"Schlägt voll zu"

Bauern-Vertreter macht klare Klimawandel-Ansage

Extremwetter wird zur Regel und drückt auf Erträge. So stemmt sich jetzt die steirische Landwirtschaft gegen die Auswirkungen des Klimawandels.

Newsdesk Heute
Bauern-Vertreter macht klare Klimawandel-Ansage
Hier ist eigentlich ein Mais-Feld. Dauerregen setzte heuer im Frühjahr und Frühsommer der Landwirtschaft in der Steiermark heftig zu. Aufgenommen am 9. Juni 2023.
ÖHV / picturedesk.com

"Winter viel zu warm, Frühjahr viel zu kalt und dazu anhaltender Dauerregen" – mit diesem einen Satz beschreibt der Landwirtschaftskammer Steiermark-Präsident Franz Titschenbacher in einer Presseaussendung die Misere, vor der die heimischen Bauern dieses Jahr gestanden sind. Der "Klimawandel schlägt voll zu und schreitet rasanter voran als angenommen", beklagt die Landwirtschaftskammer: "Extremwetter wird zur Regel und drückt auf Erträge."

"Noch nie" seien die heimischen Bauern mit derart lange anhaltenden Niederschlagsphasen konfrontiert gewesen wie heuer. Im Großraum Bad Radkersburg hätten sich die anhaltenden Niederschläge über die Monate April, Mai, Juni und Juli gezogen – es sei mehr als die doppelte Niederschlagsmenge des langjährigen Schnitts vom Himmel gekommen. Im Raum Fürstenfeld sei es im April und Mai um 70 Prozent mehr Regen gewesen.

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    Die Hagel-Schäden am Freitag sind enorm.
    Die Hagel-Schäden am Freitag sind enorm.
    ÖHV

    "Noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht"

    "In den Hauptackerbauregionen konnten folglich die Äcker vielfach nicht befahren werden, eiskalter Regen beeinträchtigte Aufgang und Wachstum der Kulturen, vielfach müsste kostenintensiv nachgesät werden oder die Kulturen wurden teuer neu angebaut", gibt Titschenbacher Einblick in die sehr schwierige Anbau- und Vegetationszeit im gesamten Frühjahr. Im Schnitt sei es im Winter um rund 4 Grad Celsius zu warm sowie im April und Mai um rund 2 Grad Celsius zu kalt gewesen.

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      Schäden in Landwirtschaft durch Unwetter am 12. und 13. Juli 2023: Im Bild Hagel in Oberösterreich.
      Schäden in Landwirtschaft durch Unwetter am 12. und 13. Juli 2023: Im Bild Hagel in Oberösterreich.
      Österreichische Hagelversicherung

      Auch die Zahlen der Österreichischen Hagelversicherung bescheinigen diese Problematik: "2.538 Überschwemmungsmeldungen haben ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht." Der Gesamtschaden durch Wetterkapriolen lag 2023 in der Steiermark bei 39 Millionen Euro, wovon 23 Millionen durch Frost (Obst) und 16 Millionen durch Hagel entstanden sind.

      Bauern steuern gegen

      Die heimischen Landwirte stemmen sich mit aller Kraft gegen die veränderte Witterung. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei der Boden ein. Hier sind die steirischen Bäuerinnen und Bauern auf einem guten Weg, die Widerstandskraft der Böden gegen Niederschläge zu verbessern", betont Kammerpräsident Titschenbacher und verweist auf das eigens eingerichtete Kompetenzzentrum für Acker, Humus und Erosionsschutz.

      "Mehr Humus am Acker schützt Pflanzen und Böden vor Regen und Trockenheit, unterstützt die Bodenfruchtbarkeit und verhindert Abschwemmungen von wertvollsten, obersten Bodenschichten, Erosionen sowie Erdanlandungen auf Straßen."

      Abgestufte Wiesennutzung

      Dazu kommt noch eine Umstellung auf ständige Begrünung der Felder – auch im Winter – , was ebenfalls der Humusbildung zuträglich ist.  Und: mit stark Eiweiß-haltigen Aussaaten für die Futtermittelproduktion könnten steirische Grünlandbauern die internationale Abhängigkeit reduzieren und damit auch zum Klimaschutz beitragen. 

      Seit 2017 läuft das Projekt "Mehr Eiweiß vom Grünland durch abgestufte Wiesennutzung". Kammerdirektor Werner Brugner: "Die Grünlandfachberatung und die Arbeitskreise Milch und Rinder zeigen, dass die Landwirtschaft mit gezielten Weichenstellungen die Eiweißproduktion vom hofeigenen Grünland erhöhen kann." Gleichzeitig werde die Biodiversität erhöht.

      Ein 25-Hektar-Grünlandbetrieb könne laut vorgerechnetem Beispiel der Landwirtschaftskammer durch die abgestufte Wiesennutzung seine Eiweißproduktion um 200 Kilo Rohprotein pro Hektar steigern. Das entspreche einem Eiweißertrag von 14 Tonnen Soja oder durchschnittlich 4 Hektar bestens kultivierte Sojabohnen.

      "Eiweiß für meine Rinder wächst vor der Haustür"

      Andreas Steinegger, Jungbauer auf einem Biomilchbetrieb in Niklasdorf wird wie folgt zitiert: "Das Eiweiß für meine Rinder wächst auf den Wiesen und Weiden vor der Haustür. Den Eiweißanteil auf der Weide und in der Silage habe ich um zehn Prozent gesteigert. Damit mache ich mich von Zukauffutter unabhängiger und spare erhebliche Kosten. Außerdem bleiben die Ackerflächen frei für die Lebensmittelproduktion." Und weiter: "Die Weide im Frühjahr ist für meine Rinder wie eine Delikatesse, weil sie alle Nährstoffe und den notwendigen Eiweißanteil bereithält. Durch regelmäßige Übersaaten mit Klee und saubere Ernteverfahren wird auch unser Silage-Futter für den Winter sehr eiweißreich".

      "Meine Äcker sind das ganze Jahr über mit Pflanzen bedeckt. Nach der Getreide-, Kürbis- sowie Ackerbohnen-Ernte säe ich rasch Begrünungssaatgut, sodass auch im Herbst und Winter die Flächen mit Pflanzen begrünt sind - eine wichtige Nahrung für das vielfältige Bodenleben", sagt Herbert Lebitsch, Ackerbauer und Direktvermarkter aus Altenmarkt. Und weiter: "So wird Humus aufgebaut, der Boden kann bei Dauer- oder Starkregen das Wasser besser aufnehmen, bei Trockenheit die gespeicherte Feuchtigkeit besser den Pflanzen zur Verfügung stellen und die Bodenfruchtbarkeit erhöht sich."

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        Helmut Graf
        red
        Akt.