Tierische Verschwendung?
"37 Millionen für neues Tiergefängnis in Wien?"
Der Bau des neuen Schönbrunn-Aquariums stoßt zumindest der Umweltorganisation Sea Shepherd sauer auf. Ein offener Brief soll zum Umdenken anregen.
Die Umweltschutzorganisation "Sea Shepherd" wurde 1977 kurz nach "Greenpeace" gegründet und hat sich besonders den Schutz der weltweiten Meere und deren Bewohner zur Aufgabe gemacht. In einem offenen Brief an Schönbrunns Tiergartendirektor Stephan Hering-Hagenbeck hagelt es aufgrund des geplanten Baus des sogenannten "Artenschutz-Aquariums" ab 2025 ("Heute" berichtete) knallharte Kritik.
„Statt beinahe 37 Millionen Euro für den Bau eines neuen Tiergefängnisses auszugeben, appellieren wir an Sie, diese Summe dort zu investieren, wo sie wirklich zum Artenschutz beiträgt, nämlich in den natürlichen Lebensräumen der Tiere.“
Hier der vollständige Brief an den Tiergarten Schönbrunn:
Sehr geehrter Herr Hering-Hagenbeck,
der Tiergarten Schönbrunn genießt als ältester Zoo der Welt internationales Renommee, sowohl bei Besuchern als auch in der wissenschaftlichen Community. Vor allem Ihre Bestrebungen in den Bereichen Forschung und Artenschutz zeichnen den Zoo im internationalen Vergleich aus. Umso befremdlicher war es, die gestern erschienenen Artikel zu den Plänen für das Bauprojekt rund um das "größte Aquarium Österreichs" zur Kenntnis zu nehmen, dessen Baustart für nächstes Jahr angesetzt ist. In diesem drei Millionen Liter Wasser umfassenden Aquarium sollen auch Individuen diverser Haiarten ihre neue Heimat finden.
Diese Nachrichten sind im Jahr 2024 aus mehreren Gründen höchst besorgniserregend:
- Artenschutz in Gefangenschaft:
Es ist bedenklich, dass bedrohte Arten in Gefangenschaft gehalten werden, anstatt ihre natürlichen Lebensräume zu schützen und zu bewahren. Der Bau eines riesigen Aquariums setzt ein falsches Zeichen in einer Zeit, in der natürliche Ökosysteme weltweit zusammenbrechen. Anstatt Millionen in künstliche Lebensräume zu investieren, wäre es sinnvoller, diese Mittel für den Schutz von Ozeanen und bedrohten Arten in freier Wildbahn zu nutzen.
- Verhaltensstörungen, Sterblichkeitsraten und Auswilderung:
Haie und andere Meerestiere benötigen weite Ozeane, um sich artgerecht zu bewegen. In Gefangenschaft leiden sie häufig unter Stress, entwickeln Verhaltensstörungen und haben gesundheitliche Probleme. Ihre komplexen ökologischen Bedürfnisse können in künstlichen Umgebungen nicht erfüllt werden, was zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate führt. Besonders Haie sind in Gefangenschaft gefährdet. Zudem führt eine Aufzucht in Gefangenschaft zu massiven Problemen, die eine erneute Auswilderung beinahe unmöglich machen.
- Tierwohl vs. Bildung:
Während gerne argumentiert wird, dass Zoos und Aquarien zur Bildung und Aufklärung über Artenschutz beitragen, verstärken sie vielmehr das Bild von gefangenen Tieren zu Unterhaltungszwecken, während der natürliche Lebensraum dieser Tiere weiterhin zerstört wird. Darüber hinaus tragen die künstlichen Lebensbedingungen wesentlich zu verändertem Verhalten der Tiere bei, was einer akkuraten Bildung und Aufklärung in jedem Fall widerspricht.
Wir, die unterzeichnenden Organisationen, Herr Hering-Hagenbeck, sind von der unbedingten Notwendigkeit des Artenschutzes im Ökosystem Meer restlos überzeugt und haben uns dieser in vollem Ausmaß verschrieben. Was uns jedoch trennt ist der Zugang, wie wir diesen Artenschutz bestmöglich erreichen können. Statt beinahe 37 Millionen Euro für den Bau eines neuen Tiergefängnisses auszugeben, appellieren wir an Sie, diese Summe dort zu investieren, wo sie wirklich zum Artenschutz beiträgt, nämlich in den natürlichen Lebensräumen der Tiere. Wer Tiere nachhaltig schützen möchte, tut dies in ihrem natürlichen Lebensraum; nicht hinter Glas oder Gittern.
Wir hoffen und zählen auf Sie!
Hochachtungsvoll
Markus Trebuch - Director Sea Shepherd Österreich
Tina Reiterer - Board Member Sharkproject
Sandy P. Peng - Tierrechtsaktivistin / Verein Gegen Tierfabriken
Katharina Loupal - Core Team Member StopFinningEU
Auf den Punkt gebracht
- Die Umweltorganisation Sea Shepherd kritisiert in einem offenen Brief den geplanten Bau des neuen Schönbrunn-Aquariums in Wien, der ab 2025 beginnen soll, scharf
- Sie fordern ein Umdenken und betonen ihre Mission, die Meere und deren Bewohner zu schützen