Wien

Firma strich Mitarbeiter im Krankenstand 88 Überstunden

Zuerst wurde einem Wiener das Gehalt gekürzt, dann strich ihm die Firma im Krankenstand auch noch 88 Überstunden. Mit Hilfe der AK zog er vor Gericht.

Heute Redaktion
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Reinigungskräfte arbeiten, wenn andere noch schlafen oder schon ihren Feierabend genießen. 
Reinigungskräfte arbeiten, wenn andere noch schlafen oder schon ihren Feierabend genießen. 
(Symbolfoto: iStock)

Reinigungskräfte haben oft mit unsauberen Methoden zu kämpfen: Ein Angestellter wurde von einer Wiener Putzfirma nach einem Jahr zum Objektleiter befördert, bekam eine Gehaltserhöhung. Der Mann verdiente fortan statt 1.470 Euro nun 2.110 Euro brutto pro Monat. Das wurde dem Arbeitgeber aber bald zu teuer. Er strich das Einkommen kurzerhand auf 1.670 Euro zusammen. Der Objektleiter hatte einer solchen Vertragsänderung nie zugestimmt. Das kümmerte den Arbeitgeber aber wenig – und so zog er von dem ohnehin schon verringerten Lohn illegalerweise auch noch Strafzettel ab, weiß die Wiener Arbeiterkammer. 

Als der Wiener krank wurde, gab es statt Genesungswünschen schlechte Nachrichten. Dem Mann wurde ausgerichtet, dass ihm die Überstunden für zwei Monate – immerhin 88 Stunden – nicht ausbezahlt würden. Die hätte er sich zuvor genehmigen lassen müssen, argumentierte der Chef.

Vertragsbrüche sind in Reinigungsbranche überdurchschnittlich häufig

Der Fall landete vor Gericht. Mit Hilfe der Arbeiterkammer kam es zu einem Vergleich. Der Arbeitgeber muss nun für seine rechtswidrigen Handlungen 12.500 Euro an den Betroffenen nachzahlen. Der Gang vor Gericht ist in der Reinigungsbranche leider keine Seltenheit, so die AK, das Arbeitsrecht werde hier überdurchschnittlich oft gebrochen. Konkret heißt das, dass zwei Prozent aller unselbständig Beschäftigten in der Reinigung arbeiten – und zugleich mehr als vier Prozent aller Arbeitsrechtsberatungen auf Reinigungskräfte entfallen.

Arbeitszeiten von Reinigungskräften sind nicht familienfreundlich

Reinigungskräfte arbeiten früh am Morgen bevor die Büros und Geschäfte öffnen und spät nachts, während andere schon ihren Feierabend genießen. Ein normaler Familienalltag lässt sich mit solchen Arbeitszeiten schwer realisieren. So stellen die unangenehmen Arbeitszeiten für die übrigens meist weiblichen Putzkräfte (67 Prozent) eine große Belastung dar.

"Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie systemrelevant Reinigungskräfte sind. Sie verdienen bessere Arbeitsbedingungen und generell mehr Wertschätzung", so die Präsidentin der Arbeiterkammer Renate Anderl.

Systemrelevanz ihrer Arbeit muss für Reinigungskräfte spürbar werden

"Die Arbeitszeiten und Diensteinteilung der Reinigungskräfte an die Bedürfnisse der Beschäftigten anzupassen und somit auch die Menschen, die die Reinigung erledigen sichtbar zu machen, würde die Arbeitsbedingungen stark aufwerten“, sagt AK Präsidentin. Es ist Zeit, dass die Bezahlung endlich den tatsächlichen Wert der Arbeit von Reinigungskräften abbildet. Die AK fordert darum nun einen Mehrarbeitszuschlag ab der ersten Stunde – das bedeutet ohne Durchrechnung – von 50 statt nur 25 Prozent und Reinigung am Tag, statt zur Tagesrandzeit. "Die öffentliche Hand als größter Auftraggeber muss hier mit gutem Beispiel vorangehen und dem Bestbieter- statt dem Billigstbieterprinzip folgen", so das Fazit der Arbeiterkammer.

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    Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl beim ORF-Talk "Im Zentrum" am 9. Jänner 2021.
    Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl beim ORF-Talk "Im Zentrum" am 9. Jänner 2021.
    Screenshot ORF
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