Seit Ende Juni zeigt das Linzer OK die weltweit erste Werkschau von Nadya Tolokonnikova, Mitgründerin des streitbaren Anti-Putin-Kollektivs. Was dort zu sehen ist, mag nicht allen gefallen. Jetzt könnten Kritiker ihrer Ablehnung freien Lauf gelassen haben.
Ziel der Zerstörung wurde ausgerechnet ein sakraler Raum: die "Kapelle Unserer lieben Frau von Altötting" auf dem Platz vor dem Ausstellungshaus. Eine Scheibe wurde eingeschlagen und die Installation "Pussy Riot Sex Dolls" – bestehend aus drei gebrauchten Sexpuppen – beschädigt.
Die Tat fand am Vorabend von Maria Empfängnis (8. Dezember) statt. "Ein symbolisches Datum, das nicht ignoriert werden kann", erklärt Tolokonnikova in einer Stellungnahme an "Heute".
Der Angriff sei kein Einzelfall. Die Aktivistin verweist auf die geköpfte Madonna: Im Sommer war im Linzer Mariendom einer der gebärenden Mutter Gottes der Kopf abgeschlagen worden. Die Polizei forschte später zwei Verdächtige aus.
Für Tolokonnikova "ist das Muster klar": Sie ortet eine zunehmende Gegenreaktion gegen Kunst, die es wagt, traditionelle Erzählungen über die Rolle der Frau in Frage zu stellen. "Im Glauben und über den Glauben hinaus in der Kultur im Allgemeinen."
Die 35-Jährige betont, dass das betroffene Kunstwerk "ein Kind der Liebe, ein Akt der Fürsorge und eine Feier der Schwesternschaft" sei. Sie habe die Puppen auf Facebook und in Sex-Foren gekauft, weil sie Mitgefühl für sie empfunden habe und "ihnen ein zweites Leben geben wollte". Zur Wahl der Kapelle: Feministinnen seien heilig, und auch bei Maria handle es sich um eine Feministin.
Nach dem Angriff haben Tolokonnikova und ihre Mitstreiterinnen beschlossen, die Installation weiter zu zeigen. Auch das zerbrochene Glas soll bleiben – "als eindringliche Erinnerung an die Zerbrechlichkeit und die Widerstandsfähigkeit von Kunst und die Freiheiten, die sie symbolisiert".