Politik
Wer ist der Mann, der für Kurz das Gebet sprach?
Am Sonntag beteten Tausende Menschen in der Wiener Stadthalle für Ex-Kanzler Kurz. Initiiert hatte das der Missionar Ben Fitzgerald.
Der Auftritt von Sebastian Kurz bei der Ökumenveranstaltung "Awakening Europe" am Sonntag sorgt für Aufsehen. Nicht seine kurze Ansprache, sondern was danach kam: Ben Fitzgerald, Missionar und Leiter der Veranstaltung, sprach ein Segensgebet für den Ex-Bundeskanzler.
Zuvor hatte er Kurz mit folgenden Worten angekündigt: "Ich hatte gerade die Möglichkeit, zehn Minuten hinter der Bühne mit ihm zu sprechen. Ich bin tief beeindruckt. Ich habe das Gefühl, dass er ein Mann ist, der die Bedürfnisse der Menschen kennt. Er ist der jüngste Kanzler in der Geschichte der Welt. Ich glaube wirklich, dass das die Hand Gottes auf seinem Leben ist. Er hat ein solch großes Herz für diese Nation. [...] Wir wollen Kanzler Sebastian Kurz ehren."
Doch wer sind Fitzgerald und "Awakening Europe" überhaupt?
Der Australier Ben Fitzgerald erzählte mit Dolmetscher im Rahmen der Veranstaltung von seinem Werdegang. Sein Vater habe Selbstmord begangen, er sei aggressiv und drogensüchtig gewesen. Doch dann sei ihm Jesus erschienen. "Und er sagte zu mir: Ich werde große Barmherzigkeit zu so vielen Menschen zeigen, weil ich Dir diese Barmherzigkeit gezeigt habe. Du wirst um die Welt herumreisen und predigen, um zu verkündigen, dass ich ein Gott der Barmherzigkeit bin", wird der Prediger von "kath.net" zitiert.
Mit "Awakening Europe" will Fitzgerald "Europa zurückholen". Diese Veranstaltungen, die laut Eigenangaben in erster Linie durch Spenden finanziert werden, sollen laut "bethel.com" drei Hauptfunktionen erfüllen: Gläubige rüsten, Jesus ohne Angst zu teilen, die Kirche für Gottes Plan für ihre Nation zu vereinen und durch Masseneinsätze viele neue Menschen für Gott zu gewinnen.
Als Rednerin trat am Sonntag auch Gudrun Kugler auf, die Menschenrechtssprecherin der ÖVP im Nationalrat. Sie hatte in der Vergangenheit in einem Magazin des Mittelschul-Kartellverbandes gesagt, die Homo-Ehe würde "unweigerlich zu Erweiterungen" wie der "Ehe unter Geschwistern" führen.
Die Reaktionen
Sebastian Kurz betonte am Montag, er sei immer wieder bei religiösen Veranstaltungen eingeladen. Er habe seinen Besuch bei "Awakening Europe" zugesagt, als er noch Kanzler war. Das Gebet sei nicht geplant gewesen.
Die anderen Parteien hielten sich mit Reaktionen zurück – mit Ausnahme der FPÖ. Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung: "Mit diesem sektenähnlichen Verhalten wurde eine klare Grenze überschritten. Wenn jemand wie Fitzgerald nach einer Drogendealerkarriere behauptet, Jesus getroffen zu haben und dann 10.000 Menschen in der Wiener Stadthalle auffordert, Sebastian Kurz zu huldigen, ist das nicht nur peinlich, sondern bedenklich."
Gegenüber der APA sagte der Sprecher der Erzdiözese Wien, die Kritik sei ihm "nicht ganz klar". "Wir sind als Christen aufgefordert, für Politiker zu beten."
In sozialen Medien war der Spott groß. Lesen Sie mehr dazu hier >>>
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(red)