Niederösterreich

Listerien-Tote – Ex-Käserei-Chef bestreitet Vorwürfe

Fünf Todesfälle und sechs Erkrankungen sollen in Verbindung mit Käserei im Bezirk Neunkirchen stehen. Ein 39-Jähriger bekannte sich nicht schuldig.

Die Käserei in Gloggnitz wurde inzwischen geschlossen.
Die Käserei in Gloggnitz wurde inzwischen geschlossen.
EINSATZDOKU / APA / picturedesk.com

Ein Prozess um Listerien-Todesfälle und -Erkrankungen ist am Dienstag in Wiener Neustadt gestartet. Dem früheren Chef der inzwischen geschlossenen Käserei Gloggnitz (Bezirk Neunkirchen) wird grob fahrlässige Tötung in fünf Fällen und grob fahrlässige schwere Körperverletzung bzw. grob fahrlässige Körperverletzung in je drei Fällen angelastet. Der 39-Jährige bekannte sich nicht schuldig. Ein Urteil wird am Dienstag nicht fallen, weil sich Zeugen entschuldigt haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

"Hygienemaßnahmen haben nicht gepasst"

Die Staatsanwältin sprach von einem "ganz besonders tragischen Fall", der fünf Menschenleben gekostet habe, sechs Personen seien teilweise schwer an der Gesundheit geschädigt worden. Der ehemalige Firmenchef soll Hygienebestimmungen missachtet haben. Der 39-Jährige soll vom Lebensmittelinspektor aufgetragene Mängelbehebungen u. a. aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt und Gerätschaften nicht in Stand gehalten haben. Einer mehrmals vorgeschriebenen gründlicheren Reinigung des Produktionsbetriebs sei man beispielsweise "nur schleppend nachgekommen", sagte die Staatsanwältin. "Die Hygienemaßnahmen haben nicht gepasst", fasste sie zusammen.

Käse nicht direkt verkauft

Verteidiger Elmar Kresbach bezeichnete die Listerienfälle als "emotionale und furchtbare Geschichte", erklärte aber: "Die Brücke zwischen dem unbescholtenen Angeklagten und den traurigen Ereignissen ist nicht nachvollziehbar." Es handle sich um ein "wackliges Konstrukt". Der Käse sei nicht direkt verkauft, sondern u. a. auch an die Gastronomie geliefert worden, hielt der Anwalt fest.

Es habe nie Hygieneprobleme gegeben, meinte der Angeklagte - im Gegensatz zu den Kontrollergebnissen, die im Laufe des Prozesses Thema waren. Beanstandungen hätten die Gerätschaften betroffen, erzählte der 39-Jährige. "Es gab schon Phasen, als es nicht möglich war, alles zeitgerecht zu lösen, weil die Maschinen aus dem Ausland kamen", sagte der Beschuldigte laut Dolmetscher. Der aus Serbien stammende Angeklagte war zuvor bei einem fleischverarbeitenden Betrieb tätig. Der 39-Jährige ist derzeit ohne Beschäftigung.

Schwarzschimmel an den Wänden

Bei einer Kontrolle im Dezember 2021 wurde Schwarzschimmelbildung an Wänden festgestellt, zudem wurde ein "muffiger, dumpfer Geruch" in dem Betrieb wahrgenommen. Zudem wurde das Fehlen von Insektenschutzgitter beanstandet, ein Eindringen von Ungeziefer wie Mäuse und Ratten in den Produktionsbereich sei "sofort durch geeignete Maßnahmen zu verhindern", hieß es in dem entsprechenden Bericht. Dabei handle es sich schon um ein Hygieneproblem, hielt die Richterin fest. Fünf Wochen danach seien die Mängel noch immer nicht behoben gewesen. Die Staatsanwältin zitierte aus der Aussage einer Angestellten, wonach es eine regelrechte "Rattenjagd" im Betrieb gegeben habe. "Davon höre ich zum ersten Mal", sagte der Beschuldigte.

Bereits 2018 und auch in den beiden folgenden Jahren waren Listerien in Gullyproben nachgewiesen worden. "Sie machen nicht den Eindruck, als hätte Sie das beunruhigt", sagte die Richterin zum Angeklagten. Im Gully seien Listerien nicht problematisch, meinte der 39-Jährige sinngemäß. Im September 2022 wurde laut der Staatsanwältin ein konkreter Bakterienstamm u. a. im Reiferaum der Käserei nachgewiesen, die Produktion wurde per Bescheid untersagt. Die Käserei hatte Kajmak, Trinkjoghurt und Frischkäse zurückgerufen. Zuvor hatten routinemäßig durchgeführte Clusteranalysen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ergeben, dass mehrere Erkrankungen in Wien auf einen identen Listerienstamm zurückzuführen sind.

Fünf Menschen starben nach Verzehr

Fünf Menschen starben nach dem Verzehr kontaminierter Produkte. Zwei Personen erlitten eine dauerhafte Hirnschädigung, drei weitere eine chronische Nierenschwäche, Lungenentzündungen oder ausgeprägte Schwächezustände. Eine Frau soll wegen einer Listeriose eine Frühgeburt erlitten haben. Das Baby musste künstlich beatmet werden und erlitt eine lebensbedrohende Sepsis. Ein Opfer sei ein "Pflegefall, sitzt im Rollstuhl und musste neu sprechen lernen", glücklicherweise lebe der Mann noch, sagte ein Privatbeteiligtenvertreter.

Mit Produktion 2017 begonnen

Das Unternehmen war in einem Gebäude untergebracht, das von einer Fleischerei zu einer Molkerei umgebaut worden war. 2017 wurde mit der Produktion begonnen. Der Betrieb, der bis zu fünf Mitarbeiter beschäftigte, meldete Ende 2022 zum zweiten Mal Insolvenz an. Ein Konkursverfahren war die Folge. Mit Beschluss vom 12. April wurde die Schließung der Käserei angeordnet.

Der Prozess sollte ursprünglich bereits am 23. August über die Bühne gehen. Der Angeklagte erschien - letztlich entschuldigt wegen Krankheit - nicht.

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