Knallhart-Gesetz soll kommen
87 Prozent Russen-Gas – jetzt hat Gewessler genug
Österreich ist weiterhin Gas-Stammkunde in Russland. Energieministerin die Abhängigkeit drastisch senken, doch die ÖVP bremst die Grünen-Pläne.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat schmerzhaft offengelegt, wie groß das Risiko der Abhängigkeit von Gaslieferungen aus Russland ist. Die Bundesregierung hat seither zahlreiche Maßnahmen gesetzt, um in der Gasversorgung unabhängiger zu werden. "Raus aus russischem Gas, rein in die Erneuerbaren und damit in die Unabhängigkeit", forderte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) unlängst.
Österreich bleibt Stammkunde
Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache. Nachdem der monatliche Gasimport-Anteil aus Russland im September 2022 bei nur mehr 21 Prozent war, steigt ebendieser Anteil seit Monaten wieder stark an. Trauriger Rekord im Dezember 2023, als 97 Prozent aller Gasimporte aus Russland stammten. Im Februar 2024 waren es immer noch 87 Prozent – ein viel zu hoher Wert.
"Die absoluten Zahlen sind aktuell rückläufig, da der österreichische Gasverbrauch im Jahresvergleich deutlich gesunken ist, nach wie vor viel Gas in den Gasspeichern gelagert ist und so insgesamt weniger Gas importiert werden musste", heißt es dazu auf der Website des Energieministeriums.
0 Prozent Russen-Gas
Nun hat die zuständige Ministerin Gewessler ihr Mitte Februar angekündigtes Gesetzespaket rund um die Diversifizierungsverpflichtung für Gasversorger an den Regierungspartner ÖVP geschickt. Darüber berichtete der "Kurier", am Freitagabend bestätigte es das Ministerium auf APA-Anfrage.
Mit den Gesetzesänderungen will die Regierung den russischen Anteil an österreichischen Gasimporten auf 0 Prozent im Gastwirtschaftsjahr 2027/28 senken. Alle EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen.
Gasversorger in der Pflicht
Die Gesetzesvorschläge der Energieministerin umfassen Novellen des Gaswirtschaftsgesetzes, des Gasdiversifizierungsgesetzes und des Energielenkungsgesetzes. Beginnend mit dem Gasjahr 2024/25 ist jeder Gasversorger in Österreich verpflichtet, einen steigenden Anteil von nicht-russischem Erdgas nachzuweisen, zitiert der "Kurier" aus dem Gesetzesentwurf.
Im ersten Jahr muss dieser Anteil 40 Prozent der gesamten an Kunden gelieferten Menge betragen. Bis 2027/28 soll dieser Anteil stufenweise auf 100 Prozent steigen. Um einseitige und gefährliche Lieferbeziehungen zu verhindern, sollen die Gasversorger künftig nachweisen, dass sie auch beim Ausfall ihres jeweiligen größten Einzellieferanten alle ihre Kunden weiter mit Gas beliefern können, heißt es im Entwurf laut Zeitung.
ÖVP bremst Grünen-Pläne
Außerdem soll der aktuell bis 2026 befristete staatlich kontrollierte Erdgas-Vorrat durch eine Gesetzesänderung bis 2027 verlängert werden. Neben dem grünen Licht des Koalitionspartners ÖVP braucht die Energieministerin für ihr Gesetzespaket auch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Nationalrat, weil Energie-Thematiken in Österreich eine Ländermaterie sind.
Der türkise Koalitionspartner steht bei den Plänen der Energieministerin auf der Bremse. Die ÖVP hat Sorge, dass die Gaspreise zu stark steigen würden, wenn man den Ausstieg so schnell vorantreibt. "Die Bundesregierung ist sich einig in ihrem Ziel, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren", heißt es in einer Aussendung von Finanzminister Brunner. Große Markteingriffe benötigten jedoch einer sorgfältigen Analyse der Auswirkungen, da ein sofortiger Ausstieg die Versorgungssicherheit und die Preissituation beeinflussen würde, heißt es. "Diversifizierungsschritte müssen daher so konzipiert sein, dass weder Bürgerinnen und Bürger noch die Wirtschaft überlastet werden", heißt es aus dem Finanzministerium.