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Bald braucht jedes zweite Schulkind eine Brille
Viel Lernen und zu wenig Tageslicht: Bereits heute ist jeder zweite Schulabgänger kurzsichtig, Tendenz steigend.
Immer mehr Kinder sehen in die Weite nicht scharf. Auch hierzulande steigt die Zahl der kurzsichtigen Mädchen und Buben. Das zeigen Recherchen der "SonntagsZeitung". Brauchen zu Beginn der Primarschule nur wenige Kinder eine Brille, ist es in der Oberstufe bereits jedes Dritte, Tendenz steigend.
"Wir gehen davon aus, dass in ein paar Jahren jeder zweite Schulabgänger kurzsichtig ist", sagt Veit Sturm, leitender Arzt der Augenklinik am KantonsKrankenhaus St.Gallen. Mit dem gestiegenen Leistungsdruck und dem veränderten Freizeitverhalten verbringen Mädchen und Buben heute mehr Zeit drinnen. Und während Stunden ein immer gleicher und vor allem kurzer Abstand zu Büchern und Bildschirmen zu haben, fördert die Augenerkrankung. "Deshalb ist es wichtig, dass man zwischendurch aufschaut und den Blick in die Ferne schweifen lässt."
Auch eine Studie der Queensland University of Technology zeigt, dass schlechte Lichtverhältnisse das Risiko der Kurzsichtigkeit fördern. Hierfür wurden über 100 Schulkinder untersucht. Jene, die sich mindestens zwei Stunden am Tag im Tageslicht aufhielten, hatten deutlich bessere Augen als jene, die sich maximal anderthalb Stunden draußen aufhielten. Bei Letzteren dominierte die Kurzsichtigkeit. Es scheint ganz offensichtlich einen Zusammenhang zwischen Art der Lichtquelle und der Sehstärke der Augen zu geben. Verantwortlich für den Effekt machen Forscher den Botenstoff Dopamin, der bei Helligkeit in der Netzhaut des Auges gebildet wird. Dieser ist zum Beispiel dafür verantwortlich, dass sich das Auge von Tag- auf Nachtsehen umstellt. Gleichzeitig scheint der auch als Glückshormon bekannte Botenstoff bei genügend Tageslicht das Längenwachstum des Augapfels zu stoppen, welchen für eine Kurzsichtigkeit verantwortlich sein kann.
Tageslicht ist beste Prophylaxe
Damit ist die beste Prophylaxe in der Kindheit gegen Kurzsichtigkeit ganz klar das Tageslicht. Zwei Stunden im Freien pro Tag sind optimal. Denn je früher die Kurzsichtigkeit beginnt, desto stärker ausgeprägt ist sie am Ende des Jugendalters. "Es ist deshalb wichtig, Kurzsichtigkeit vorzubeugen", sagt Mathias Abegg, leitender Arzt der Orthoptik am InselKrankenhaus in Bern.
Neu ist dies mit Atropin-Augen-Tropfen möglich. "Insbesondere wenn sich die Sehfähigkeit bei einem Kind rasch verschlimmert, sind Atropin-Tropfen schwach dosiert effektiv", sagt Abegg. (Red)