Protest gegen "Sauftourismus"

"Balkonsturz-Liga" auf Mallorca sorgt für Aufregung

Ein makabrer "Spaß" mit ernstem Hintergrund: Aus Protest gegen den "Sauftourismus" auf Mallorca haben Einheimische eine "Balkonsturz-Liga" eingeführt.

Nick Wolfinger
"Balkonsturz-Liga" auf Mallorca sorgt für Aufregung
Balkone wie diese hier auf Mallorca verleiten so manchen betrunkenen Touristen zum klettern
Getty Images/iStockphoto

Für manche ist es eine Mutprobe oder pure Selbstüberschätzung, wenn sie vom Balkon in den Hotelpool springen wollen. Andere verlieren einfach das Gleichgewicht, wenn sie versuchen auf einen anderen Balkon zu klettern – oder vom Balkon auf die Straße urinieren. So oder so: Praktisch immer ist jede Menge Alkohol im Spiel, wenn auf Mallorca Hotelgäste vom Balkon stürzen. Zur Hauptsaison vergeht keine Woche ohne Meldungen in der Lokalpresse über neue Zwischenfälle beim sogenannten "balconing".

Auch der deutsche Profi-Fußballer Mats Hummel prahlte schon mit einem Sprung vom Balkon auf Mallorca
Auch der deutsche Profi-Fußballer Mats Hummel prahlte schon mit einem Sprung vom Balkon auf Mallorca
X / Screenshot

Das brachte frustrierte Einheimische eines Tages im Jahr 2019 auf die Idee, die Meldungen zu zählen und eine Statistik darüber zu führen. Zunächst nur privat, schließlich aber auch öffentlich. Seit 2022 führen sie den Twitter-Account @Botquebotas, der mittlerweile fast 50.000 Follower zähöt. Dass sie das ganze wie eine Fußball-Tabelle führen, finden viele pietätlos. Die britische Dailymail bezeichnete die Gruppe als "abscheulich". Dass die in der Tabelle führenden Briten als "Meister und Herren des Sports" finden, sei "niederträchtig".

"Eine bewusste Provokation", wie die Gruppe nun auf Anfrage von "Heute" erklärte. Damit solle wieder mehr Aufmerksamkeit auf die Problematik des "Sauftourismus" auf Mallorca als Tourismus-Konzept gelenkt werden. Nichts wäre ihnen aber lieber, als dass solche tragischen Unglücke nicht mehr vorkommen würden – doch dafür müsste sich einiges ändern, vor allem in der Politik, sie ein Sprecher der Grupper in einer schriftlichen Anfragebeantwortung.

Briten führen vor Deutschen

"Wir teilen hier einfach nur die Zahlen, so wie sie sind. Das ist die Realität auf unseren Inseln. Jedes Jahr haben wir so viele Fälle von 'balconing', dass wir eine eigene 'Liga' führen könnten", erklärt der Sprecher, wie die Idee zur "Balearischen Balkonliga" entstand.

Und in dieser Liga gibt es einen klaren "Sieger": Die Briten. Unglaubliche 155 Balkonstürze in den letzten 25 Jahren gehen auf britische Staatsbürger zurück. 42 von ihnen kamen dabei ums Leben – was einer Todesrate 27 Prozent entspricht. All das kann man aus der aktuellen Tabelle ablesen. Dabei fielen sie insgesamt 501 Stockwerke tief – was 3,2 Stockwerke pro Sturz bedeutet. Auch das zeigt die Tabelle an.

Österreicher fallen besonders tief

Die Gesamtzahl der Stürze plus die Zahl der Todesopfer ergibt in diesem zynischen Berechnungsmodell die Punktezahl. Die Deutschen liegen nach dieser Berechnungsmethode mit 62 Punkten auf Rang zwei, gefolgt von den Spaniern, Italienern und Franzosen. Allein in diesem Jahr gab es bereits sieben Balkonstürze mit insgesamt vier Todesopfern.

Österreich liegt in diesem traurigen Ranking auf dem achten Platz. Von vier dokumentierten Fällen endeten drei tödlich - im Schnitt stürzten die Österreicher dabei vier Stockwerke tief. Die Todesrate beträgt 75 Prozent.

"Wir brauchen ein anderes Tourismusmodell"

Die Tabelle soll letztlich auch ein Appell an die Politik sein: "Ist das das Tourismusmodell, das wir wollen/brauchen? Können wir kein Tourismusmodell haben, das das Leben der Einheimischen mehr respektiert?" Hinter den vielen tragischen Balkonstürzen stecke letztlich ein Geschäftsmodell (Stichwort: "Ballermann"), das dazu führt, dass "riesige Mengen an Touristen kommen, die nichts anderes tun, als zu feiern, zu saufen und Drogen zu nehmen", kritisiert einer der Betreiber des Accounts gegenüber "Heute" – Nachsatz: "Das ist kein Vergnügungspark".

"Es ist traurig, dass unsere Inseln zum Schauplatz dieser Liga geworden sind. Es ist schon so alltäglich geworden, dass die Leute über Fälle von 'balconing' nur noch lachen können. Es handelt sich also um einen Protest (nicht gegen die Touristen selbst, sondern gegen unser Tourismusmodell), der aus schwarzem Humor besteht", so der Betreiber abschließend.

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    Karl Schöndorfer / picturedesk.com
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