Politik
"Schurkenstück": Regierung peitscht Krisen-Gesetz durch
Gegen den erbitterten Protest aller Oppositionsparteien hat die Koalition am Donnerstag das abgespeckte Krisensicherheitsgesetz beschlossen.
Das ursprüngliche Krisensicherheitsgesetz (B-KSG) berührte eigentlich Verfassungsmaterie. Im Nationalrat brauchte es deswegen eine qualifizierte Mehrheit, zwei Drittel der Abgeordneten mussten zustimmen. Weil die Regierungsparteien aber nur 53 Prozent der Mandate halten, scheiterte es im ersten Anlauf.
Die Verfassungsbestimmungen, die eine Erweiterung der Aufgaben des Bundesheers vorsehen, wurden daraufhin einfach aus Gesetzespaket herausgelöst. Verfassungs- und Wehrgesetz werden dadurch nicht mehr berührt, das Krisensicherheitsgesetz konnte deswegen am Donnerstag mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.
Die Eckpunkte des neuen, staatlichen Krisenmanagements: Die gesetzliche Definition eines Bundes-Krisenfalls, die Festlegung eines Verfahrens zur Ausrufung und Beendigung einer Krise, Einrichtung eines Regierungsberaters im Bundeskanzleramt samt Stellvertreter und Beratungsgremium, ressortübergreifende Fachgremien und eines Bundes-Krisensicherheitskabinetts unter Leitung des Bundeskanzlers, die Einrichtung eines Bundeslagezentrums im Innenministerium sowie die Benennung von Kontaktstellen zur raschen Koordination im Krisenfall.
"Schurkenstück"
Die Kritik der Oppositionsparteien fällt hart aus. Eigentlich wäre eine gesetzliche Grundlage für die staatliche Krisenbewältigung durchaus wünschenswert, findet SPÖ-Mandatar Reinhold Einwallner – "aber nicht so". Die Gesetzesvorlage sein ein "Murks", der Krisenbegriff "schwammig" definiert. Demokratiepolitisch "mehr als bedenklich" sei es insbesondere, dass eine Krise lediglich mittels einfacher Mehrheit im Hauptausschuss ausgerufen und verlängert werden kann.
Einen Schritt weiter geht die FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer, der von einem "besonderen Schurkenstück" spricht. Die Regierungsvorlage öffne "der Willkür Tür und Tor". Laut ihm würde der Krisenbegriff auch auf die bereits seit Jahren herrschende "Massenmigration" zutreffen. Laut Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) drücke sich die Politik vor Verantwortung.
Türkis-Grün zufrieden
Innenminister Gerhard Karner sieht das freilich gänzlich anders. Nach einem "langen und intensiven" Gesetzwerdungsprozess, in dem über 11.000 Stellungnahmen begutachtet und teilweise eingearbeitet wurden, sei es legitim, dass nun unterschiedliche Sichtweisen über die Umsetzung des Gesetzes vorlägen. Jedenfalls ermögliche es eine Entwicklung des gesamtstaatlichen Krisenmanagements in die richtige Richtung.
David Stögmüller von den Grünen führte aus, wie verschiedene Krisen zusammenhingen und betonte die Bedeutung einer dementsprechenden Vorausplanung. Das B-KSG sorge sowohl in der Vorsorge als auch in der Krisenbewältigung für Transparenz und parlamentarische Kontrolle.
Für Christian Stocker (ÖVP) war die Kritik der Oppositionsparteien "rein parteipolitisch motiviert". Es gehe darum, die Erfahrungen speziell aus der Corona-Krise zu nutzen und die Strukturen zur Krisenbewältigung gesamtstaatlich zu verbessern.