Klimaschutz

Bilder aus dem Weltall – Europas Wasser wird knapp

Europa wird aufgrund der Klimakrise immer trockener. Wasservermessungen aus dem Weltall zeigen gravierenden Grundwassermangel auf.

Lydia Matzka-Saboi
Grafische Darstellung der Grundwasserknappheit in Europa.
Grafische Darstellung der Grundwasserknappheit in Europa.
Kvas/TU Graz

Ausgetrocknete Flussbette, trockene Böden, Wasser- und Atomkraftwerke ohne ausreichend Wasser - europaweit ist seit Jahren weniger Wasser vorhanden als notwendig. Auf dem gesamten Kontinent ist der Grundwasserspiegel seit 2018 konstant niedrig, auch wenn Extremwetterereignisse mit Überschwemmungen zeitweilig ein anderes Bild vermitteln. Dies belegen Satellitendaten, die am Institut für Geodäsie der TU Graz ausgewertet werden.

Extremwettereignisse mit Starkregen und Überschwemmungen mögen oftmals einen anderen Eindruck hinterlassen, zwei Satelliten bestätigen hingegen, wie sich das Grundwasser in Europa auf niedrigem Niveau bewegt.

Die Zwillingssatelliten umrunden seit 2002 den Erdball in knapp 490 Kilometern Höhe rund 15 Mal am Tag. An ihrer Datenauswertung sind im Rahmen eines EU-Projekts auch Wissenschafter der TU Graz beteiligt.

"Wir kriegen hier tatsächlich Probleme mit der Wasserversorgung, da müssen wir uns Gedanken machen", fasste Torsten Mayer-Gürr vom Institut für Geodäsie an der TU Graz die bisherigen Auswertungen zusammen. Der Forscher leitet die Arbeitsgruppe Theoretische Geodäsie und Satellitengeodäsie an der TU und beschäftigt sich mit großräumigen Veränderungen auf der Erde, insbesondere im Rahmen des Klimawandels.

Grafische Darstellung der Grace Follow-on Satelliten Tom und Jerry.
Grafische Darstellung der Grace Follow-on Satelliten Tom und Jerry.
NASA/JPL-Caltech

Satellitengravimetrie

Für die Grundwasservermessung aus dem Weltall jagen die beiden Satelliten laut TU mit einer Geschwindigkeit von 30.000 km/h in einem Abstand von rund 200 Kilometern zueinander um den Globus. Aus der Veränderung ihres Abstandes können die Wissenschafter Rückschlüsse auf die globalen Grundwasservorkommen ziehen. Wichtig dabei ist, wie sich im Flug ihr Abstand ändert.

Überfliegt nämlich ein Satellit eine Region mit erhöhter Schwerkraft, wird er leicht angezogen und der Abstand zum anderen Satelliten vergrößert sich. Die Alpen üben beispielsweise eine höhere Anziehungskraft aus als die ungarische Tiefebene. Lässt der Satellit die massereiche Region hinter sich, verlangsamt er sich. Aus den gewonnenen Daten können globale Schwerefeldkarten erzeugt werden.

Räumliche und zeitliche Masseverlagerungen - wie sie beispielsweise durch den Verlust von Eismasse gegeben ist - manifestieren sich in räumlichen und zeitlichen Schwere-Schwankungen: So machen sich Eismassenveränderungen in Grönland und der Antarktis auch im Schwerefeld der Erde deutlich bemerkbar.

Geodäsie-Experten und Hydrologen können mittels der sogenannten Satellitengravimetrie nicht nur Rückschlüsse auf das Wachsen und Schmelzen von Gletschern, Masseveränderungen von Flüssen und Seen, sondern auch das unterirdische Wasservorkommen ziehen. Wenn beispielsweise in Indien der Monsun einsetzt, steigt der Grundwasserspiegel an - und damit die Masse - wie sich an den Bewegungen der Satelliten erkennen lässt.

Wassersituation in Europa heikel

Die Satellitendaten zeigen, dass seit 2002 in Europa die Grundwasserpegel konstant niedrig geblieben sind. Vor allem die Jahre 2018 und 2019 wiesen einen eklatanten Grundwassermangel auf.

Dass die Wassersituation in Europa mittlerweile so heikel geworden ist, hat sich Mayer-Gürr nicht erwartet: "Ich hätte mir vor ein paar Jahren nicht gedacht, dass Wasser in Europa einmal ein Problem sein könnte, vor allem in Deutschland und Österreich." Laut TU soll die Forschung mithilfe einer geplanten ESA-NASA-Mission fortgesetzt werden. Bei der Datenauswertung wird die TU Graz wieder mit an Bord sein.

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