weil sein Auto drei Minuten bei einer Einfahrt stand.
Das "Geschäftsmodell" von "Zupf di" ist einfach: Wird ein Privatparkplatz verstellt oder eine Zufahrt blockiert, können Betroffene die Fälle bei der Firma melden. Anschließend wird von "Zupf di" eine Besitzstörungsklage verschickt, 399 Euro verlangt. Dieser Betrag wird dann aufgeteilt – die Melder erhalten bis zu 200 Euro, der Rest geht an "Zupf di". "Heute" berichtete bereits mehrfach über diese Vorgehensweise.
"Zupf di"-Fälle
Wird eine Garageneinfahrt oder ein Parkplatz "blockiert", erhält der Pkw-Lenker eine Besitzstörungsklage und soll 399 Euro Strafe zahlen. Die eine Hälfte geht an "Zupf di", die andere an den Melder.
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Nun traf es kurioserweise einen fast Blinden: Armend S. (28) – er kann lediglich Licht wahrnehmen – flatterte Anfang Februar eine Besitzstörungsklage von "Zupf di" ins Haus. Ein Bekannter hatte am Silvesterabend 2023 mit dem auf den Wiener zugelassenen Jeep neben einer Einfahrt in der Schelleingasse 17 (Wieden) geparkt.
„Mein Bekannter ist nur kurz zum Bankomaten und hat Geld abgehoben. Das Ganze hat vielleicht drei Minuten gedauert“
"Er ist nur kurz zum Bankomaten und hat Geld abgehoben. Das Ganze hat vielleicht drei Minuten gedauert. Ich bin währenddessen im Auto geblieben, Lichter und Warnblinkanlage waren an", so der Softwareentwickler zu "Heute".
Dem Einschreiben von "Zupf di" war zudem als Drohung bei Nichtbezahlung ein Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt beigelegt: Darin wurde ein Pkw-Besitzer, der vor der Schelleingasse 17 geparkt hatte, zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.564 Euro verurteilt.
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Wiener zahlt 399 Euro nicht
Auch ein Foto von Armends Auto wurde als Beweis für die "Besitzstörung" hinzugefügt: "Eine Dame hat offenbar direkt vor dem Auto gestanden und mich fotografiert – ich konnte sie natürlich nicht sehen. Sie hätte einfach mit mir sprechen können, dann wären wir weggefahren", erklärt der 28-Jährige.
Obwohl "Zupf di" mit einer Klage gedroht hat, wird der Wiener die 399 Euro nicht zahlen: "Ich lasse es auf eine Klage ankommen." Ob es dazu kommen wird, ist fraglich. Denn, wie "Heute" berichtete, wurde der dubiosen Geschäftspraxis von "Zupf di" durch ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) ein Riegel vorgeschoben.
Parkplatz-Abzockfallen in und um Wien
Zupf di:
1040, Schelleingasse 17
1140, Lützowgasse 14a
Vösendorf, Am Teich
PV22, D22:
1010, Wiesinger Straße/Stubenring
1210, Prager Straße
1220, Franz-Eduard-Matras-Gasse
1220, Walter-Zeman-Gasse
1220, Breitenleer Straße
VKI klagte wegen illegaler Klauseln
Die sogenannten Besitzstörungsklagen dürfen nur über Anwälte erfolgen (die "Zupf di" nicht hat). Das Unternehmen kündigte daraufhin per Aussendung an, man habe "Partneranwälte ins Boot geholt, die ab sofort für unsere Kunden gegenüber Besitzstörern einschreiten."
Aber auch der Verein für Konsumenteninformation (VKI) klagte die Fumy GmbH, welche die Website "zupfdi.at" betreibt, wegen der Verwendung von sechs rechts- und sittenwidriger Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Verwendung von drei Klauseln, darunter die "Provision" von 50 Prozent für den Gestörten und die "Bearbeitungspauschale" in der Höhe von 200 Euro, wurden rechtskräftig untersagt.
„Ich hätte gerne das Gesicht des Richters gesehen, wenn ein Blinder den Verhandlungssaal betritt“
Dass es im Fall von Armend S. noch zu einer Klage kommt, hält dieser für unwahrscheinlich: "Ich habe bis jetzt nichts dazu bekommen, die Frist ist zudem verstrichen. Es ist eigentlich schade, denn ich hätte gerne das Gesicht des Richters gesehen, wenn ein Blinder den Verhandlungssaal betritt", meint der 28-Jährige ironisch.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Ein fast blinder Wiener wurde von der Firma "Zupf di" mit einer Strafzahlung von 399 Euro belegt, weil sein Auto drei Minuten lang neben einer Einfahrt geparkt hatte
- Das Unternehmen zahlt bis zu 200 Euro an die Melder von Parkverstößen und behält den Rest als Gebühr
- Obwohl "Zupf di" mit einer Klage drohte, wird der Betroffene die Strafe nicht zahlen, da die Vorgehensweise des Unternehmens laut einem Urteil des Obersten Gerichtshofs rechtswidrig ist