Ukraine
Bäder sollen wegen Russen-Boykott Becken nicht heizen
Die Außenbecken der Freibäder sollen in diesem Sommer kühler werden. Das Ziel: Putins Geldhahn für den Krieg zuzudrehen.
Wer leicht friert, muss sich auf einen kühleren Start in die Bäder-Saison gefasst machen. "Es wäre vernünftig, wenn sämtliche Außenbecken diese Saison nicht oder mindestens reduziert geheizt würden", sagt Martin Enz, Geschäftsführer des Schweizer Verbands der Hallen- und Freibäder (VHF). Diese Woche werde er sich mit dem Vorstand und weiteren Badbetreibern darüber austauschen. "Im Ukraine-Krieg mit den exorbitanten Energiepreisen sollten wir lieber Energie sparen, als die Ticketpreise erhöhen."
Seit der Ukraine-Krieg ausgebrochen ist, kämpfen viele Länder mit steigenden Öl-, Gas- und Strompreisen. Erdgas und Öl kommen laut Enz teilweise bei älteren Bädern noch zum Einsatz. Freibäder dürfen nur mit erneuerbaren Energien beheizt werden. "Die grüne Energie der geheizten Außenbäder könnte stattdessen in Badeanlagen dort eingesetzt werden, wo noch mit fossiler Energie geheizt wird." Enz sieht in den kälteren Pools auch eine Chance für die Klimaziele. "Mit Baden in beheizten Pools schaffen wir bis 2050 kaum eine klimaneutrale Schweiz."
"Kann nicht sein, dass wir über ein Grad diskutieren"
Im eigenen Betrieb ist Enz, Geschäftsführer des Bellavita Erlebnisbad und Spa in Pontresina, bereits aktiv geworden. "Mitte März haben wir die Temperatur nicht nur im Hallenbad, sondern auch in den Außenbädern um rund eineinhalb Grad heruntergeschraubt." Nun habe das Außenbad 33 statt 34 Grad. Manche Gäste hätten die ursprüngliche Temperatur zurückgewünscht. "Es kann nicht sein, dass wir in unserer Wohlfühloase über ein Grad Temperaturunterschied diskutieren, während Menschen drüben im Osten überhaupt nichts mehr haben."
Auch das mit Erdgas beheizte Freibad im Moos in Schlieren erwärmt das Wasser mit dem Ziel eines russischen Energie-Boykotts diese Saison nicht. Laut dem Anlageverantwortlichen beträgt die Temperatur mit Heizung je nach Wetter und Tageszeit zwischen 21 und 23 Grad, ohne sind es zwischen 16 und 19 Grad. Als Stadt wollten sie ein Zeichen setzen und verhindern, dass Russland aus dem Verkauf von Erdgas den Krieg finanzieren könne, sagt Stadtrat Andreas Kriesi (GLP). "Jede eingesparte Kilowattstunde zählt. Wenn noch mehr Freibäder in der Schweiz mitmachen, ist der Effekt viel größer."
Im Berner Freibad Marzili haben unbeheizte Bäder hingegen Tradition. "Freibäder machen energietechnisch keinen Sinn, wenn man extra Heizungen installieren muss", sagt Anlagenchef Beat Wüthrich.
Konsumentenorganisationen unterstützen die frostigen Bäder. "Es ist sonnenklar, dass wir alles tun müssen, um Energie zu sparen – dazu gehört, die Komfortzone zu verlassen", sagt Babette Sigg, Präsidentin des Schweizerischen Konsumentenforums. Kälteempfindliche hätten immer noch die Möglichkeit, auf ein Hallenbad auszuweichen.
"Können kein Training mehr durchziehen"
Für das Strandbad Lido in Luzern kommen ungeheizte Freibäder nicht infrage. "Wir sind ein Dienstleistungsbetrieb, der den Gästen etwas bieten will", sagt Geschäftsführer Marcel Wisler. Zudem reagierten Kleinkinder sowie Seniorinnen und Senioren empfindlich auf kälteres Wasser. Seit Jahren beheize das Lido mit einer umweltfreundlichen modernen Wärmepumpe.
Leistungsschwimmerinnen und -schwimmer wehren sich gegen das Vorhaben. "Ist das Wasser unter 20 Grad kalt, können wir kein Training mehr durchziehen", sagt Xavier Fleury, Trainer im Schwimmverein beider Basel. Je kühler es sei, desto schneller seien die Mitglieder erschöpft.