Szene

Der verlorene Sohn kehrt in seine Heimat zurück

Fünfhaus wird beben. Das ist klar. Am Wochenende wird RAF Camora gemeinsam mit Bonez MC zwei Mal die Stadthalle ausverkaufen.

Heute Redaktion
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"Gotham City", wie RAF seinen Heimatbezirk gerne nennt, ist in den letzten Tagen ein wenig angespannter als sonst. Denn es ist hoher Besuch angekündigt. Der Rapper, den es vor mittlerweile zwölf Jahren nach Berlin gezogen hat, kehrt für zwei Konzerte nach Wien zurück. Als Location hat RAF Camora die Stadthalle gewählt - die befindet sich immerhin auch im 15. Wiener Gemeindebezirk. Und beide Male soll sie bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt sein. Der Termin am Samstag ist bereits seit Monaten ausverkauft. Für den Sonntag gibt es noch wenige Restkarten.

Dass die Konzerte auch für den Rapper etwas ganz besonderes sein werden, lässt sich nicht leugnen. Bereits vor der Tour kündigte RAF an, dass er sich einen langersehnten Traum erfüllen wird. Die Stadthalle sei für ihn als Jugendlicher immer eine Art Ziel gewesen, das doch relativ fern erschien. Nun waren die Karten für den ersten Stopp bereits nach wenigen Tagen komplett weg.

Der Weg war ein steiniger. Das betont der Wiener auch immer wieder in seinen Texten. Besonders in Österreich machte man es dem Musiker nicht immer einfach. Von Medien ignoriert, vom Musik-Business belächelt, schien das ganze Projekt zunächst fast zum Scheitern verurteilt. Um die Jahrtausendwende tat sich dann die erste Chance auf. Mit seiner Rapcrew Family Bizz riss er sich einen Deal mit einem Major-Label unter den Nagel. Doch der erhoffte Erfolg blieb aus.

Was sich aber damals schon zeigte: RAF hat eine gewisse Vorliebe für Reggae-Musik. Diesen Einfluss legte er auch nie wieder ab. Der Hype ließ dennoch noch eine gefühlte Ewigkeit auf sich warten. Erst 2007 ließ er aufhorchen, als er seinen Linzer Kollegen nach Berlin folgte. Unter anderem unterschrieb Chakuza kurz zuvor einen Deal bei Bushidos Label "Ersguterjunge". Bei diesem durfte er auch auf dem Debütalbum als Feature-Gast auftreten. Auch beim darauffolgenden Album holte Chakuza den Wiener für einen Song.

Zwei Jahre später war es Zeit für das erste Solo-Album "Nächster Stopp Zukunft". Doch offenbar war die Zeit noch nicht reif. Denn bereits 2009 vermischte RAF Dancehall, Reggae und Rap zu einer Symbiose, die es zu der damaligen Zeit noch nicht gab. Ebendiese Symbiose galt Jahre später als Erfolgsrezept. Das erste Album schaffte es noch nicht mal in die Charts.

Erst wieder drei Jahre später setzte der erste Erfolg ein. Mit dem Album "RAF 3.0" konnte Camora endlich in den Charts landen. In Deutschland reichte es für Platz 7, in Österreich sogar für Platz 5. Im darauffolgenden Jahr dann die erste Nummer 1 mit "Hoch 2". RAF etablierte sich vor allem in Deutschland als angesehener Künstler. Doch der größte Coup sollte erst noch folgen.

2016 überraschte RAF Camora mit einer gemeinsamen Zusammenarbeit mit dem Hamburger Bonez MC. Der Dancehall-Sound wurde weiter verfeinert und mit westafrikanischen Rhythmen versehen. Laut dem Wiener habe das Management ihm geraten, sich nicht zu viel von dem Album zu erwarten. Am Ende wurde "Palmen aus Plastik" zur Rekordplatte. Ganze 60 Wochen lang hielt sich das Album in den deutschen Charts. Man kam nicht mehr an RAF vorbei. Wohl auch aus diesem Grund legte Camora sein Soloalbum "Anthrazit" nach. Das Ergebnis: Gold- und Platin-Regen vor dem sich der Wiener nicht mehr schützen konnte.

Überraschend: Obwohl Österreich ihn weiterhin gekonnt zu ignorieren versuchte, betont RAF fast täglich und vor allem in seinen Songs seine Verbundenheit zu seiner Heimat. Aus Dankbarkeit fand im vergangenen Jahr sogar ein Gratis-Konzert in der Marx-Halle statt. Zuvor herrschte Ausnahmezustand, weil der Rapper durch Rudolfsheim-Fünfhaus zog und dabei Autogramme verteilte, Selfies machte und CDs verschenkte.

Nun kehrt er wieder Heim und füllt die Stadthalle. Zwei Mal. Grund dafür ist wohl auch das Nachzieher-Album "Palmen aus Plastik 2", dass den Wiener wohl endgültig unsterblich machte. Nach Release sorgte die Platte für ein wahres Chart-Chaos in Österreich. Alle 13 Singles landeten in den Top 14. Hitradio Ö3 sah sich gezwungen die Regelungen zu ändern. Ausweichen konnte man RAF Camora aber nicht mehr.

Dass der 15. Bezirk das ganze Wochenende über eine Hysterie-Zone sein wird, lässt sich wohl nicht vermeiden. Und der Auslöser ist kein Justin Bieber oder eine Miley Cyrus. Es ist ein Wiener, der nicht weiter ignoriert werden kann. (slo)