Sirenen heulen durch die Nacht, Scheinwerfer eines Polizeihubschraubers schneiden durch die Dunkelheit über Meidling. Unten auf der Straße liegt ein blutüberströmter Jugendlicher, niedergestochen im brutalen Revierkampf zwischen Tschetschenen und Afghanen. Es ist kein Einzelfall. Immer wieder kommt es in Wien zu blutigen Auseinandersetzungen, bei denen Messer, Schlagstöcke und sogar Schusswaffen zum Einsatz kommen.
Gleichzeitig treiben andere Jugendbanden mit skrupellosen Einbruchstouren ihr Unwesen. Während Bewohner schlafen, schlagen sie mit Nothämmern Dreiecksscheiben ein, plündern Autos und verschwinden spurlos. Mehr als 1.200 Straftaten gehen bereits auf das Konto einer einzigen Bande.
Eigentlich war die Nordrandsiedlung im 21. Bezirk eine friedliche Wohngegend – bis sie zur Spielwiese einer Jugendbande wurde. Seit Monaten häufen sich die Übergriffe: Müllcontainer brennen lichterloh, Hauswände sind mit Drohungen besprüht, immer wieder kommt es zu Nötigungen älterer Bewohner. Die Täter? Meist strafunmündige Jugendliche, die genau wissen, dass sie nichts zu befürchten haben.
Die Feuerwehr rückt beinahe täglich aus, doch die Angst in der Nachbarschaft wächst. "Wir haben hier nicht einmal mehr Ruhe in der eigenen Wohnung", klagt ein älterer Anwohner. Besonders Familien mit Kindern meiden inzwischen die Spielplätze – zu oft wurde dort schon Vandalismus und Randale beobachtet. Trotz verstärkter Polizeipräsenz bleibt die Frage: Wann eskaliert die Lage?
Wer am Schöpfwerk wohnt, kennt die täglichen Bedrohungen. Hier regieren Jugendbanden mit eiserner Faust. Immer wieder kommt es zu Einbrüchen in Kellerabteile, Bewohner berichten von lauten Auseinandersetzungen mitten in der Nacht. Seit Silvester haben sich die Vorfälle dramatisch vervielfacht – und niemand scheint sie stoppen zu können.
"Das sind Kinder, mit denen kann man nicht mehr reden!", sagt eine verzweifelte Anwohnerin. Die Polizei patrouilliert verstärkt, doch sobald sie den Gemeindebau verlässt, geht es weiter. Besonders nachts eskaliert die Gewalt: brennende Mistkübel, mit Graffiti übersäte Wände, Jugendliche, die in Gruppen durch die Anlage ziehen und wahllos Passanten bedrohen.
Es war ein Sonntagabend, als ein Hubschrauber über Meidling kreiste und die Sirenen von Dutzenden Einsatzwagen die Straßen erfüllten. Minuten zuvor hatte eine Gruppe von vermummten Tschetschenen vier Afghanen mit Messern und Schlagstöcken attackiert. Die Opfer blieben schwer verletzt am Boden zurück, während die Täter flüchteten.
Solche Auseinandersetzungen häufen sich. Bereits im vergangenen Jahr lieferten sich dieselben Gruppen Straßenschlachten in der Brigittenau. Holzlatten, Pfefferspray und sogar Schusswaffen kamen zum Einsatz. Die Polizei spricht von gezielten Vergeltungsaktionen. Wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist, riskiert sein Leben.
Neben den gewalttätigen Gruppen gibt es eine andere, ebenso gefährliche Bedrohung: Wiens kriminellste Jugendbande. Die Täter, 24 teils unmündige Minderjährige im Alter zwischen 12 und 17 Jahren, ziehen mit erschreckender Professionalität durch die Stadt. Ihr Spezialgebiet: Einbrüche. Ihre Methode: Schnell zuschlagen und verschwinden. Ihre Bilanz: Mehr als 1.200 Straftaten in nur einem Jahr.
Allein im Juni und Juli wurden 130 Einbrüche in Floridsdorf, Donaustadt, Liesing und Hernals verübt. Besonders betroffen: Taxis, die immer wieder Ziel der organisierten Diebeszüge werden. Die Täter zerschlagen mit Nothämmern Scheiben, räumen das Innere aus und sind längst über alle Berge, wenn die Besitzer den Schaden bemerken. Trotz verstärkter Ermittlungen bleibt das Problem ungelöst.
Die Wiener Polizei kämpft mit aller Kraft gegen die Eskalation der Jugendkriminalität. Seit Anfang 2024 wurden verstärkte Schwerpunktmaßnahmen eingeleitet. Die neu gegründete Einsatzgruppe Jugendkriminalität (EJK) kontrollierte bereits über 50.000 Personen, 800 Jugendliche wurden angezeigt, 80 vorläufig festgenommen. Die Behörde spricht von einem leichten Rückgang der Delikte.
Doch auf den Straßen spüren viele Wiener wenig von diesem Erfolg. Die Polizei setzt auf verstärkte Präsenz und harte Repression, doch Sozialarbeiter warnen: Wer nichts zu verlieren hat, lässt sich von Strafen nicht abschrecken. "Diese Jugendlichen leben in einer eigenen Welt, in der Gewalt Alltag ist", sagt ein Experte. Die große Frage bleibt: Wie kann man das Problem nachhaltig lösen?
Wien steht vor einer Zerreißprobe. Während viele Anwohner nach härteren Strafen und mehr Polizeipräsenz rufen, warnen Experten, dass Prävention nicht zu kurz kommen darf. Doch die Realität ist klar: Die Jugendbanden haben längst ihre Territorien abgesteckt – und wenn keine effektiven Lösungen gefunden werden, könnte die Gewalt in den kommenden Monaten weiter eskalieren.