Politik

Warum regt das Thema Sicherungshaft so auf?

Die Debatte um eine "Sicherungshaft für Gefährder" hat ordentlich Fahrt aufgenommen. Wir erklären, weshalb das Thema so polarisiert.

Heute Redaktion
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Am Montag konkretisierte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) im Zuge der Vorstellung seines Fünf-Punkte-Maßnahmenpakets im Asylbereich seine Vorstellungen zu einer sogenannten "Sicherungshaft".

Über diese wird seit einigen Wochen breit diskutiert. Zündstoff lieferte die tödliche Messerattacke auf den Leiter des Sozialamts auf der BH Dornbirn.

Was will die Regierung mit einer "Sicherungshaft" erreichen? Und weshalb regt das Thema so auf?

So würde die "Sicherungshaft" ablaufen:

Sollte in Zukunft ein potenzieller "Gefährder" in Österreich einen Asylantrag stellen, so könnte bereits am Anfang des Verfahrens eine sogenannte "Gefährdungsprognose" auf Basis gewisser Anhaltspunkte erstellt werden: Dies können sowohl die Angaben des Asylwerbers aus seinem Herkunftsstaat sein, als auch weitere Recherchen der hiesigen Behörden in Datenbanken oder im Internet. Sollte sich eine Gefahrenlage für die öffentliche Sicherheit feststellen lassen, könnte die beabsichtigte "Sicherungshaft" verhängt werden. Und zwar vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Danach muss das Gericht binnen einer Woche entscheiden, ob der Freiheitsentzug auch rechtmäßig passiert ist.

Wie lange diese "Haft auf Verdacht" dauern kann, steht noch nicht fest, aber zumindest solange, wie das Asylverfahren eben braucht, erklärte Kickl.

Verfassungsänderung nötig

Wie das Vorhaben rechtlich umgesetzt werden kann, ist nicht ganz durchsichtig. Für die Einführung der Maßnahme wäre ein Verfassungsgesetz notwendig und dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament – sprich auch Stimmen von der Opposition. An diese richtete Kickl das Angebot, "sich zusammenzusetzen und eine österreichische Regelung zu definieren".

"Wir sehen hier eine klare Lücke im österreichischen Rechtssystem, diese Lücke muss geschlossen werden", so Kickl. Für die geplante Sicherungshaft sieht der Innenminister eine klare Basis im EU-Recht. Konkret sei in der EU-Aufnahmerichtlinie so eine Haftmöglichkeit aus Gründen der nationalen Sicherheit und dem Schutz der öffentlichen Ordnung gegeben. "Das steht daher voll auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit, und wir wollen das auch in unser Verfassungsgesetz implementieren", versicherte Kickl.

Es geht um Freiheitsentzug

Weil es hier aber um Freiheitsentzug geht, ist der Vorstoß äußerst umstritten. Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte schon vergangene Woche seine Skepsis darüber. Er werde den entsprechenden Gesetzesentwurf genau prüfen lassen, sobald dieser vorliegt. "Es geht um Freiheitsentzug – das ist ja wohl eines der schlimmsten Dinge, die möglich sind", so Van der Bellen.

Tatsächlich sehen einige Experten einen Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Eine Inhaftierung aufgrund eines Verdachtes und auf der Basis eines psychologischen Gutachtens ("Gefährdungsprognose") bedeute einen massiven Einschnitt in die Menschenrechte, wird von vielen Seiten bemängelt.

Eingriff in Grundrechte

Auch, wie solch ein Gutachten in der Realität erstellt werden soll bzw. ob tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ab wann von einer Person eine unmittelbare Gefahr ausgeht, fragen sich viele. Konkret: Wie soll objektiv herausgefunden werden, wer – wie Kickl es provokant formuliert hatte – "im Geiste schon einen Sprenstoffgürtel umgeschnallt hat"? Wenn zumindest nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein "potentieller Gefährder" seine Sympathie dem IS gegenüber beispielsweise öffentlich auf seinen Sozialen Netzwerken kundtut.

"Menschen, egal ob Österreicher oder Flüchtende, auf Verdacht einzusperren, ohne dass sie ein Verbrechen begangen haben", sei in einer entwickelten Demokratie ein Tabubruch und ein Anschlag auf Österreichs Rechtssystem, merkte dazu etwa der SPÖ-Bürgermeister der Stadt Traiskirchen, Andreas Babler, kritisch an.

Eingriff in Grundrechte

Ob der neueste Vorstoß der Regierung also rechtmäßig ist, darüber scheiden sich die Geister. Während die Pläne von Kickl die Zustimmung von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bekommen, ließ der designierte burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) diesbezüglich aufhorchen: Er möchte bei einer Präventivhaft nicht zwischen Flüchtlingen und Österreichern unterscheiden.

"Das halten wir für nicht sinnvoll", meinte Vizekanzler Strache zu diesem Vorschlag. Er und Kickl betonen, dass nun die Oppositionsparteien am Zug seien und entscheiden müssten, "ob ihnen die Sicherheit der Österreicher am Herzen liegt". (ek)