Österreich
24-Stunden-Pflegerin (72) erkämpft sich Mindestpension
Maria K. (72) war jahrelang in Österreich als 24-Stunden-Pflegerin tätig. 2016 erlitt die Rumänin einen Schlaganfall, erhielt danach 41 Euro Pension.
Maria K. (72) kann wieder lächeln. Die gebürtige Rumänin hat einen jahrelangen Kampf hinter sich – nicht nur einen gesundheitlichen, auch einen juristischen. Aufgrund eines rechtskräftigen Urteils steht der 72-Jährigen, die bei ihrer Tochter in Wien-Penzing lebt, eine Mindestpension zu. Nun erhält sie von der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen 1.522,32 Euro Pension pro Monat, davor waren es 41,40 Euro.
Maria K. kam im Jänner 2010 im Alter von 60 Jahren nach Wien. Über eine Agentur war die gebürtige Kroatin, die in Rumänien lebte, als 24-Stunden-Pflegerin tätig – drei Monate arbeitete sie, drei Monate legte sie eine Pause sein: "Das war damals so üblich bei der Agentur", erzählt ihre Tochter, Nicole K. (44).
„"Meine Mutter hat sich teilweise sogar um zwei Personen in einem Haushalt gekümmert" - Nicole K., Tochter von Maria K.“
Jahrelang kümmerte sich Maria K. um pflegebedürftige Menschen in Österreich: "Sie hat alles gemacht: Geputzt, gebügelt, Einkäufe erledigt und natürlich die Krankenversorgung. Teilweise hat sie sogar zwei Personen im gleichen Haushalt gepflegt. Am Anfang hat sie 800 Euro netto verdient, später dann 1.200 Euro", berichtet Nicole K.
Die Rumänin lebte meist bei ihrer Tochter und ihrem Enkel, besuchte aber auch oft ihren Sohn in der Heimat: "Sie musste für einen Bus zahlen, der die Pflegekräfte von Rumänien nach Österreich und wieder retour gebracht hat. Da sie den sowieso zahlen musste, hat sie den manchmal auch für Besuche bei meinem Bruder genützt", erinnert sich die 44-Jährige.
2016 erlitt Maria K. einen Schlaganfall
Im August 2016 erlitt die damals 66-Jährige beim Einpflanzen von Obstbäumen in Rumänien einen Schlaganfall. Nicole K. holte ihre Mutter nach Wien, betreut sie seitdem rund um die Uhr daheim: "Am Anfang konnte sie weder sprechen, noch sich bewegen. Sie war zwei Jahre lang komplett bettlägerig. Jetzt geht es ihr Gott sei Dank schon besser. Sie spricht wieder ein bisschen, braucht aber Hilfe beim Gehen", meint Nicole K.
So wie fast alle der rund 62.000 in Österreich tätigen 24-Stunden-Pflegerinnen war Maria K. selbstständig. Die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) zahlte ihr nach dem Schlaganfall eine monatliche Pension in Höhe von 41,40 Euro, zusätzlich erhielt sie noch 104,21 Euro Pension aus ihrer Heimat: "Wir hatten massive finanzielle Probleme. Ich konnte teilweise das Essen oder die Windeln für sie nicht bezahlen", erklärt Nicole K.
„"Frau K. muss nicht fünf Jahre durchgängig in Österreich gewesen sein. Es reicht, wenn sie jedes Jahr zumindest sechs Monate hier war" - Anwältin Judith Gingerl“
Nicole K. suchte daher 2016 um eine Ausgleichszulage (Mindestpension) für ihre Mutter an, doch die SVS lehnte ab. Die 44-Jährige ging mit Hilfe von Rechtsanwältin Judith Gingerl vor das Arbeits- und Sozialgericht. Die SVS berief sich darauf, dass sich Maria K. nicht durchgängig fünf Jahre lang in Österreich aufgehalten hatte. Das Arbeits- und Sozialgericht gab der SVS in 1. Instanz Recht, doch die Anwältin von Maria K. ging in Berufung. Das Oberlandesgericht in Wien revidierte diese Entscheidung: "Frau K. muss demnach nicht fünf Jahre durchgängig in Österreich gewesen sein. Es reicht, wenn sie jedes Jahr zumindest sechs Monate hier war", so Gingerl.
Im Sommer 2021 wurde das Urteil rechtskräftig. Maria K. hat somit das Dauer-Aufenthaltsrecht und den Anspruch auf Sozialleistungen. Die SVS muss seit September Maria K. die Mindestpension in Höhe von 1.522,32 Euro auszahlen, was diese auch tat.
Oberlandesgericht entschied zugunsten Maria K.
Allerdings hat die 72-Jährige auch Anspruch auf eine Nachzahlung in Höhe von 29.304,26 Euro. Nach langem Hin und Her wurde schließlich auch dieser Betrag beglichen, aber: "Es wurde von der SVS eine Beitragsnachzahlung in Höhe von 4.999,48 Euro reklamiert, die unserer Meinung nach nicht rechtens ist. Dieser Betrag ist noch offen, wir werden hier einen Exekutionsantrag einbringen", erklärt Anwältin Gingerl.
Für Nicole K. und ihre Mutter bedeutet das Urteil eine große finanzielle Entlastung: "Jetzt muss ich mir nicht mehr Sorgen machen, ob ich die Medikamente, den Rollstuhl oder die Windeln für meine Mutter bezahlen kann. Und auch meine Mutter fühlt sich jetzt besser."