Weihnachten ohne "Mutsch"
Alfons Haider: "Sie dachte im letzten Moment an mich"
Alfons Haider verbringt sein erstes Fest ohne seine geliebte Mutter nicht in Österreich. Im "Heute"-Talk erzählt er, wie er mit der Trauer umgeht.
Das Weihnachten seiner Kindheit hat Alfons Haider noch immer in guter Erinnerung – ein einziges zauberhaftes Märchen. Doch dieser Zauber wird mit der Zeit weniger und man muss ihn sich schon selbst ins Leben holen. Und genau das fällt Haider 2023 denkbar schwer. Er musste im Oktober von seiner geliebten Mutter, die er immer "Mutsch" nannte, für immer Abschied nehmen. Im Weihnachts-Talk mit "Heute" in einer heimeligen Hütte am Wiener Alm Advent, erzählt Haider, wie er mit der Trauer umgeht und über eine Erkenntnis, die er nach der jahrelangen Pflege, gewonnen hat.
Ein Sommer der großen Gefühle
Mörbisch-Intendant Alfons Haider hat im Oktober seine geliebte Mutter, die er bis zu ihrem Tod liebevoll gepflegt hat, für immer verloren. Im Gespräch mit "Heute" erinnert sich Haider daran, dass sich ihr Abschied schon abgezeichnet hatte, wenngleich er es vorher nicht wahrhaben wollte. Vor der großen Freude über eine erfolgreiche "Mamma Mia!"-Premiere bei den Seefestspielen, mischte nämlich ein ganz anderes Gefühl sein Leben auf.
Haider erinnert sich: "Es hat mir heuer das Herz zerrissen im Sommer, als sie zwei Tage vor der ,Mamma Mia!'-Premiere zu mir gesagt hat: ,Bitte, bitte, du ich glaub, ich werde dich blamieren. Ich geh nicht mit zu der Premiere!‘ Da war für mich klar, dass das jetzt nicht mehr lange dauern kann. Das war das einzige Mal in meiner gesamten Zeit – egal wo ich war, egal was ich gemacht hat, sie war immer dabei: und dieses Mal nicht. Da habe ich gewusst, jetzt wird es eng und so war es dann auch. Und sie hat auch da nicht an sich gedacht, sondern an mich."
Alfons Haider – der ganze "Heute"-Weihnachtstalk:
„Sie ist in einer großen Würde gegangen und hat im letzten Moment an mich gedacht.“
Sie waren ein "Herz und eine Seele" und es sei für Haider selbstverständlich gewesen, dass er sie gepflegt hat. Dennoch, mit fast zwei Monaten Abstand zum Geschehenen, hat er folgende Erkenntnis gewonnen: "Ich habe sie ja vier Jahre lang gepflegt. Und als Pflegender, wenn du eine nahestehende Person bist – also ein Kind, ein Sohn –, dann glaubst du immer; die Spirale der Person, die du pflegst geht hinauf. Aber in dem Alter, mit so vielen Krankheiten, nimmst du nicht zur Kenntnis, dass sie nach unten geht. Bis sie crasht."
Am Ende sei er bei ihr gewesen und ist sich sicher: "Sie ist in einer großen Würde gegangen und hat im letzten Moment an mich gedacht!"
Wie Haider mit der Trauer umgeht
Wie es ihm wohl heute mit der Trauer geht, will "Heute" wissen? „Es wird besser, aber es wird nie wieder gut. Der Spruch stimmt wirklich. Man muss lernen damit umzugehen. Jeder Mensch hat da eine eigene Wirklichkeit, wie er das angeht – eigene Tricks finden. Man merkt erst, wenn man selbst in so einer Situation ist, wie hilflos andere sind, wenn sie helfen wollen. Weil wir das einfach viel zu spät lernen, mit solchen Realitäten umzugehen." Seine Mutter habe nie über das Sterben gesprochen.
„Es wird besser, aber es wird nie wieder gut“
Der Entertainer und Intendant ist sichtlich gerührt und beschreibt seine Gefühle: "Es ist eine große Leere. Aber es ist auch das Wissen, das es gut war, dass ich jede freie Minute in den letzten Jahren bei ihr war. Sie hat auch bei mir gewohnt. Wir waren jede Minute gemeinsam. Ich sage immer, wir waren das einzige Ehepaar in Österreich, das 65 Jahre lang beim Frühstück miteinander reden konnte – natürlich ein Spaß. Aber ich verdanke ihr alles."
Natürlich gäbe es auch jetzt Momente, wo ihm die Trauer überkommt: "Natürlich gibt es Momente wo ich versuche den Schmerz und die Traurigkeit abzustreifen, aber das kann man nicht erzwingen. Da gibt’s auch keine Tricks (...) Ich versuche, das die vielen wunderschönen Dinge, die wir gemeinsam miteinander erlebt haben, die Liebe und die Erinnerung, den jetzigen Schmerz wettmachen."
Flucht nach vorne
Sein erstes Weihnachten ohne seiner geliebten Mutter will Haider nun nicht in Österreich verbringen. Zwar sei er froh, dass er viele Freunde hat und eine erfüllende Arbeit, aber es gilt scheinbar die Flucht nach vorne: "Ich werde dem Weihnachtswahnsinn entfliehen und das Land verlassen. Weg aus Österreich, damit ich abschalten kann. Ein Urlaub ganz in Ruhe."
Wohl auch weil Weihnachten für ihn mit den Jahren an Zauber verloren hat. "Wenn man keine eigenen Kinder hat ist Weihnachten nicht mehr so Disney World. Das Fest hat eine Bedeutung für mich – eine Glaubensbedeutung. Weihnachten ist aber in den letzten Jahrhunderten zum Geschäft geworden und der Handel ist schon im Oktober nervös", erklärt Haider. Er würde zudem ungern Muss-Geschenke am 24. Dezember verteilen, sondern lieber das ganze Jahr über Freunde beschenken.
Als er noch mit seiner Mutter feierte, ging es traditioneller zu: "Wir haben immer einen hausgemachten Mayonnaise-Salat und einen gebackenen Fisch gegessen. Ganz bodenständig." Und dennoch haben die zwei unvergesslich schöne Weihnachtsabende im kleinsten Kreis verbracht: "Wir haben auch nur zu zweit wahnsinnig schöne Weihnachtsabende gehabt. Wir waren beim ,Stille Nacht‘ singen, so ganz ohne Begleitung, zwar manchmal den Tränen näher, als dem Text – aber auch das ist Weihnachten.“