Ukraine
Orban fordert für Ölembargo 18 Milliarden Euro
Die EU will bei der Abkehr von russischen Energieimporten Einigkeit demonstrieren. Ungarn fordert von der Europäischen Union nun aber Milliarden.
Im Streit um das geplante Ölembargo der Europäischen Union gegen Russland ist kein Durchbruch in Sicht: Ungarn machte am Montag bei einem EU-Außenministertreffen in Brüssel milliardenschwere Hilfen zur Voraussetzung für seine Zustimmung zu dem Importstopp. "Wir sind alle gespannt, wie diese Saga endet", kommentierte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba die Uneinigkeit trocken. Er nahm als Gast an den Beratungen teil. Die Verhandlungen der EU-Staaten über ein Ölembargo sollten eigentlich bereits vor mehr als einer Woche abgeschlossen werden.
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Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto sprach in einer auf Facebook veröffentlichten Videobotschaft von Investitionen in Höhe von 15 bis 18 Milliarden Euro für die Abkehr seines Landes vom russischen Öl. Nötig sei eine "vollständige Modernisierung der ungarischen Energie-Infrastruktur", betonte Szijjarto. Es sei deshalb "legitim", dass sein Land dazu einen Vorschlag der EU-Kommission erwarte.
Orban sieht die Energieversorgung seines Landes in Gefahr
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte vor knapp zwei Wochen einen Einfuhrstopp für russisches Rohöl und Ölprodukte vorgeschlagen, der bis zum Jahresende schrittweise in Kraft treten soll. Für Ungarn war bereits eine längere Übergangsfrist bis Ende 2023 vorgesehen.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban drohte dennoch mit einem Veto, weil er die Energieversorgung seines Landes in Gefahr sieht. Laut Diplomaten ist inzwischen eine Frist bis Ende 2024 im Gespräch, doch das reicht Budapest nicht aus.
"Die ganze Union wird als Geisel genommen"
Bei den europäischen Partnern stößt die Blockadehaltung Ungarns zunehmend auf Unmut: "Die ganze Union wird von einem Mitgliedstaat als Geisel genommen", kritisierte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. Der italienische Ressortchef Luigi Di Maio forderte eine Abkehr vom Prinzip der Einstimmigkeit in der Außenpolitik. "Das ermöglicht es einem Land, Entscheidungen aller anderen zu blockieren", monierte er in Brüssel.
"Wir tun unser Bestes, um die Situation zu entschärfen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande der Beratungen. Neben Ungarn fordern Diplomaten zufolge auch die Slowakei, Tschechien und Bulgarien längere Übergangsfristen zur Umsetzung des Einfuhrstopps für russisches Öl sowie Milliardenhilfen zum Bau neuer Pipelines. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock äußerte sich ungeachtet der Spannungen "sehr zuversichtlich" hinsichtlich einer Einigung "in den nächsten Tagen".
Der ukrainische Außenminister Kuleba rief die EU in Brüssel auf, schnellstmöglich auch einen Einfuhrstopp für russisches Gas auf den Weg zu bringen. Ansonsten zahlten die Europäer doppelt, betonte er: Für die Energielieferungen und "für die Zerstörung, die russische Waffen auf ukrainischem Boden anrichten".
Beitrittsgesuche als weiterer Zankapfel
Zu den Brüsseler Gesprächen reisten auch die Außenminister mehrerer Westbalkan-Länder an, die auf einen EU-Beitritt hoffen. Baerbock nannte die Aufnahme offizieller Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien "überfällig". Bisher blockiert Bulgarien Fortschritte.
Alexander Schallenberg forderte, "endlich Nägel mit Köpfen" zu machen. Russland könne auf dem westlichen Balkan "Unruhe stiften, auch ohne einen einzigen Schuss abzugeben", warnte er. Grundsätzlich äußerte sich Schallenberg wie Baerbock optimistisch, dass es "in den nächsten Tagen" einige Einigung auf das sechste Sanktionspaket geben könnte. Es sieht neben dem Ölembargo auch vor, die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. Zudem sollen unter anderem Russlands staatlicher Fernseh-Nachrichtensender Russia 24 (Rossija 24) sowie die ebenfalls staatlichen Sender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.