Österreich
Umstrittene Sexualkunde-Vorträge dürfen bleiben
Das Bildungsministerium reagiert mit einem Erlass auf Sexualkunde-Workshops an Schulen. Der umstrittene Verein TeenStar darf aber weitermachen.
Der christliche Sexualkundeverein TeenStar ist noch immer an Schulen tätig. Im Vorjahr hatten Unterlagen des Vereins für Aufsehen gesorgt, in denen etwa natürliche Familienplanung und kein Sex vor der Ehe propagiert wurden. Die sexuelle Orientierung soll demnach durch eine Kombination aus Therapie, Selbsthilfegruppen und Seelsorge veränderbar, Masturbation schädlich sein.
Das Bildungsministerium kündigte eine Prüfung an. Jetzt, gut sechs Monate später, wurde mit einem neuen Erlass (indirekt) reagiert. Dieser sieht zwar kein Verbot der umstrittenen TeenStar-Vorträge vor, aber eine strengere Aufsicht bei externen Sexualkunde-Workshops.
So sei es nicht erlaubt, dass Lehrer die Klasse verlassen, während externe Vortragende Aufklärungsunterricht geben. Pädagogen sollen sicherstellen, dass die vorgegebenen Unterrichtsinhalte nicht konterkariert werden.
Eltern müssen informiert werden
Abgesehen davon müssen Eltern vorab informiert werden, wenn an der Schule ein Verein in Sachen Sexualunterricht tätig wird. Die Erziehungsberechtigten sollen konkrete Informationen zum Verein erhalten und die Möglichkeit haben, Einspruch zu erheben.
Die Letztentscheidung treffe aber der Lehrer. Zusätzlich wird an den Bildungsdirektionen eine Clearingstelle eingerichtet, die Lehrende bei Fragen kontaktieren können.
Was den umstrittenen Verein TeenStar betrifft, habe man keine Handhabe diesen zu verbieten. Die inkriminierten Stellen habe man bei den vorgelegten Unterlagen nicht finden können. Es werde dazu aber in den nächsten Tagen noch weitere Gespräche und Untersuchungen geben. "Was da medial kolportiert worden ist, ist nicht tragbar", versicherte Generalsekretär Martin Netzer.
Dennoch steht fest: Wenn ein Verein die Auflagen des Sexualkunde-Erlasses erfüllt, kann er auch an Schulen tätig sein.
Erlass grundsätzlich positiv, aber zu wenig
Der Erlass zur "Neuregelung der Zusammenarbeit mit außerschulischen Organisationen im Bereich Sexualpädagogik" wird von allen Stellen begrüßt, skeptisch ist aber etwa Jetzt-Bildungssprecherin Stephanie Cox angesichts der "Behauptung des Bildungsministerium, die inkriminierten Stellen nicht festgestellt" zu haben.
Die Homosexuelle Initiative (HOSI) Salzburg zeigt sich in einer ersten Reaktion unzufrieden: "Weniger Ergebnis nach sechs-monatiger Prüfung kann kaum möglich sein. (...) Das Grundproblem von TeenStar lässt sich nicht in einer Hauruck-Überarbeitung von Unterlagen lösen. Denn eine religiös-fundamentalistische Ideologie lässt sich nicht von heute auf morgen ändern", so Bildungesbeauftragte Kathleen Schröder.
Faßmann in der Kritik
Für SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Mario Lindner bietet die Ankündigung nicht die nötige Substanz. Aufklärung der Eltern und die Anwesenheit von Lehrern seien wichtig, was es aber wirklich brauche, sei "ein konsequentes Vorgehen gegen fragwürdige Inhalte in diesem wichtigen Bereich." Die Grünen werfen Minister Faßmann vor, Homophobie zu dulden. "Bildungsminister Faßmann ist unfassbar nachlässig und handelt verantwortungslos. Zudem ist er nicht imstande, in einem halben Jahr Unterlagen zu prüfen, die allen Parteien vorliegen", so Ewa Dziedzic, Grüne Bundesrätin.
"Der Verein TeenStar stellt die sexuelle Selbstbestimmung in Frage und erklärt Homosexualität als Störung. So etwas hat in unseren Schulen nichts zu suchen und ich verstehe einfach nicht, warum es dem Bildungsminister so schwerfällt, dazu klipp und klar Stellung zu beziehen", kritisiert NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos den Erlass des Ministeriums. (ek)