Politik
"Zum ersten Mal gehört!" Moderator überrumpelt Minister
An einer Reform des Arbeitslosengeldes ist die ÖVP-Grünen-Regierung gescheitert. Der Erlass von Arbeitsminister Martin Kocher zum AMS regt nun auf.
Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hat am Mittwochabend neue Zielvorgaben für das AMS präsentiert und damit für jede Menge Aufregung gesorgt. Wirbel, weil er das Projekt per Erlass am Koalitionspartner vorbei umsetzen lässt, auch aber, weil geringfügig Beschäftigte ins Visier genommen werden. Kocher will vor allem die Vermittlung auf Vollzeitstellen schärfen. Schwerpunkte werden dabei Langzeitarbeitslose, Jugendliche und junge Erwachsene, Frauen, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte und Menschen mit Behinderung sein, "Heute" berichtete.
Nachfragen sei "zumutbar"
Nur zum Teil fand Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer den Erlass inhaltlich in Ordnung, den Rest bezeichnete sie in der ORF-"ZIB2" jüngst zur "Schikane". Nun konterte am späten Donnerstagabend Kocher selbst in der ZIB2 – und wurde dabei auch von ORF-Moderator Martin Thür überrumpelt. Doch der Reihe nach: Warum waren die Sozialpartner in die neuen AMS-Regeln nicht eingebunden? Es gebe "laufend Gespräche" mit Sozialpartner "zu allen Themen" und es seien allgemeine Zielvorgaben des Ministeriums an das AMS, so der Minister. Einigkeit habe es zu den Eckpunkten auf allen Seiten gegeben.
Dass die AMS-Regeln mehr Druck auf Arbeitslose aufbauen würden, verneinte Kocher. "Dieser Term Druck" sei "falsch", die geringfügige Beschäftigung von Arbeitslosen führe zur Verlängerung der Arbeitslosigkeit und da sei es "zumutbar", dass von den Betroffenen im Unternehmen nachgefragt werde, ob man mehr Stunden leisten könne. Er schikaniere Arbeitslose "sicherlich nicht", so der Arbeitsminister, der Erlass aus seiner Feder sei ausgewogen und es sei zumutbar, nach mehr Beschäftigungsstunden im Unternehmen zu fragen, wiederholte Kocher.
"Zum ersten Mal gehört"
Dann jedoch wurde Kocher von Moderator Thür überrumpelt. Angesprochen darauf, dass es besonders Frauen mit Betreuungspflichten schwer hätten, mehr zu arbeiten, wenn es gleichzeitig keine voll ausgebaute Kinderbetreuung gebe, erklärte Kocher noch, dass es ja nicht um Vollzeit gehe, sondern auch Teilzeit möglich sei – es gehe nur um ein "voll versichertes Beschäftigungsverhältnis". Thürs Anmerkung: Einige würden mit dem neuen Erlass in einen Teufelskreis geraten, denn es gebe Regionen, in denen Personen, die arbeitslos werden, ihren Kinderbetreuungsplatz verlieren würden.
"Ehrlich gesagt verstehe ich das auch nicht", so ein sichtlich überraschter Minister, er habe das "zum ersten Mal gehört" und das könne natürlich nicht so sein. Und: Nein, natürlich messe man nicht mit zweierlei Maß, erklärte Kocher dazu, wenn es bei geringfügig Beschäftigten nun einen Erlass gebe, der mit einer drohenden Kürzung des Arbeitslosengeldes einhergehe, es gleichzeitig bei Firmen aber "nur" einen Appell gebe, dass sie solche Beschäftigten möglichst mehr Arbeitsstunden anbieten sollten.