Österreich
Wiener Praterstern als "Wohnzimmer ohne Dach"
Mit rund 40 Einzelmaßnahmen will die Stadt den Praterstern als öffentlichen Platz attraktiver machen. Noch heuer starten die Arbeiten zu den "Top 3".
Wichtiger Verkehrsknotenpunkt, sozialer "Hot Spot" und zuletzt Alkohol- und Waffenverbotszone: Der Praterstern in der Leopoldstadt ist schon oft in die Schlagzeilen geraten – als Wohlfühloase wurde er aber noch nie bezeichnet.
"Eine Wohlfühloase wird sich hier nicht ausgehen", gibt Pratersternkoordinator Paul Oblak zu. Dennoch will der gelernte Raumplaner mit gezielten Einzelmaßnahmen die Aufenthaltsqualität verbessern, die Verweildauer erhöhen und am Praterstern ein "Wohnzimmer ohne Dach" realisieren. Wie er das erreichen will, stellte er "Heute" am Donnerstag gemeinsam mit dem Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner, im Rahmen eines Lokalaugenscheins am Praterstern vor.
40 Maßnahmen sollen Praterstern schöner machen
Seit seiner Ernennung als Pratersternkoordinator im September 2018 arbeitete Oblak unermüdlich daran, geeignete Maßnahmen für den Praterstern zu finden. "Wir arbeiten hier mit Plus/Minus-Listen und wählen jene aus, welche die höchsten Umsetzungschancen haben", erklärt Oblak. Nach monatelanger Arbeit liegt nun eine Liste mit rund 40 Einzelmaßnahmen vor. Noch im Herbst sollen die "Top 3" in die Umsetzung gehen.
Noch heuer startet der Umbau der ehemaligen Polizeistation zu einem Gastro-Lokal. Das neue Yamm wird Passanten und Angestellten aus der Umgebung nicht nur einen Ort für ihre Mittagspause bieten, sondern durch den Gastgarten auch für Belebung sorgen.
Ebenfalls im Laufen befinden sich bereits Vorarbeiten zur neuen Polizeistation, die 2020 eröffnet werden soll.
Die neue Polizeiinspektion wird in einem 900 m² großen Zubau am Bahnhofsgebäude Praterstern Platz finden. Der U1-Aufgang nördlich der Bahnhofshalle wird durch einen Zubau umrahmt, daran anschließend wird die Polizeiinspektion errichtet, die 650 m² groß sein und Platz für 65 Polizisten bieten wird.
Wesentlich für das Funktionieren des neuen Pratersterns wird die An- und Verbindung zu den umliegenden Gebieten sein. "Wir sind hier in engem Kontakt, etwa mit der Wirtschaftskammer, die im Frühjahr ihre neue Zentrale bezogen hat, dem Praterverband oder dem Betreiber des 'Fluc'", erklärt Oblak.
Grund dafür ist, dass der Tanzclub direkt an der Radunterführung Richtung Planetarium liegt. "Wir wollen diese mit neuer Beleuchtung und neuer Farbgestaltung übersichtlicher und attraktiver machen", erklärt Oblak. Denn je mehr Menschen die Unterführung benutzen, desto höher sei das Sicherheitsgefühl.
Im Zuge der Umgestaltung soll auch das Fluc einen neuen Anstrich bekommen und die angrenzenden Grünflächen geöffnet werden.
Angedacht ist derzeit, die Wände einmal pro Jahr Straßenkünstlern oder Schulklassen für Projekte zu überlassen, "wir könnten hier jedes Jahr ein neues Thema haben", so Oblak.
Das sind die Top 3, für die noch heuer die Arbeiten starten:
(Bild: Mobiler Stadtplan der Stadt Wien)
Der Bereich um das Tegetthoff-Denkmal soll neugestaltet werden. Die harten Steinplatten sollen durch weichere Oberflächen ersetzt werden. Neue Bäume, die mit Sitzgruppen umrandet werden, schaffen neue Verweilplätze, etwa für die Mittagspause, auch die umliegenden Grasflächen sollen als Liegewiesen geöffnet werden.
Neue Wasserspiele und kulturelle Bespielung soll den Aufenthalt weiter attraktivieren. "Hier ist vieles möglich: Von niederschwelligen Angeboten bis hin zu anspruchsvollen Kunstperformances", so Oblak. Auch öffentliche Turnübungen, etwa drei Minuten Tai Chi oder Yoga wären denkbar. Eine Programmtafel soll über das Angebot informieren.
Um die Durchsichtigkeit des Platzes zu erhöhen, sollen die bepflanzten Metall-Trennwände vor dem Denkmal wegfallen. "Das war vor allem für Frauen ein Ort der subjektiven Unsicherheit, weil nicht einsichtig ist, was oder wer dahinter ist", erklärt Oblak.
Umrahmt soll der neugestaltete Praterstern durch einen grünen Ring werden, der den Platz von der dreispurigen Straße trennt. Ein rund 0,5 m hoher Hügel, der bepflanzt wird, fängt den Lärm ab, soll eine optische Trennung zu den Fahrbahnen schaffen und gleichzeitig den Platz umrahmen.
Bis zum Inkrafttreten des Alkoholverbots wurde die Ecke nordöstlich hinter dem Bahnhof vor allem als "Raucherkammerl" für Angestellte oder als Konsumzone von Drogenkranken genutzt. Das soll durch die Neugestaltung anders werden. Die dort befindlichen Schwammerl (Betriebsanlagen der Wiener Linien) sollen in vergrößerte Grünflächen einbezogen und integriert werden. "Wir wollen die Lüftungsbauwerke abrunden und mit Leuchtvitrinen ausstatten", erklärt Oblak. Möglich wäre auch die Errichtung einer Projektionsfläche, die Passanten oder Angestellte aus der Umgebung anziehen soll.
Neugestaltung als öffentlicher Raum für Alle
"Das Alkoholverbot hat für eine Musterunterbrechung gesorgt. Für rund zwei Wochen wichen daher manche der Personen, die früher hier am Platz saßen, in die naheliegende Praterstraße aus", erklärt Lochner. Doch durch die Angebote der Stadt sei es gelungen, diese in geeignete Betreuungsangebote, etwa die Tageszentren der Stadt, zu bringen.
Nun gehe es darum, den Praterstern baulich aufzuräumen. "Der Praterstern ist mit rund 150.000 Menschen, die hier täglich umsteigen, einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Wiens. Das heißt, er muss funktionieren", so Oblak.
"Bei der Umgestaltung des Pratersterns geht es nicht darum, marginalisierte Randgruppen zu vertreiben, sondern Aufenthaltsräume für alle zu realisieren. Wir wollen hier ein Überangebot an Sitz- und Verweilplätzen schaffen, die allen die soziale Teilhabe ermöglicht. Wir haben hier eine hohe Diversität der Nutzer, daher auch hohe Nutzungskonflikte. Durch das Schaffen unterschiedlicher Angebote, wird aber Platz für alle sein.
Der gesamte Umbauprozess des Pratersterns, den Oblak auf drei bis fünf Jahre schätzt, wird auch laufend von Sozialarbeitern begleitet.