Wien
Ahoi! Ukrainische Kinder schippern der Angst davon
Für zwei Stunden Sorgen, Ängste und Not vergessen: Das konnten 350 ukrainische Kinder und ihre Familien bei einer Schifffahrt nach Korneuburg.
"Ich habe mich von meinem Mann verabschiedet mit dem Gedanken, ihn schon bald wieder zu sehen. Ich wusste ja nicht, dass alles was passiert ist, im 21. Jahrhundert überhaupt noch möglich ist", erzählt Viktoria. Die 29-jährige musste kurz nach Kriegsbeginn mit ihren beiden Kindern aus ihrer Heimat Lwiw fliehen – gepackt hat sie nur das Nötigste.
"In zwei Stunden traf ich die Entscheidung: Wir müssen gehen!"
Die kleine Slata ist acht Jahre, ihr Bruder Alex erst 8 Monate alt. Ihren geliebten Papa mussten sie in der Heimat zurücklassen. "Wir haben die Entscheidung zu gehen innerhalb von zwei Stunden getroffen", sagt Mama Viktoria. "In unserer Region gibt es eine Militärstation, am Morgen unserer Flucht schlug eine Bombe ein. 23 Menschen starben", erzählt sie. "Da war klar, dass wir fliehen müssen."
Ein Ausflug vom Alltag
Die junge Familie hat nun in Wien Fuß gefasst, doch die Gedanken bleiben in der Heimat. Um Sorgen und Ängste für ein paar Stunden hinter sich zu lassen, durften sie gemeinsam mit zahlreichen anderen ukrainischen Familien nun eine Schifffahrt auf der Donau antreten.
Organisiert wurde die Fahrt von der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft (DDSG), dem Donauraum und der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen. In zwei Stunden ging es mit der MS Admiral Tegetthoff Richtung Korneuburg und wieder retour – Schnitzelbuffet inklusive. Vom Österreichischen Integrationsfonds gab es ein Goodie-Bag mit Kinderbüchern dazu.
An Bord herrschte rege Aufregung, für manche Kinder war es die erste Fahrt mit einem Schiff. So auch für die 12-jährige Margarita: "Ich freue mich, bin aber auch ein bisschen aufgeregt", gab sie zu. Begleitet wurde das Mädchen von Schwester Slava (9) und Tante Janina (50). Die beiden Mädchen mussten ihren Vater in Kiew zurücklassen, Janina ihren 27-jährigen Sohn. "Er hilft jetzt ehrenamtlich in einem Spital", erzählt sie. "Ich vermisse ihn. So wie die Kinder ihren Vater."
Die erste Fahrt auf dem großen Schiff
Auch der fünfjährige Damir vermisst seinen Papa. Aber an diesem Tag denkt er ausnahmsweise daran – viel zu aufregend ist die Fahrt mit dem großen Schiff. Mama Katharina (36) hat sich gleich einen Platz am Fenster für ihren Buben gesucht. Auch sie hat eine schwere Zeit hinter sich. "Sie haben meinen Schwager einfach festgenommen. Ohne ein Wort, ohne einen Grund." Über Polen kam die junge Frau nach Wien. Wie viele hier hofft sie, bald wieder zurückkehren zu können.
Für die vielen Menschen mit tragischen Schicksalen hieß es an diesem Tag, die Sorgen für wenige Stunden zu vergessen. Die Passagiere, die in ihren jungen Leben schon so viel ertragen mussten, durften einfach nur Kind sein – ein besonderes Erlebnis. "Ich bin sehr aufgeregt und freue mich", strahlte Slata, als sie in das Schiff einstieg. "Es ist nämlich meine erste Fahrt!"