Oberösterreich

Arzt zog Patienten völlig gesunde Zähne – Urteil ist da

Schwere Vorwürfe gab es gegen zwei Zahnärzte in Oberösterreich. Am Donnerstag standen die beiden vor Gericht. Nun fiel das Urteil.

Peter Reidinger
In Steyr standen zwei Brüder vor Gericht. Sie sollen Patienten geschädigt haben.
In Steyr standen zwei Brüder vor Gericht. Sie sollen Patienten geschädigt haben.
fotokerschi.at

Der Haupt-Beschuldigte soll im Bezirk Steyr ab 2013 als Zahnarzt bei 176 Patienten in 850 Eingriffen nicht jene Leistung erbracht haben, die danach verrechnet wurde. Die Sozialversicherungsträger überwiesen laut Medienstelle des Landesgerichts Steyr deshalb 92.000 Euro, durch die sich der Mann "unrechtmäßig bereichert" haben soll.

Ihm wurden im wesentlichen drei Delikte vorgeworfen:

Die Vorwürfe

Bei Qualität getäuscht: 150 der Patienten sollen bei der Qualität des Zahnersatzes getäuscht worden sein. Statt qualitativ-hochwertigen Kronen hat der Mediziner offenbar einfach nur günstige Provisorien implantiert. Schaden: 281.000 Euro.

Tricksereien: Zusätzlich soll der Arzt in 113 Fällen seinen Patienten einfach Leistungen verrechnet haben, die eigentlich schon bezahlt waren. Schaden: 17.700 Euro.

Gesunde Zähne gezogen: Besonders krass: Der Arzt habe, so die Anschuldigungen, bei 25 Patientinnen und Patienten völlig gesunde Zähne einfach gezogen oder beschliffen, er soll Implantate eingesetzt oder kranke Zähne einfach mit Brücken versehen haben.

Bei 14 Patienten entstanden daraufhin Entzündungen des Kiefers oder des Kieferknochens, teilweise fielen Zähne einfach aus. Die Medienstelle des Gerichts sprach von "schwerer Körperverletzung".

Auch der Bruder des Angeklagten soll als Zahnarzt tätig gewesen sein. Er soll 16 Patientinnen und Patienten durch falsches Setzen von Implantaten verletzt haben, bei sieben Patientinnen und Patienten sei eine schwere Körperverletzung die Folge gewesen, so der Vorwurf. 

Bedingte Haft und Geldstrafen

Am Donnerstag standen beide in Steyr vor Gericht. Am Nachmittag wurde dann das Urteil verkündet.

Der Erstangeklagte wurde wegen schweren und gewerbsmäßigen Betruges und fahrlässigen Körperverletzung zu einer  bedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten und zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt. "

Der Erstangeklagte hat hinsichtlich über 170 seiner Patienten in insgesamt über 800 Angriffen gegenüber verschiedenen Sozialversicherungsträgern zahnärztliche Leistungen verrechnet haben, ohne diese tatsächlich erbracht zu haben. Dadurch tätigten die betroffenen Sozialversicherungsträger Auszahlungen von insgesamt rund EUR 83.000,--, durch die sich der Erstangeklagte unrechtmäßig bereichert hat", so das Gericht in einer Mitteilung.

Vorwurf von Trickserei mit Zahnersatz nicht nachgewiesen

Der Vorwurf, dass er beim Zahnersatz getrickst haben soll, konnte aber nicht bekräftigt werden. Eine Schädigung in Höhe von 281.000 Euro sei nicht nachzuweisen gewesen, so das Gericht. "Im Verfahren einvernommene fachkundige Zeugen sowie ein zahntechnischer Sachverständiger führten plausibel aus, dass es sich bei den eingesetzten Implantaten um gleichwertige, hochwertige Langzeitimplantate gehandelt hat, deren Preis auch gerechtfertigt war."

Allerdings verurteilte ihn das Gericht wegen schwerer Körperverletzung: "Der Erstangeklagte wurde auch verurteilt, 25 Patienten:innen grob fahrlässig am Körper verletzt zu haben, indem er etwa Zähne ohne medizinische Indikation extrahiert oder beschliffen, nicht fachgemäß Implantate eingesetzt oder beherdete Zähne mit Brücken und Kronen versehen hat".

Der Zweitangeklagten wurde schuldig erkannt, 16 Patienten insbesondere durch nicht fachgerechtes Setzen von Implantaten grob fahrlässig am Körper verletzt zu haben, wobei bei sieben Patienten eine schwere Körperverletzung wie etwa Entzündungen verbunden mit Knochen- und Zahnverlust die Folge gewesen ist. Urteil hier: Sechs Monate bedingte Freiheitsstrafe, Geldstrafe von 3.600 Euro. Die Anwälte der beiden erbaten sich Bedenkzeit, die Urteile sind somit nicht rechtskräftig.

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