"Heute"-Reportage

"Alles weg, ich wurde delogiert" – Armut in Österreich

Wenn man plötzlich alles verliert: Auch in Österreich gibt es Tausende, die jeden Tag ums Überleben kämpfen.

Newsdesk Heute
"Alles weg, ich wurde delogiert" – Armut in Österreich
Novica konnte sich seine Wohnung nicht mehr leisten
heute.at

Rund um den internationalen Tag zur Bekämpfung von Armut (17. Oktober) rücken folgende Zahlen wieder in den Vordergrund: Rund 1,5 Millionen Menschen sind derzeit von Armut bedroht. Besonders tragisch ist die Entwicklung der Kinderarmut. Jedes fünfte Kind in Österreich ist armutsgefährdet. Viele haben kein Dach über dem Kopf und sind auf Sozialeinrichtungen angewiesen.

"Heute" war auf den Straßen Wiens unterwegs und hat mit Menschen gesprochen, die täglich ums Überleben kämpfen.

"Wir sind obdachlos"

Novica (54) sitzt gerade auf einer Bank einer Einkaufsstraße, als wir ihn ansprechen. Neben ihm sitzen Elisabeth (45) und seine Lebensgefährtin Eva (43). Alle drei sind obdachlos und übernachten öfter in der Gruft (Caritas-Einrichtung für obdachlose Menschen).

Ich wurde delogiert mit meiner Lebensgefährtin.
Novica, 54
konnte seine Wohnung nicht mehr bezahlen

Novica konnte seine Wohnung nicht mehr bezahlen und landete deshalb auf der Straße: "Ich wurde mit meiner Lebensgefährtin delogiert, weil ich Mietzinsrückstände gehabt habe", erzählt er uns. Die Sozialarbeiter der Caritas helfen den beiden gerade dabei, eine betreute Wohnung zu bekommen. Das kann aber dauern, jetzt heißt es erst mal abwarten.

>> Im Video: So denkt Österreich über die Armutsgefährdung

Das Leben auf der Straße

"Das AMS hat gesagt, sie haben keine Arbeit mehr für uns, wir sollen die Arbeitsunfähigkeitspension beantragen", sagt Novica. "Ich bin zuckerkrank, aber es ist nicht so schlimm", fügt er hinzu. Er hat über 28 Jahre lang gearbeitet, jetzt hat er weder einen Job noch ein Zuhause.

Das Leben auf der Straße ist hart, berichtet der 54-Jährige. Er übernachtet oft mit seiner Lebensgefährtin Eva am Hauptbahnhof. Dort wurden die beiden mehrmals bestohlen.

"Ich hab zu Eva gesagt, pass auf die zwei Rucksäcke auf, ich komme gleich wieder. Wie ich nach 15 Minuten zurückgekommen bin – Eva ist eingeschlafen – waren beide Rucksäcke weg, alle Dokumente weg, Handys weg, alles weg. Am Hauptbahnhof ist es gefährlich", sagt er.

"Auf der Straße wird man ständig bestohlen. Ob am Hauptbahnhof, Westbahnhof oder auf der Mariahilfer Straße" antwortet Elisabeth, die neben ihm sitzt. Auch ihr wurden schon öfter Dokumente und ihr Handy gestohlen.

Auf der Straße wird man ständig bestohlen!
Elisabeth, 45
berichtet vom Leben auf der Straße

Novica, Eva und Elisabeth sind leider nicht die einzigen, denen es so geht. Rund 20.000 Obdachlose sind momentan in Österreich registriert.

Auf den Punkt gebracht

  • In Österreich sind über 1,5 Millionen Menschen armutsgefährdet, darunter viele Obdachlose, die auf Sozialeinrichtungen angewiesen sind
  • Besonders alarmierend ist der Anstieg der Kinderarmut, da jedes fünfte Kind in Österreich von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht ist
red
Akt.
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