Politik

Als Verteidiger von Kickl trat der Kanzler nicht auf

Heute Redaktion
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FPÖ-Innenminister Herbert Kickl hat den Misstrauensantrag der Opposition überstanden. Aber es gab von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz keine Rückendeckung.

Der Sager von Kickl im ORF-"Report", dass "das Recht der Politik zu folgen" habe und nicht umgekehrt, sorgte am Mittwochnachmittag für ein politisches Nachspiel im Nationalrat. Zuerst in Form eines Dringlichen Antrags von Alfred Noll (Jetzt), der darin den Rücktritt Kickls forderte. Kickl habe mit seinen Aussagen etwas geäußert, das einem "verbalen Sprengstoffattentat auf den Rechtsstaat entspricht", so Noll. In Nolls Augen habe das nachträgliche Abschwächen des Innenministers die Sache nicht besser gemacht.

Noll stieß sich vor allem an der Wortwahl des Innenministers, er wolle sich mit diesen Regelungen "anlegen". Wer sich damit anlegen will, der könne nicht die rechtskonforme Abänderung des innerstaatlichen Verfassungsrechts und des völkerrechtlich verbindlichen Vertragswerks im Auge halten. Kickl sei "angetrieben von der Lust auf Zuspitzung und Vereinfachungssehnsucht" und ein "Sicherheitsrisiko für jede Republik". Kern des Antrags: Kanzler Kurz solle jeglichen Bestrebungen, aus der Europäischen Menschenrechtskonvention oder dem Europarat auszutreten, eine Absage erteilen.

Misstrauensantrag überstanden

Was folgte, war ein Misstrauensantrag der gesamten Opposition gegen Kickl. Den überstand der Innenminister ebenso wie die vergangenen fünf – am 19. März 2018, 11. Juni 2018, 7. September 2018 und zwei am 26. September 2018 – mit Hilfe der Regierungsparteien. Bundeskanzler Sebastian Kurz setzte daraufhin zu einer Replik an, in der er Kickl keine Rückendeckung gab, sondern vielmehr die Bedeutung der Europäischen Menschenrechtskonvention betonte.

Kurz stellte laut APA klar, dass die Regierung die Europäische Menschenrechtskonvention angelobt habe, da sie sich im Verfassungsrang befinde. Auch das Regierungsprogramm spreche hier eine "eindeutige Sprache". Jeder Minister und jede Ministerin seiner Regierung habe nicht nur die Verfassung zu achten, sondern selbstverständlich auch das Regierungsprogramm zu respektieren, so Kurz. Allerdings betonte er, dass die von der EU vorgegebenen Regelungen zur Außerlandesbringung von straffälligen Asylwerbern "unserer Meinung nach" sehr eng seien. Ein Diskurs sei wichtig und legitim, allerdings auf sachlicher Ebene.

Heftige Reaktionen

Heftig fielen die Wortmeldungen der Oppositionspolitiker aus. Österreich habe einen Innenminister, "der glaubt, Recht ist das, was ich will", so SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried. Es gab keinen Innenminister in der Geschichte der Zweiten Republik, "der so in Konflikt mit dem Rechtsstaat, Demokratie und Meinungsfreiheit war wie jetzt Kickl", so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. SPÖ-Abgeordnete Muna Duzdar richtete den Appell an Kickl, "seine Sachen zu packen und noch heute zurückzutreten".

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner erklärte, wenn Kanzler Kurz "mehr Courage" hätte, wäre er zum Bundespräsidenten gegangen und hätte die Entlassung Kickls vorgeschlagen. Kickl sei "vielleicht die größte Gefahr für die österreichische Bundesverfassung und die Gesetzes- und Verfassungstreue der Angehörigen der Regierung Sebastian Kurz", erklärte Jetzt-Abgeordneter Peter Pilz. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger attestierte Kickl, er sei "heillos überfordert als Minister und ebenfalls nicht tragbar in diesem Amt".

Den Opferschutz in den Vordergrund zu stellen, statt Fehlinterpretationen anzustellen, stellte FPÖ-Vizelanzler Heinz-Christian Strache in den Vordergrund. FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz verteidigte die Aussagen des Innenministers damit, dass er sich um die Sicherheit Österreichs sorge. Kickl sei aufgefallen, dass entsprechende Gesetze anzupassen wären, daher wolle er dieses Problem lösen. Die Menschenrechte seien unverrückbar und bildeten das Fundament der christlich-humanitären europäischen Rechtsordnung, sagte dann Wolfgang Gerstl (ÖVP). Die Rechtswirksamkeit der Europäischen Menschenrechtskonvention sei nie in Zweifel gezogen worden, dennoch bedürfe es gesetzlicher Änderungen. (rfi)