Welt
Medien sollen positiv über Migration schreiben
Über Migration soll in der öffentlichen Debatte "human und konstruktiv" berichtet werden. Dieses Ziel des UNO-Migrationspakts stößt in der Schweiz auf Widerstand.
Der Abschluss des UNO-Migrationspakts (hier als PDF-Download) sorgt in unserem Nachbarland Schweiz für heftige politische Debatten: Während die bürgerlichen Gegner vor einer "globalen Personenfreizügigkeit" warnen und den Pakt stoppen wollen, ist das Abkommen für die Linke eine Chance, "Migration sicherer, geordneter und geregelter zu gestalten".
Neben Zielen wie dem erleichterten Familiennachzug für Migranten oder der Behandlung von Migration in der Schule blieb Punkt 17 bisher kaum beachtet. Dort heißt es, das Unterzeichner-Land verpflichte sich, einen öffentlicher Diskurs zu fördern, der zu einer realistischeren, humanen und konstruktiven Wahrnehmung von Migration und Migranten führt.
Fördergelder kappen
Konkret: Medien, die "systematisch Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und andere Formen der Diskriminierung von Migranten" üben, sollen – "unter voller Achtung der Medienfreiheit" – die Fördergelder gestrichen werden.
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Dies ist für die Schweiz besonders brisant, da Mitte Oktober die Vernehmlassung über das neue Bundesgesetz für elektronische Medien zu Ende ging. Das Gesetz sieht vor, dass nicht nur der öffentlich-rechtliche Dienste finanziell unterstützt werden können. Auch sollen Online-Medien, die auf Video und Audio fokussieren, finanzielle Beiträge erhalten. Damit könnte der Staat nicht nur der Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG den Geldhahn bei einem Verstoß gegen die Richtlinien bei der Migrationsberichterstattung zudrehen, sondern auch privaten Onlinemedien.
"Gefahr für die Freiheit der Medien"
Für Politologe Sandro Lüscher ist diese "Durchsetzung einer ganz bestimmten Sichtweise auf die Migration" ein herber Eingriff in die Pressefreiheit. "Wenn nur noch Medien mit migrationsfreundlicher Berichterstattung in den Genuss von Fördergeldern kommen, verzerrt das den für die Demokratie so wichtigen Meinungspluralismus."
Zwar falle die öffentliche Förderung der privaten Medien derzeit spärlich aus – es sei aber denkbar, dass sich dies mit dem neuen Mediengesetz ändern könnte. "Spätestens dann würden die Folgen des Migrationspaktes auch im Medienbereich spürbar."
SVP-Nationalrat Gregor Rutz findet es "höchst beängstigend, dass die Schweiz eine solche Bestimmung unterstützt". "Wenn der Staat den Medien vorschreibt, wie sie über Themen zu berichten haben, lassen wir Demokratie und Meinungsfreiheit hinter uns und ersetzen sie durch ein totalitäres System." Die Forderung der UNO zeige, wie rasch ein Staat dazu gedrängt werden könne, auf Druck von außen Maßnahmen vorzunehmen, die dem eigenen Rechtssystem diametral widersprechen.
Kein Geld für Hetze
Die Hysterie um den UNO-Migrationspakt kann man bei den Grünen nicht verstehen. Für Nationalrat Balthasar Glättli kann von Zensur keine Rede sein. Es sei im Pakt ja klar festgehalten, dass die volle Achtung der Medienfreiheit garantiert sei. Es sei aber richtig, dass Medien, die ganz systematisch gegen Migranten intolerant, diskriminierend und rassistisch berichteten, nicht auch noch staatlich gefördert würden. Darum gehe es und sowieso nicht um einzelne Medienbeiträge.
Zudem findet Glättli: "Allen Medien, die keine Fördergelder erhalten und auch keine wollen, stünde es weiterhin frei, so tendenziös und hetzerisch über Migration zu berichten, wie sie wollen."
Bund sieht kritische Berichterstattung weiter möglich
Der Bund betont auf Anfrage, dass der UNO-Migrationspakt nichts am rechtlichen Rahmen ändere. "Die Medienfreiheit als Basis der demokratischen Ordnung der Schweiz ist besonders schützenswert. Dies schließt auch eine kritische Berichterstattung zum Thema Migration mit ein", sagt Außendepartment-Sprecher Pierre-Alain Eltschinger. Im heutigen Radio- und Fernsehgesetz sei festgehalten, dass Sendungen die Menschenwürde achten müssen und nicht zu Rassenhass beitragen dürfen. "Eine vergleichbare Regelung ist im Vernehmlassungsentwurf eines künftigen Bundesgesetzes über elektronische Medien vorgesehen." (red)