Jetzt offiziell

Alice Weidel wird erstmals Kanzlerkandidatin der AfD

Alice Weidel tritt als Kanzlerkandidatin an und polarisiert: Kritiker werfen ihr Opportunismus und Inkompetenz vor, Anhänger loben ihre Intelligenz.

Alice Weidel wird erstmals Kanzlerkandidatin der AfD
Alice Weidel ist Kanzlerkandidatin der Alternative für Deutschland (AfD).
Fabian Sommer / dpa / picturedesk.com

Eine reelle Chance auf die Kanzlerschaft hat die AfD mit Umfragewerten zwischen 18 und 19 Prozent zwar nicht. Im Bundestag käme mangels Unterstützung durch andere Parteien keine Mehrheit für eine AfD-Kanzlerin zustande. Trotzdem kürt die Partei Alice Weidel zur Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl am 23. Februar und will damit einen Regierungsanspruch unterstreichen.

Eine Frage wird ihr in abgewandelter Form immer wieder gestellt – und sie komme ihr zu den Ohren raus, wie Weidel schon 2017 einmal sagte: Wie passt das zusammen – AfD und in eingetragener Partnerschaft mit einer Frau mit Migrationshintergrund und zwei Kindern?

Zuletzt passiert das bei einer Veranstaltung in Zürich. Der Moderator stellt besagte Frage. Sie antwortet: "Ich muss Ihnen sagen, ich sehe Hautfarben nicht." Es folgt ein demonstratives: "Sarah, ich liebe Dich!" an die im Publikum sitzende Partnerin. Später im Interview mit den Zeitungen der CH-Media begründet Weidel den Schritt. Sie sei nicht erfreut über die Frage mit der Hautfarbe gewesen. "Da gehe ich innerlich hoch." Ihre Frau, Sarah Bossard, sei Schweizerin, adoptiert, mit drei Monaten aus Sri Lanka gekommen und in Appenzell aufgewachsen.

Aber wie passt das nun zur AfD?

Ihre Antwort hat Weidel schon vor sieben Jahren in einer Wahlkampfrede gegeben. Sie sei nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer Homosexualität in der AfD, sagte Weidel da und zog die Verbindung zur Sicherheits- und Migrationspolitik. Schwule und Lesben könnten sich kaum noch Arm in Arm auf die Straße trauen. Es gebe No-go-Areas für Homosexuelle und "muslimische Gangs", die Jagd auf sie machten.

Politische Gegner als "Schießbudenfiguren"

Auf der politischen Bühne legt die Ökonomin Wert auf ein seriöses Auftreten: weißes Hemd, Perlenkette, dunkelblaue Jacke. In Interviews spricht sie gedehnt und betont ruhig, sagt in westfälischer Mundart "Wiatschaft" wenn sie über "Wirtschaft" spricht. Ihr Ton ist dennoch scharf und teils verachtend, wenn sie über die Regierung und politische Gegner spricht und diese als "Würstchenkabinett" oder "Schießbudenfiguren" bezeichnet. Sie versuche, unterkühlt zu wirken, obwohl es in ihr brodelt, sagt ein AfD-Bundestagspolitiker.

Weidel-Fans loben "tollen Humor"

Leute in der AfD, die sie gut kennen und auf ihrer Seite stehen, beschreiben Weidel als Sympathieträgerin, als Frau mit "tollem Humor", die abseits der öffentlichen Bühne auch albern sein könne, nicht so, wie sie öffentlich rüberkomme. "Gescheit", "seriös", "fokussiert", "intelligent" sind weitere Zuschreibungen. Und es fallen auch Worte wie "durchsetzungsstark" und "streng". Weidel kann herrisch wirken, wenn sie Leute zurechtweist, die sie etwa bei einem Gespräch ablenken oder anders verärgert haben.

Kurze Zündschnur? "Überhaupt nicht", sagt sie dazu selbst. Man müsse Ruhe bewahren in allen Situationen, aber als Führungsperson auch deutlich werden. "Führung heisst auch, sich nicht unbedingt beliebt zu machen und manchmal auch schwierigere, unangenehmere Entscheidungen zu treffen, wenn es nötig ist."

"Spitzname Eisprinzessin"

Kritiker, die viel mit ihr zu tun haben und hatten, aber lieber anonym bleiben wollen, lassen kein gutes Haar an Weidel und beschreiben sie als "egozentrisch" und "arrogant". Sie habe nicht umsonst den Spitznamen "Eisprinzessin". Vorgeworfen wird der AfD-Chefin auch Inkompetenz, und dass sie vor allem nach innerparteilicher Macht strebe. "Der gehts nur darum, vorne zu sein." Von außen handelte sie sich den Vorwurf ein, eine "Opportunistin der schlimmsten Sorte" zu sein. Junge-Union-Chef Johannes Winkel nahm dabei Bezug darauf, dass sich Weidel einst für einen Parteiausschluss von Björn Höcke eingesetzt hatte und nun so tue, als sei das nie passiert. Mit dem führenden Vertreter der Rechtsaußenströmung der AfD zeigt sie sich inzwischen Arm in Arm auf der Wahlkampfbühne.

Diese Storys solltest du am Donnerstag, 9. Jänner, gelesen haben

Derzeit im Fokus der Userinnen und User von Heute.at im Ressort "Nachrichten" ist die aktuell meistgelesene Story "". Ist dir etwas aufgefallen oder hast du einen Input für uns, dann schreib uns ein Mail.

Auf den Punkt gebracht

  • Alice Weidel wurde von der AfD als Kanzlerkandidatin nominiert, obwohl die Partei mit Umfragewerten von 18 bis 19 Prozent keine realistische Chance auf die Kanzlerschaft hat.
  • Weidel polarisiert stark: Während Anhänger ihre Intelligenz und Durchsetzungskraft loben, werfen Kritiker ihr Opportunismus und Inkompetenz vor.
20 Minuten, red
Akt.