Politik
Weg frei für Nehammer – ein Hardliner als neuer Kanzler
Innenminister Karl Nehammer wechselt ins Kanzleramt. Er vertritt wie Kurz eine strenge Asyllinie. "Heute" hat seine Polit-Karriere durchleuchtet.
Der Kurz-Rückzug hat nun ein wahres Politbeben ausgelöst. Alexander Schallenberg (ÖVP), erst seit Oktober Bundeskanzler, wird seinen Platz schon wieder freimachen. Donnerstagabend gab er bekannt: "Ich werde das Amt zur Verfügung stellen." Denn VP-Innenminister Karl Nehammer wechselt aller Voraussicht nach von der Herrengasse auf den Ballhausplatz – dies erfuhr "Heute" aus Insiderkreisen. Der türkise Koalitionspartner, die Grünen, haben diese Rochade am Donnerstag akzeptiert. Zuvor galt der Innenminister bereits als Kandidat für den ÖVP-Chefsessel.
Damit zieht nach Schallenberg ein Hardliner ins Kanzleramt ein. Nehammer gilt vor allem wegen seines strikten Kurses in der Migrations- und Zuwanderungspolitik als solcher. Zuletzt stand der 49-Jährige speziell wegen seiner Haltung zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan in der Kritik. Bis zuletzt machte er sich für Abschiebungen von Asylwerbern aus der krisengebeutelten Region stark. Doch auch während der Corona-Krise gab Nehammer – speziell zu Beginn – den harten Mann, wenn es um Strafen für Lockdown-Sünder ging.
Wiener mit Bundesheer-Karriere
Der gebürtige Wiener besuchte in Wien das Kollegium Kalksburg und das Gymnasium Amerlingstraße. Danach ging Nehammer als Einjährig-Freiwilliger zum Bundesheer und wurde als Leutnant ausgemustert. Anschließend arbeitete er als Lehrtrainer für Informationsoffiziere für das Verteidigungsministerium und als Kommunikations-Trainer unter anderem für das Berufsförderungsinstitut (BFI) und die Politische Akademie der ÖVP.
Ab 2012 absolvierte er an der Donauuniversität Krems bei Peter Filzmaier den zweijährigen Universitätslehrgang Politische Kommunikation und schloss mit einem Master of Science ab.
Schwere Vorwürfe gegen Innenminister nach Terrornacht
Nehammer war während der türkis-blauen Bundesregierung Generalsekretär der ÖVP, politisch sozialisiert wurde der gebürtige Wiener in der niederösterreichischen Volkspartei und im Arbeitnehmerbund ÖAAB. Nach den Anschlägen vom 2. November in Wien musste sich Nehammer als Innenminister den Vorwürfen stellen, das Attentat nicht verhindert zu haben.
Nehammer gab dafür seinem Vorgänger Herbert Kickl (FPÖ) und dem Skandal um das desolate Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) die Schuld. Er trieb daraufhin die Reform des Staatsschutzes voran, installierte den bereits in die Reform involvierten Salzburger Landespolizeidirektor Franz Ruf als Generaldirektor für öffentliche Sicherheit.
Kurz: "Habe Gefühl gehabt, gejagt zu werden"
Kurz selbst begründete den Rückzug mit der Geburt seines Sohnes und den Anschuldigungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Er sei "extrem dankbar" für seine letzten zehn Jahre als Politiker und habe "hundert Prozent" Zeit und Begeisterung in seine Tätigkeit investiert, das sei für ihn "eine Selbstverständlichkeit gewesen. Bei vielen getroffenen Entscheidungen wären auch falsche dabei gewesen, so Kurz. Kritik daran habe er immer verstanden und geschätzt, zuletzt habe er aber "fast das Gefühl gehabt, gejagt zu werden".
Erst Anfang Oktober war Kurz im Zusammenhang mit Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Inseratenaffäre als Bundeskanzler zurückgetreten. Das habe "in mir meine eigene Flamme kleiner werden lassen", gestand Kurz. Nun freue er sich auf den Tag, an dem er beweisen könne, dass die Vorwürfe gegen ihn allesamt falsch seien.
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