Wien
Aus für Beratung in Muttersprache: Kocher erzürnt ÖGB
Ein ÖGB-Projekt berät Arbeitnehmer in ihrer Muttersprache, vor allem in Wien. Nun droht das Aus, weil das Arbeitsministerium Förderungen kürzt.
60 Stunden arbeiten, obwohl die Firma Kurzarbeit beantragt hatte: Davon sind aktuell 13 rumänische Lagerarbeiter bei einer Sanitärfirma in Meidling betroffen. Nun ermittelt die Finanzpolizei. Es ist einer von vielen Fällen, die laut ÖGB im Rahmen der österreichweiten Beratung "Asoarba" aufgedeckt wurden. "Es geht hier um Sozialbetrug übelster Sorte. Es ist mir unverständlich, wie Arbeitsminister Martin Kocher sowas abdrehen kann", sagt der leitende Sekretär des ÖGB Willi Mernyi im Gespräch mit "Heute". Beraten werden bei "Asoarba" Arbeitnehmer kostenlos in sozial- und arbeitsrechtlichen Fragen auf Arabisch, Bulgarisch, Rumänisch, Türkisch und Kurdisch. Das Projekt wurde seit 2017 mit bisher 400.000 Euro vom Arbeitsministerium finanziert. Ab 15. August soll es nur mehr 20.000 Euro geben. Eine Summe, mit der man die Beratung laut ÖGB nicht aufrechterhalten kann.
Kein Ersatz für Beratung geplant
Knapp 3.500 Personen wurde von Mai 2019 bis April 2021 beraten, mit 60 % bearbeitet man vor allem Fälle in Wien. "Die Beratung ist ein wirksames Mittel, um Sozial- und Lohnbetrug aufzudecken. Die Beratung ist für die Menschen extrem wichtig. Wer schlecht Deutsch spricht, gehen nicht zu den Behörden, aber unseren Beratern vertrauen sie", sagt Mernyi. Davon würde auch der Staat Österreich profitieren. "Die Betroffenen sich meist falsch oder gar nicht angemeldet. Dadurch entgehen dem Staat Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge. Diese schwarzen Schafe ziehen wir aus dem Verkehr". Gegenüber "Heute" werden vom Arbeitsministerium "budgetäre Grüne aufgrund der erhöhten Ausgaben im Rahmen der Covid-Krise" für die Kürzungen angegeben. Auf die Frage, ob es einen Ersatz für die Beratung in Muttersprache geben wird, verweist man auf die bestehenden Angebote von AMS und Arbeiterkammer.
Chef sammelte Bankomatkarten ein
Ein besonders dreister Fall von Ausbeutung flog in Graz auf, weil sich ein Bauarbeiter bei der muttersprachlichen Beratung meldete. Er und seine Kollegen wurde geringfügig angemeldet, arbeiteten aber 10 Stunden pro Tag. Obendrein sammelte der Arbeitgeber die Bankomatkarten der Männer ein. Zwar überwies der Arbeitgeber die Gehälter korrekt, behob das gesamte Geld aber prompt wieder und bezahlte den Arbeitern nur einen kleinen Teil aus. Den Rest behielt er für sich.