Szene
"Mach dein Ding": Mit Onkel Udo durch die wilden 70er
Mit "Lindenberg! Mach dein Ding" serviert man ein bekömmliches Musiker-Porträt. Etwas mehr Tiefgang wäre stellenweise aber nicht verkehrt gewesen.
Im westfälischen Gronau ist dem kleinen Udo schon in den 50er-Jahren klar, dass sein Leben unmittelbar mit Musik verbunden ist. Dafür sorgen neben seiner Vorliebe für's Trommeln auch die manischen Mitternachtskonzerte seines unglücklichen Vaters (eindringlich: Charly Hübner), bei denen er mitmischen muss. Doch die Provinz wird bald zu klein für Udos große Träume. Zusammen mit seinem besten Freund Steffi Stephan (Max von der Groeben mit Hippie-Schnauzer) bricht er nach Hamburg auf. Hier setzt Udo den Grundstein für seine spätere Musikkarriere – wilde Kiez-Liebschaften, Trommel-Jobs in schmuddeligen Sex-Clubs und Drogenerfahrungen inklusive.
Schicksalsbegegnung in der Kneipe
Sein anschließendes Engagement in einem US-Militärlager in Libyen entpuppt sich schließlich als ebenso prägend wie sein Ausflug in die abgeschottete DDR. Denn sein "Mädchen aus Ostberlin" besingt der schnoddrige Außenseiter ausgerechnet in dem Moment, als Plattenmanager Matheissen (exzentrisch: Detlev Buck) seinen Fuß in die schummrige Kneipe setzt. Udo Lindenberg wird über Nacht zum gefeierten Star.
Jan Bülow spielt alle gegen die Wand
Hermine Huntgeburths Musik-Porträt funktioniert einwandfrei. Das hat sie zum größten Teil ihrem hervorragenden Hauptdarsteller zu verdanken. Denn wenn der 23-jährige Jan Bülow unter Zottelhaar mit halbwachen Blick in die Kamera schaut, glaubt man, den echten Udo Lindenberg vor sich zu haben. Er meistert seine Aufgabe von Beginn bis zum Ende des Films souverän, ohne dabei in eine platte Imitation abzurutschen. Das gilt nicht nur für Mimik und Gestik, sondern auch für die prägnante Stimme – sowie in den Dialog-, als auch in den Musikszenen. In manchen Sequenzen spielt der junge Bülow sogar Größen wie Detlev Buck oder Julia Jentsch (in der Rolle von Udos geliebter Mutter) an die Wand. Sein Kollege Max von der Groeben kann bei so viel Talent hingegen nur schwer mithalten.
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Moralische Bewertung bleibt aus
An manchen Stellen in Hangeburths Lindenberg-Porträt vermisst man allerdings den moralischen Tiefgang. Der Film zeigt zwar den exzessiven Alkoholkonsum des Musikers ungeschönt, lässt ihn aber gleichzeitig unkommentiert stehen. Nach unzähligen geleerten Whiskeyflaschen, wahllos gerauchten Zigaretten und schrillen Drogen-Trips weiß man am Ende des Films bald selbst nicht mehr, was man davon halten soll. Vielmehr wird ein Bild herauf beschworen, dass Drogen einfach zum Künstler-Dasein gehören würden.
Trotzdem ist mit "Lindenberg! Mach dein Ding" ein unterhaltsames und informatives Bio-Mosaik über Deutschlands größten Musik-Poeten gelungen. Ein Porträt, das zwar vor internationalen Kalibern wie "Bohemian Rhapsody" oder "Rocketman" Demut zeigen sollte, sich aber gleichzeitig keinesfalls zu verstecken braucht.
"Lindenberg! Mach dein Ding" läuft ab 17. Jänner in den Kinos.