Österreich
Behinderter kann nicht reden, Kasse zahlt Gerät nicht
Markus B. ist seit seiner Geburt zu 100 % behindert. Der 48-Jährige kann nicht sprechen, benötigt ein Gerät zur Augensteuerung.
Wegen eines Ärztefehlers erlitt Markus B. bei seiner Geburt am 18. Jänner 1974 einen Sauerstoffmangel und in der Folge eine spastische Tetraplegie (komplette Lähmung aller vier Extremitäten, Anm.). Der heute 48-jährige Grazer ist zu 100 % behindert und konnte nie die verbale Kommunikation erlernen.
Trotz Pflegestufe 7 ist der intelligente Steirer, der im Rollstuhl sitzt, sehr mitteilsam: "Im Moment schreibt er etwa SMS auf seinem alten Nokia-Handy, deutet auf Piktogramme, schreibt Buchstaben in die Luft oder stößt einfache Laute aus. Da die Spastik (Verkrampfungen, Anm.) aber rasch voran schreitet, wird dies in absehbarer Zeit nicht mehr möglich sein", so sein Erwachsenenvertreter, Johannes Rosenberger, zu "Heute".
Nur Gerät für Augensteuerung kommt in Frage
Hinzu kommt, dass diese Art der Kommunikation sehr viel Zeit und Geduld erfordert: "Auch Alternativen wie Tablets und Co. wurden alle ausprobiert, Markus B. ist jedoch aufgrund seiner Einschränkung dazu nicht in der Lage", meint Rosenberger. Mit Tobii, einem Gerät zur Augensteuerung, wurde schließlich die Lösung gefunden.
Doch die ÖGK übernimmt nur einen geringen Teil der Gesamtkosten in Höhe von 17.283,60 Euro (inklusive Rollstuhl-Halterung, Touchpad und Keyboard). Da Markus B. nur Pflegegeld bezieht, welches für seine Betreuung eingesetzt wird, ist er auf die Finanzierung durch Spenden und Vereine angewiesen. So greifen das Referat für Behindertenhilfe sowie der freiwillige Unterstützungsfonds der Diakonie dem 48-Jährigen finanziell unter die Arme. Trotzdem ist das Gerät noch nicht ausfinanziert.
„"Markus B. ist ein lebensfroher Mensch, der im Hier und Jetzt lebt. Eine Kommunikationsmöglichkeit ist für ihn besonders wichtig" - Erwachsenenvertreter Johannes Rosenberger“
"Markus B. ist ein lebensfroher Mensch, der im Hier und Jetzt lebt. Er ist sehr aktiv und sozial gut verankert, geht etwa sehr gerne mit Freunden und persönlichen Assistenten in der Grazer Innenstadt etwas trinken oder essen oder besucht Veranstaltungen. Eine Kommunikationsmöglichkeit ist für ihn besonders wichtig und würde bei Entfall zu einer massiven Einschränkung seines Lebens führen", erklärt Rosenberger.
Seit 12 Jahren bietet die Diakonie mit "LIFEtool" Menschen mit Behinderung Beratung zu Assistierenden Technologien und ihrer Finanzierung an. Laut Diakonie sind etwa 63.000 Personen in Österreich in ihrer Kommunikation eingeschränkt und verwenden daher Hilfsmittel wie eine Augensteuerung für den PC, ein Tablet oder eine Mundmaus. Doch die Versorgung mit Hilfsmitteln ist kompliziert, unübersichtlich und langwierig, die Finanzierung mangelhaft.
Diakonie fordert Recht auf Assistenz-Technologien
"Allen Menschen muss es möglich sein, miteinander zu kommunizieren. Die technischen Hilfsmittel dafür sind für unser Gesundheitssystem leistbar. Sie für alle Betroffenen zur Verfügung zu stellen, würde keine Budgets sprengen. Für jede einzelne betroffene Person und ihre Angehörigen würde es aber einen großen Unterschied machen", meint Diakonie Direktorin Maria Katharina Moser.
Wer Markus B. unterstützen möchte: Mail an [email protected]