Vater wütend

Behinderter erhält für Arbeit nur 100 Euro Taschengeld

Samuel arbeitet in einer Einrichtung für Beeinträchtigte, erhält dafür rund 100 Euro Taschengeld. Sein Vater Michael fordert Lohn für seinen Sohn.
Christine Ziechert
07.02.2025, 07:00

Laut UN-Behindertenrechtskonvention haben Menschen mit Behinderung das Recht auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben – zumindest in der Theorie. Denn die Praxis sieht in Österreich oft ganz anders aus.

Viele Menschen mit geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen werden in sozialen Einrichtungen wie Tagesstätten betreut – dort werden oft in Handarbeit Dinge hergestellt, die später verkauft werden. Für ihre Arbeit erhalten die dort Beschäftigten allerdings keinen Lohn, sondern ein monatliches "Taschengeld".

100 Euro Taschengeld pro Monat

Auch der 21-jährige Sohn von Michael E. (Name geändert) ist davon betroffen. Samuel ist geistig stark beeinträchtigt, arbeitet täglich in einer Tageswerkstätte in Meidling: "Er stellt dort Kleinigkeiten her – zum Beispiel vor Weihnachten EngerIn mit Watte –, die dann verkauft werden. Ich bin so froh, dass er dort einer Beschäftigung nachgehen kann und gleichzeitig betreut wird", berichtet sein 48-jähriger Vater.

Für seine Tätigkeit erhält der 21-Jährige rund 100 Euro monatlich an Taschengeld: "Ich wünsche mir Lohn statt Taschengeld oder eine Mindestsicherung für behinderte Menschen ab 18 Jahren, sodass auch Österreichern, die in der gleichen Lage sind, geholfen wird. Damit wird auch die Selbstständigkeit von behinderten Menschen gestärkt", fordert der 48-Jährige.

„Ich muss meinem Sohn jeden Monat 800 Euro zahlen, bis an mein Lebensende – das finde ich nicht gerecht“
Michael E.Vater von Samuel

Samuel stammt aus der ersten Ehe von Michael E.: "Es waren schwere Zeiten, und es gab viele Herausforderungen, unseren Sohn großzuziehen. Die Belastung war so groß, dass wir uns schließlich getrennt haben."

Mittlerweile hat der gebürtige Wiener eine neue Frau und vier Kinder (14, 12, 7 und 1 Jahr alt): "Ich muss Samuel jeden Monat 800 Euro Alimente zahlen, meine Ex-Frau weitere 400 Euro. Diese Zahlung muss ich bis an mein Lebensende leisten – das finde ich nicht gerecht. Meine neue Familie leidet darunter, da uns fast kein Geld zum Leben bleibt. Wir mussten daher auch aus Wien wegziehen", erklärt der 48-Jährige.

„Menschen mit Behinderung müssen 'Lohn statt Taschengeld' bekommen. Sonst bleiben sie ein Leben lang abhängig von ihren Eltern“
Bernhard AchitzVolksanwalt

Besonders verärgert ist der Wahl-Niederösterreicher über die "alte" Regierung: "Trotz der Versprechen hat sie es in fünf Jahren nicht geschafft, eine Mindestsicherung oder Lohn statt Taschengeld gesetzlich zu regeln. Als Österreicher, der brav Steuern zahlt, muss ich mit ansehen, wie andere von meinem Steuergeld fast alles bezahlt kommen. Ich hoffe, die neue Regierung wird sich dieser Ungerechtigkeit annehmen", appelliert Michael E. an die blau-türkise Koalition.

Auch die Volksanwaltschaft weist seit Jahren auf den Missstand hin: "Leider einer von vielen Fällen, die zeigen: Menschen mit Behinderung müssen 'Lohn statt Taschengeld' bekommen. Sonst bleiben sie ein Leben lang abhängig von ihren Eltern. Auch in die Pensionsversicherung müssen sie einbezogen werden, damit die Abhängigkeit nicht lebenslang dauert", meint Volksanwalt Bernhard Achitz auf "Heute"-Anfrage.

Problem ist seit Jahren bekannt

"Die Volksanwaltschaft hat 2019 in einem Sonderbericht auf das Problem hingewiesen. Seitdem wurde viel diskutiert, ein bisschen was wurde auch umgesetzt, etwa bei der Einteilung in arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig. Jetzt liegt es an den Ländern und der nächsten Bundesregierung, 'Lohn statt Taschengeld' umzusetzen", so Achitz abschließend.

{title && {title} } cz, {title && {title} } Akt. 07.02.2025, 09:54, 07.02.2025, 07:00
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