"Wichtig, dass des stimmt"
Als Lugner seinen eigenen Nachruf korrigieren wollte
Wie einst wegen Melanie Griffith die Fetzen flogen – und Richard Lugner unlängst selbst an seinem Nachruf mitarbeitete. Abschied von einem PR-Genie.
"Jo Grüß Gott, Lugner" – Richard Lugner hatte keinen Pressesprecher. Pressesprecher war seine Lebensrolle – insofern, als er für sein Leben gerne mit der Presse sprach. Jeden Tag. Egal, ob er gesund war oder krank. Ob Weihnachten war oder Sommerloch. Er liebte die Medien und wir Medien liebten seine Geschichten.
Es begann 2018 mit einem Brief
Dass "Mörtel" tatsächlich jede Zeile in der Tageszeitung über sich las und für ihn wichtige Onlinemeldungen ausdrucken ließ, bekam ich vor sechs Jahren zu spüren. Es war ein Freitag im Februar 2018, der Tag nach dem Opernball – für Lugner das Allerheiligste.
Per Mail langte ein von Lugner diktiertes und unterzeichnetes Schreiben ein, "Betrifft: Opernball-Berichterstattung" lautete der Titel in Fettdruck. Dann betonierte mich "Mörtel" mit den Worten: "Sie sind das einzige Medium, das mich durch den Dreck gezogen hat, was ich mir merken werde!"
Er führte vier Kritikpunkte an meiner Story an, fügte den Bericht einer anderen Tageszeitung als Referenz an. Hintergrund: Auf den ersten Fotos aus der Oper hatte es 2018 so gewirkt, als wäre Star-Gast Melanie Griffith eingeschlafen. Las sich griffig: "Lugners Gast schlief ein."
Stimmte bei wachsamer Zweit-Betrachtung nur leider nicht, also haben wir das für den Großteil der Auflage korrigiert. Nur: Die allerersten fertigen Exemplare werden stets direkt von der Druckerei zur Oper geliefert. Lugner ergatterte als Ballgast naturgemäß eines davon und so nahm das Unheil seinen Lauf.
Wir telefonierten. Nachdem er seinem Ärger 15 Minuten lautstark Luft gemacht hatte, war alles wieder gut. Fortan hatte er meine Nummer eingespeichert und Lugner rief mich immer wieder an, wenn ihm etwas besonders wichtig erschien; schickte Infos und Fotos via WhatsApp.
Ein Lugner-Anruf ereilte mich im Februar 2022, nachdem ein Jubiläumsmagazin anlässlich 15 Jahren Heute.at erschienen war. Darin: eine große Lugner-Homestory samt doppelseitiger Galerie aller Tierchen (13 Frauen in 15 Jahren hatten wir gezählt).
"Jo Grüß Gott, Lugner" – der Shopping-Mall-Betreiber hatte etwas auf dem Herzen. Nicht alle von uns angeführten Damen wären Teil seines Streichelzoos, einige bloß "Begleiterinnen" gewesen, dozierte "Mörtel". Es folgte eine genaue Aufstellung seiner Zuteilung samt Anekdoten.
Ich hatte das Gespräch beinahe schon vergessen, erinnerte mich im Frühsommer dieses Jahres während der Arbeit an einer weiteren Lugner-Sonderstrecke aber wieder daran. Um mir nicht wieder den Zorn des Baumeisters zuzuziehen, griff diesmal ich zum Telefon.
„Sie orbeiten an meinem Nochruf, do müss ma uns Zeit nehmen ...“
"Jo Grüß Gott, Lugner" – Wie das nochmals genau war mit den Frauen und ob es Fotos mit seinen ersten Ehefrauen gebe, wollte ich wissen. Lugner war sofort hellwach: "Sie orbeiten an meinem Nochruf, do müss ma uns Zeit nehmen, i möd mi in einer Viertelstund."
Bildstrecke: Das war Richard Lugner
"Faxens mir des"
Pünktlich rief er wieder an, wir gingen sein (Liebes-)leben durch. Am Ende ein typischer Lugner: "Sie können mir des gerne faxen, dann schau ich drüber. Es ist mir schon wichtig, dass des ollas stimmt."
Am nächsten Tag brachte mir ein Bote "Die Mörtel-Story" in der Redaktion vorbei, samt Hinweisen. Ich solle mich daran halten und könne hier auch die Bilder seiner ersten Frauen entnehmen.
So war er. Mitunter ein Kasperl ("der gewinnt immer"), aber mit unerreichter Präzision, was seine PR-Arbeit anlangte. Immer erreichbar. Immer bodenständig. Immer höflich.
Richard Lugner ist tot – alle Storys
Mörtel starb in der Nacht auf Montag in seiner Villa in Wien-Döbling.
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"Über mi kennts ollas schreiben ..."
Das letzte "Jo Grüß Gott, Lugner"-Gespräch hatte ich Ende Juni. Es ging um eine Geschichte aus dem Privatleben einer engen Angehörigen Lugners, die diese keinesfalls vorab in den Medien lesen wollte: "Bitte respektiert's des. Über mi kennts eh ollas schreiben..." Alle Medien hielten sich an diesen einen Wunsch – bis auf jenes eines sattsam bekannten Kanalbetreibers.
Das letzte Treffen: die "My Fair Lady"-Premiere am 11.7. in Mörbisch. Lugner ließ sich nach einem Wirbelbruch im Rollstuhl herankarren und genoss es, bei der Begrüßung mehr Applaus als alle Politiker zu bekommen.
"Mörtel" wird fehlen
Die große Bühne war sein Leben. Am Montag hat er sie für immer verlassen. Er möge in Frieden ruhen. Viel wahrscheinlicher aber hat Richard Lugner dort, wo er jetzt ist, bereits Journalisten um sich geschart und bedenkt sie üppig. Bei uns aber hat er in den Society-Spalten eine Lücke hinterlassen, die nicht zu ersetzen sein wird.
Grüß Gott, Herr Baumeister und adieu.