Sportmix
Neue Köpfe, neue Mächte – das läuft echt im Team Thiem
Im Team von Tennis-Ass Dominic Thiem gab es zuletzt ein Köpferollen. Die Nebengeräusche werden mehr. Das läuft wirklich hinter den Kulissen.
Den letzten Ball in einem Tennismatch schlug Dominic Thiem vor exakt 95 Tagen. Es war eine Vorhand beim Rasenturnier auf Mallorca. Dann machte es Knacks. Die Schock-Diagnose: Einriss der Sehnenscheide und der dazugehörigen Gelenkskapsel im rechten Handgelenk. Sein Körper stoppte ihn beim Comeback nach dem enttäuschenden ersten Halbjahr 2020.
Thiem versuchte ein Blitz-Comeback, um den heroischen Grand-Slam-Titel bei den US Open in New York zu verteidigen. Nach einer Woche Schlagtraining spürte er Schmerzen am Handgelenk. Vor allem die Klapp-Bewegung mit dem Handgelenk beim Vorhandschlag bereitete ihm Probleme. "Ich habe zu viel zu früh gewollt", gibt er zu. Das Tennisjahr hat er abgehakt. In der Weltrangliste ist er auf Platz acht abgerutscht. Sein Preisgeld stagniert bei 28.861.766 US-Dollar.
Umbau im Team Thiem ist legitim, der Stil zu hinterfragen
"In meiner Karriere ist jetzt Halbzeitpause", stellt Österreichs international renommiertester Sportler neben David Alaba klar. Still wurde es aber nie um den 17-fachen Turniersieger auf ATP-Level. Denn Thiem baut das Team Thiem um. Manager Herwig Straka ging Ende Mai. Thiem unterschrieb aus eigenem Antrieb als erster Sportler bei der spanischen Management-Agentur "Kosmos". Für Mike Reinprecht kam Fitness-Coach Jez Green vom Rivalen Alexander Zverev. Zuletzt trennte er sich vom in der Tennisszene unumstrittenen Langzeit-Physiotherapeuten Alexander Stober, der in sechs Jahren Zusammenarbeit zur engen Vertrauensperson des Lichtenwörthers wurde.
"Heute" berichtete über alle personelle Änderungen vorab. Die Nebengeräusche wurden zuletzt mehr. Physio Stober musste gehen, obwohl Thiem vor 14 Tagen auf ServusTV noch meinte, der Deutsche gehöre zum Team. "Ich war sechs Jahre lang absolut loyal zu Dominic – und dann hat er nicht einmal die Courage, mir selbst mitzuteilen, dass wir nicht mehr zusammenarbeiten", meinte Stober zwei Tage nach Erscheinen des "Heute"-Artikels auf tennisnet.com. Hintergrund: Nicht Thiem selbst, sondern Manager Galo Blanco informierte Stober per Telefon kurzfristig über sein Aus.
Ein Team-Umbau mit 28 Jahren für den Neustart in die zweite Hälfte einer Karriere ist legitim. Der Stil ist zu hinterfragen. Er ist aber nicht ganz neu. Auch Ex-Fitness-Coach Mike Reinprecht erfuhr von seinen gezählten Tagen im Team Thiem im "Heute"-Gespräch als er mit dem neuen Fitness-Trainer Jez Green konfrontiert wurde. "Wir werden die Rollenverteilung in den nächsten Tagen besprechen", meinte Reinprecht. "Wichtig ist, dass alle an einem Strang ziehen, wieder ein Winning-Team entsteht." Sein Aus war da freilich längst besiegelt.
Oder Thomas Muster - der auf Initiative von Ex-Manager Straka, der Muster noch immer managt - Thiem am Weg zur Nummer 1 eine Stütze sein sollte. Österreichs erster Tennis-Weltstar kennt den Grund für sein Blitz-Aus während der Australian Open 2020 nach eigenen Angaben bis heute nicht. "Ich habe es nie verstanden."
Thiem ist am Tennisplatz immer mutig, abseits davon sieht ihn sein enger Zirkel bei Entscheidungen weniger offensiv. Lange war das auch nicht nötig. Da gab sein Mentor, Langzeit-Trainer und auch späterer Manager Günter Bresnik klar die Marschrichtung vor. Thiem brach bewusst mit diesem System. Für die tatsächliche Trennung von Bresnik benötigte Dominic freilich mehrere Anläufe, um die negative Nachricht auch auszusprechen.
Thiem war plötzlich sein eigener Chef. Sein Team mit Reinprecht und Stober hatte aber noch Bresnik entworfen. Mehr noch: Selbst sein neuer Coach Nicolas Massu, der ihn auf ein neues Level hob, war eine Idee von Bresnik. Und Galo Blanco, den aktuellen Thiem-Manager, holte auch Bresnik ins Boot. Er stellte ihn als Touring-Coach ein, weil Bresnik nicht mehr zu jedem Turnier reisen wollte.
Vater Wolfgang Thiem gibt seit dem Bruch der gesamten Familie mit Bresnik übrigens nicht - wie oft vermutet - die Richtung vor. Nach dem unrühmlichen „Zecken“-Sager in Richtung Bresnik, weil Dennis Novak von Thiems Akademie in Traiskirchen zurück zu Bresnik in die Südstadt wechselte, hagelte es Kritik – auch aus den eigenen Reihen. Seitdem hält sich Vater Thiem in der Öffentlichkeit zurück. Und nicht nur dort. Gegenüber "Heute" sagte er zuletzt: "Bei Fragen zu Dominic wende dich bitte an die Spanier."
Die Spanier – das ist Thiems neue Management-Agentur "Kosmos". Barcelona-Verteidiger Gerard Pique - mit Spanien Welt- und Europameister, mit "Barca" vier Mal Champions-League-Sieger - ist dort einer von zwei Chefs. Mit Blanco hatte Thiem immer Kontakt. Neue Sponsoren finden, die Vermarktung international vorantreiben - das sind für Blanco die Hauptaufgaben mit der Marke Thiem. "Dominic soll sich aufs Tennis konzentrieren." Laut "Heute"-Infos gehen die Verpflichtung von Fitness-Guru Jez Green und eines neuen Physios von "Kosmos" aus.
Vermehrt eingebunden in diese Entscheidungen ist aber Dominics Bruder Moritz. Er hat die Pläne, Tennisprofi zu werden, aufgegeben, und genießt seine neue Rolle als Bindeglied zwischen Familie und Management.
Thiem selbst feilt aktuell an seiner Fitness. An Tennis ist noch nicht zu denken. Ein Arzt-Termin soll in den nächsten Tagen Klarheit über die Notwendigkeit einer Handgelenks-OP bringen. "Davon hängt alles ab."