Wien

Billige Kleidung muss nicht automatisch schlecht sein!

Inflation und Teuerung lassen immer mehr Wiener zu Billigkleidung greifen. Profis erklären, wie man sich mit wenig Geld hochwertig kleidet.

Wien Heute
Martin Sturm vom Herrenausstatter "Sturm" am Parkring (City) zeigt, worauf es ankommt.
Martin Sturm vom Herrenausstatter "Sturm" am Parkring (City) zeigt, worauf es ankommt.
Helmut Graf

"Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen Preis und Qualität. Wenn Produkte nachhaltig sind und ordentlich produziert werden, sind sie automatisch teurer. Aber es gibt Grauzonen", so Veronika L. Sie arbeitet seit vielen Jahren in der Textilbranche und führt seit einem halben Jahrzehnt auch eine eigene Bekleidungs-Boutique in Wien-Döbling.

Aufgefallen ist ihr, dass das Thema Transparenz seit zwei, drei Jahren extrem an Bedeutung gewonnen hat. Kunden wollen jetzt wissen, wo die Ziege steht, von der die Wolle ihres neuen Pullis kommt. Großhändler werben neuerdings mit ihren Öko-Zertifikaten und der Rückverfolgbarkeit ihrer Materialien. Vor wenigen Jahren war das überhaupt nicht relevant, erinnert sie sich. "Seit Greta Thunberg hat sich das sehr stark geändert", so Veronika L.

"Billig ist nicht automatisch schlecht!"

Was genau macht denn ein hochwertiges Kleidungsstück aus? "Die saubere Verarbeitung, die Herkunft der Materialien, die Arbeitsbedingungen in der Herstellung, die Zertifizierung". Und wenn ich ein T-Shirt für 200 Euro kaufe, bildet das den Wert realistisch ab? Habe ich dann ein garantiert hochwertiges Produkt? "Nein. Das ist dann einfach ein sehr teures T-Shirt, bei dem man einen Großteil für das Image der Marke bezahlt – den Sachwert des Shirts bildet der Preis in diesem Fall nicht ab", weiß die Expertin. Und: "Billig ist nicht automatisch schlecht". Aber ein Preis um 50 Euro sei für ein nachhaltig, fair und sauber genähtes T-Shirt angemessen.

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    Helmut Graf
    Helmut Graf
    Im Jacket lassen sich Innen- und Außenstoff auseinander ziehen – bei billigen Anzügen sind die beiden Stoffe zusammengeklebt.

    Qualität spürt man

    Martin Sturm (40) ist seit 20 Jahren Herrenausstatter am Parkring 2 in der Wiener City. "Es gibt einfache Merkmale ein gutes Kleidungsstück zu erkennen: Es ist aus einer Naturfaser, hat eine gute Schnittführung, eine hochwertige italienische Schurwolle mit einem gewissen Gewicht, exakt geführte Nähte und es hat keine Plastikknöpfe – kurz, je mehr Zeit und hochwertiges Material in die einzelnen Arbeitsschritte investiert wurde, umso besser". Und: "Qualität spürt man einfach".

    Sturm selbst trägt am liebsten Anzug, "weil es das einfachste Kleidungsstück ist". Wer lieber Casual trägt, könne sich auch mit wenig Geld ein schönes und hochwertiges Kleidungsstück kaufen.

    Schnell und billig sollte nicht die erste Wahl sein

    Und wie viel muss man nun für einen wirklich guten Anzug hinlegen? "Mindestens 300 Euro." Bei Anzügen unterhalb dieser Grenze müsse man in der Herstellung einfach zu viele Kompromisse machen – beim Stoff, bei der Exaktheit der Arbeitsschritte, bei Details wie den Knöpfen, bei der Schnittführung. Und das gilt auch für alle anderen Kleidungsstücke. Schnell und billig sollte nicht die erste Wahl sein.

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